Wertung einer Blitzpartie

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Wasissn
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Wertung einer Blitzpartie

Beitrag von Wasissn » 03.11.2007, 15:19

Eine Frage an die Profis hier...

Neulich beim Vereinsblitzturnier setzt Spieler A in hoher Zeitnot den Spieler B matt, doch während der Ausführung des Zuges fällt das Blättchen. Während B laut "Zeit" brüllt, setzt A die Figur ab und entgegnet mit "Matt" - ohne die Uhr zu drücken. Wie ist das zu werten?

A beanspruchte den Gewinn für sich und ließ sich von keinem Argument beeindrucken. Um des lieben Friedens willen gab B nach und ließ sich eine Null notieren.

Bedankt!
Hatte ich erwähnt, dass ich für eine angemessene Ausleuchtung der Felder f2 und f7 plädiere?

Werner
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Beitrag von Werner » 03.11.2007, 20:55

Bin zwar kein Profi, wage aber trotzdem eine Antwort...

Wie man im Blitzschach wirksam Zeitüberschreitung reklamiert, ist in Artikel B8 des Anhangs geregelt, der gemäß Artikel C2 des Anhangs auch im Blitzschach gilt:

B8.
Um einen Gewinn durch Zeitüberschreitung zu beanspruchen, muss der Antragsteller beide Uhren anhalten und den Schiedsrichter benachrichtigen. Dem Antrag wird nur stattgegeben, wenn nach Anhalten der Uhren das Fallblättchen des Antragstellers noch oben und das seines Gegners gefallen ist.

Anders als im normalen Turnierschach (Artikel 6.9) genügt es also im Schnellschach und im Blitzschach NICHT, allein auf das gefallene Blättchen hinzuweisen (z. B., laut "Zeit" zu brüllen).

B hätte die Uhren anhalten müssen, bevor A die mattsetzende Figur losließ.
A hingegen brauchte nach Loslassen der Figur die Uhr nicht mehr zu drücken, da mit Loslassen der Figur die Partie beendet war (Art. 5.1 a) und 6.8 a) Satz 3).


A hat sich also mit Recht nicht beeindrucken lassen.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 03.11.2007, 22:27

Wasissn schrieb:
Neulich beim Vereinsblitzturnier setzt Spieler A in hoher Zeitnot den Spieler B matt, ...
Es kommt sehr auf den tatsächlichen Sachverhalt und die exakten Formulierungen an.

Wenn Spieler A Spieler B mattsetzt, ist die Partie zu Ende.
Der entscheidende Punkt ist aber, dass Spieler A NOCH nicht mattgesetzt hat, sondern erst dabei war.

Nach B7. gilt:
Das Fallblättchen gilt als gefallen, sobald einer der Spieler mit Recht darauf hingewiesen hat. Der Schiedsrichter unterlässt es, das Fallen eines Blättchens anzuzeigen.
Wenn der Schiedsrichter die Situation mitgesehen hat, ist die Entscheidung klar. Wenn nicht, ist die Beweisführung sicher schwierig. Auch das Anhalten der Uhr und Rufen des Schiedsrichters hilft u.U. nicht weiter, wenn beide Spieler behaupten, dass sie im Recht sind. Will sagen, Spieler A behauptet mattgesetzt zu haben und Spieler B wird behaupten, dass vorher das Blättchen gefallen ist. Der SR sieht auf dem Brett nur noch das ausgeführte Matt.

Werner
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Beitrag von Werner » 04.11.2007, 02:17

Und was ist mit B8?

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 04.11.2007, 22:52

Das ist etwas schwierig.
Ich würde es so definieren: B7 ist zunächst nur für die Feststellung des Blättchenfalls zuständig. Ob die Partie damit gewonnen ist oder nicht entscheidet sich nach B8. Es gibt die Situation, dass beide Blättchen gefallen sind - remis. Es gibt Stellungen, die sowieso nicht zu gewinnen sind - z.B. blanker König. Es ist also der Schiedsrichter gefragt.

Mirko Humme
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Re: Wertung einer Blitzpartie

Beitrag von Mirko Humme » 05.11.2007, 11:51

Wasissn hat geschrieben:Eine Frage an die Profis hier...

Neulich beim Vereinsblitzturnier setzt Spieler A in hoher Zeitnot den Spieler B matt, doch während der Ausführung des Zuges fällt das Blättchen. Während B laut "Zeit" brüllt, setzt A die Figur ab und entgegnet mit "Matt" - ohne die Uhr zu drücken. Wie ist das zu werten?

A beanspruchte den Gewinn für sich und ließ sich von keinem Argument beeindrucken. Um des lieben Friedens willen gab B nach und ließ sich eine Null notieren.

Bedankt!
Es ist mir jedes Mal unbegreiflich, warum die elemantersten Dinge vergessen werden! Wenn ich als Spieler reklamieren will, muss ich die Uhr anhalten. Fertig aus. Mal Laut brüllen: "Zeit" zieht hier nicht!

Es gelten auch im Blitzschach die allgemeinen Regeln, es sei denn, es werden diese durch die Regeln Anhang B außer Kraft gesetzt.

Wer Zeit hat, "Zeit" zu rufen, hat auch diese, um die Uhr anzuhalten. Wenn der Schiri ans Brett kommt, wird er nur das Matt feststellen können.

Mal eine andere Frage: Wo war hier der Schiri? Selbst bei einem Vereins-Blitzturnier?

Wasissn
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Re: Wertung einer Blitzpartie

Beitrag von Wasissn » 06.11.2007, 17:23

Also Leute: Das hab ich nicht verstanden.
Es ist mir jedes Mal unbegreiflich, warum die elemantersten Dinge vergessen werden! Wenn ich als Spieler reklamieren will, muss ich die Uhr anhalten. Fertig aus. Mal Laut brüllen: "Zeit" zieht hier nicht!
Was macht das für'n Unterschied? Während B die Zeit anhält, lässt A die Figur los und schreit "Matt".
Wer Zeit hat, "Zeit" zu rufen, hat auch diese, um die Uhr anzuhalten. Wenn der Schiri ans Brett kommt, wird er nur das Matt feststellen können.
Nein, der Schiedsrichter wird auch anschließend nur feststellen können, dass die Position Matt ist, A `s Uhr abgelaufen ist, während B's Uhr noch Zeitguthaben aufweist. A bestreitet ja gar nicht, dass seine Zeit gefallen ist. Er behauptet nur: "Matt geht vor".

Meine Frage ist also: Kann A den Gewinn für sich reklamieren, obwohl seine Zeit gefallen ist?

Wenn ich Sfr. Georg Heinze richtig verstanden habe...

Wenn der Schiedsrichter die Situation mitgesehen hat, ist die Entscheidung klar.
...dürfte nur B den Gewinn reklamieren. B hätte übrigens ein Remis eintragen lassen.

und:
Mal eine andere Frage: Wo war hier der Schiri? Selbst bei einem Vereins-Blitzturnier?
Der spielte selber mit;-)
Hatte ich erwähnt, dass ich für eine angemessene Ausleuchtung der Felder f2 und f7 plädiere?

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 06.11.2007, 20:38

Wenn ich Sfr. Georg Heinze richtig verstanden habe...
Zitat:

Wenn der Schiedsrichter die Situation mitgesehen hat, ist die Entscheidung klar.

...dürfte nur B den Gewinn reklamieren. B hätte übrigens ein Remis eintragen lassen.
Also, wenn der Schiedsrichter gesehen hätte, was läuft, hätte A wegen ZÜ verloren.
Wenn der SR erst hinterher gerufen wird, sieht er nur das Matt, also A gewinnt. Da ist es wohl egal, ob "Zeit" gerufen wird oder die Uhr angehalten wurde. Es sei denn, Spieler A sagt, dass die ZÜ schon vor dem Loslassen der Figur eingetreten ist ...
Ein remis kann es nicht geben, es sei denn, es handelt sich um einen von mir bereits genannten Ausnahmefall, wie z.B. blanker König.
Bestenfalls kann ansonsten der SR auf remis entscheiden, weil er unterschiedliche Aussagen bekommt.

Werner
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Beitrag von Werner » 07.11.2007, 10:54

Für eine Wertung der Partie als REMIS sehe ich keine Vorschrift in den FIDE-Regeln, nach der das geschehen könnte.

Mir scheint, dass Artikel B8 im Anhang - wonach der Antragsteller im Schnellschach und im Blitzschach die Uhren anzuhalten hat - in der Diskussion noch nicht genügend gewürdigt worden ist.

Aus der Schilderung des Ausgangsfalls geht nicht hervor, dass B die Uhren angehalten hätte. Damit liegt keine wirksame Reklamation der ZÜ vor, und A gewinnt durch Matt.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 07.11.2007, 18:32

Werner schrieb:
Für eine Wertung der Partie als REMIS sehe ich keine Vorschrift in den FIDE-Regeln, nach der das geschehen könnte.
Das kann z.B. der Schiedsrichter entscheiden, weil beide Spieler den Spielausgang unterschiedlich darstellen.
Außerdem ist Art. 6.10. Satz 2 nicht außer Kraft.
6.10 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 oder einen der Artikel 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen, selbst bei ungeschicktestem Gegenspiel, matt zu setzen.

Werner schrieb:
Mir scheint, dass Artikel B8 im Anhang - wonach der Antragsteller im Schnellschach und im Blitzschach die Uhren anzuhalten hat - in der Diskussion noch nicht genügend gewürdigt worden ist.
Zu B7 und B8 wollte ich mich noch einmal äußern, das habe ich bereits getan.
Nur soviel noch. B7 und B8 entsprechen in etwa den Art. 6.9 und 6.10
Und bei 6.9 steht mit Kommentar:
6.9 Das Fallblättchen gilt als gefallen, wenn der Schiedsrichter dies beobachtet oder einer der Spieler zu Recht darauf hingewiesen hat.
Bei Blitz- bzw. Schnellschach sagt der Schiedsrichter nicht "Blatt" (siehe Artikel B7).
Die Regel sagt aber auch versteckt, dass nur der Schiedsrichter und die Spieler auf das gefallene Fallblättchen hinweisen dürfen, ansonsten verhängt der Schiedsrichter eine Strafe, die je nach Umstand sehr hoch ausfallen kann.
Werner schrieb:
Aus der Schilderung des Ausgangsfalls geht nicht hervor, dass B die Uhren angehalten hätte. Damit liegt keine wirksame Reklamation der ZÜ vor, und A gewinnt durch Matt.
Natürlich hätte Spieler A entpr. B8 die Uhren anhalten müssen.
Aber auch, wenn in Art. B8 steht, dass die Uhren angehalten werden müssen und der SR zu rufen ist, ist die übliche Praxis doch so, dass man auf das gefallene Blättchen hinweist und der Gegner gratuliert. Dann meldet man das Ergebnis und Schluss.
Wenn, wie hier dargestellt, Spieler A glaubt, matt gesetzt zu haben und Spieler B auf die ZÜ pocht, hätte das Anhalten beider Uhren aber doch nichts geändert. Jeder hätte auf seiner Darstellung beharrt und der SR sieht nur das Matt auf dem Brett.
Offensichtlich ist aber auch der SR nicht gerufen worden ...und beide Spieler haben sich auf ein Ergebnis geeinigt.

Werner
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Beitrag von Werner » 07.11.2007, 19:19

Die "übliche Praxis" entspricht durchaus nicht immer dem Regelwerk.

In meinem letzten Blitzturnier rief einer meiner Gegner in der Partie "Zeit". Ich blickte auf die Uhr: tatsächlich, mein Blättchen war unten. In dem Moment fiel auch des Gegners Platte. "Remis" sagte ich, was mein Gegner zuerst nicht akzeptieren wollte. Der herbeigerufene Schiedsrichter belehrte meinen Gegner, dass die Partie tatsächlich remis ist.

Da entsprach die "übliche Praxis" also durchaus den Regeln.



Die Existenz von B8 belegt, dass das Hinweisen auf das gefallene Blättchen allein die Partie nicht beendet. Wenn nämlich das andere Blättchen nach der Reklamation, aber vor Anhalten der Uhren auch noch fällt, ist die Partie nicht durch ZÜ verloren, sondern remis.

Das könnte man als Indiz dafür werten, dass B8 so zu lesen ist, dass die Reklamtion der ZÜ nur dann vollständig und wirksam ist, wenn im Moment des Anhaltens der Uhren die Partie nicht auf andere Weise- wie im vorliegenden Fall durch Matt - beendet worden ist.



Ja, natürlich, gilt auch 6.10 Satz 2.
Ich wollte lediglich zum Ausdruck bringen, dass es keine regelkonforme Möglichkeit gibt, ALLEIN aufgrund divergierender Aussagen der Spieler die Partie für remis zu erklären.
Wenn sich der Sachverhalt nicht vollständig aufklären lässt, müßte man gründlich prüfen, welcher Spieler für das Vorliegen welcher Tatsachen beweispflichtig ist, und erst dann zu einer Entscheidung kommen.

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 08.11.2007, 17:35

Also nochmal zum Mitschreiben:

C2: Es gelten die Schnellschachregeln gemäß Anhang B, es sei denn, sie werden durch die folgenden Blitzschachregeln außer Kraft gesetzt ...
B2: Es gelten die Fide-Schachregeln, es sei denn sie werden durch die folgenden Schnellschachregeln außer Kraft gesetzt.
B7: Das Fallblättchen gilt als gefallen, sobald einer der der Spieler mit Recht darauf hingewiesen hat.
B8: Um einen Gewinn durch Zeitüberschreitung zu beanspruchen, muss der Antragsteller beide Uhren anhalten und den Schiedsrichter benachrichtigen.

Die Anfangs gestellt Frage sollte hiermit beantwortet sein. Spieler B hätte die Uhr anhalten müssen, um Zeit zu reklamieren und nicht laut "Zeit" schreien. Wenn der SR nicht vor Ort war, wird er in diesem Fall auf Gewinn für Spieler A entscheiden müssen, da er nicht feststellen kann, ob der Matt-Zug vor oder nach dem Blättchenfall vollständig ausgeführt worden ist.

4.6 regelt, wann ein Zug ausgeführt worden ist. Berühren und Loslassen der Figur. Also Matt! Wenn wir es hier mit einem sonderbaren Vogel zu tun haben, der sich über eine Zeitüberschreitung - auch durch Uhr anhalten in einer Blitzpartie - hinwegsetzt, den würde ich immer vor meinem Schiedsrichtertisch unter Aufsicht spielen lassen.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 08.11.2007, 23:40

Werner schrieb:
In meinem letzten Blitzturnier rief einer meiner Gegner in der Partie "Zeit". Ich blickte auf die Uhr: tatsächlich, mein Blättchen war unten. In dem Moment fiel auch des Gegners Platte. "Remis" sagte ich, was mein Gegner zuerst nicht akzeptieren wollte. Der herbeigerufene Schiedsrichter belehrte meinen Gegner, dass die Partie tatsächlich remis ist.
Da ist es gut, wenn man die Regeln beherrscht und der Gegner offensichtlich nicht.
Ich jedenfalls würde mich sehr unwohl fühlen, wenn ich eine Partie durch ZÜ verliere und nur mit einem -allerdings regülärem Trick- die Partie doch noch gewinne.
Was ich mit der "üblichen Praxis" meinte, sind die "normalen" Situationen.
Ist es wirklich anderswo übliche Praxis, dass man bei ZÜ die Uhren anhält und nach dem Schiri ruft? Naja, vielleicht hat er ansonsten nichts zu tun.

Ansonsten, denke ich, sind durch die Darlegungen hier im Forum und auch noch durch die Feststellungen von Mirko Humme hierzu, die eingangs gestellten Fragen beantwortet.

Vielleicht noch ein Satz zu Regelwerk und übliche Praxis.
Es steht in den FIDE-Regeln bspw., dass ein Remisangebot auf dem Formular zu kennzeichnen ist und sogar wie.
Es steht auch in den FIDE-Regeln, dass das Ergebnis auf dem Spielformular zu vermerken ist und von beiden Spielern zu unterschreiben ist.
Es würde mich sehr interessieren, wie das in der Praxis läuft und ob es dazu evtl. schon Schiedsrichter-Entscheidungen gab.
Es gibt auch noch andere beispiele. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Wasissn
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Beitrag von Wasissn » 14.11.2007, 22:15

Danke für Eure Mühe.
Hatte ich erwähnt, dass ich für eine angemessene Ausleuchtung der Felder f2 und f7 plädiere?

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