Zunächst: ich hatte nur auf eine entsprechende Anfrage von hoppepit ausführen wollen, dass es doch Remisanträge nach 10.2 gibt, die nicht an Ort und Stelle entschieden werden, sondern dem zuständigen Staffelleiter zur Entscheidung übergeben werden.
Dessen Entscheidung hatte ich unkommentiert wiedergegeben.
Insbesondere der Beitrag von thomas.soergel hat mich doch nachdenklich gemacht, so dass ich auf die Problematik aus meiner Sicht nochmals näher eingehen will.
Zum besseren Verständnis hier zunächst der kommentierte Anhang D:
D. Endspurtphase ohne Anwesenheit eines Schiedsrichters
D1. Wenn Partien gemäß Artikel 10 gespielt werden, kann ein Spieler zu einem Zeitpunkt, bei dem ihm weniger als zwei Minuten Bedenkzeit verbleiben, aber sein Fallblättchen noch nicht gefallen ist, remis beantragen. Dies beendet die Partie.
Er hat die Möglichkeit, seinen Antrag darauf zu begründen, dass
a) sein Gegner mit normalen Mitteln nicht gewinnen könne, oder
b) sein Gegner keine Versuche unternommen habe, mit normalen Mitteln zu
gewinnen.
Im Fall a) muss der Spieler die Endstellung aufschreiben und sein Gegner muss sie bestätigen.
Im Fall b) muss der Spieler die Endstellung aufschreiben und ein komplett ausgefülltes Partieformular abgeben. Der Gegner bestätigt sowohl die Partieaufzeichnung als auch die Schlussstellung. Der Antrag wird einem Schiedsrichter übergeben, dessen Entscheidung endgültig ist.
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Übrigens steht hier nicht (!), dass man am Zug sein muss, um remis beantragen zu können (im Gegensatz zu 10.2)
Fakt 1:
Es handelt sich eindeutig um einen Sachverhalt, der nach diesem Anhang hätte behandelt werden müssen, da kein neutraler Schiedsrichter vor Ort war. Das hat zunächst nichts mit der Ausschreibung zu tun, sondern steht so in den FIDE-Regeln.
Fakt 2:
Es geht also hier nicht darum, welche 3 Aufgaben der SR hat, sondern der betreffende Spieler hat das Recht auf Remisreklamation, wenn er weniger als 2 Minuten Restbedenkzeit in der Endspurtphase hat.
Die 2 Möglichkeiten der Begründung sind unter D1 a) bzw. D1 b) genannt. Er muss auch nicht am Zug sein. Natürlich kann das weitere Procedere entfallen, wenn der Gegner mit remis einverstanden ist. Wenn nicht, dann muss wie vorgeschrieben verfahren werden.
Fakt 3:
Sowohl die vor Ort fungierenden ML als auch der remis reklamierende Spieler haben nicht entsprechend der FIDE-Regeln (Anhang D) gehandelt. Sie handelten offensichtlich im Glauben, dass die ML vor Ort gemeinsam als SR fungieren und dessen Aufgaben wahrzunehmen haben, also nach Art. 10.2 und nicht nach Anhang D zu verfahren haben.
Hier ein Auszug aus der WTO des SVS Sachsen:
C III 3.
Bei Mannschaftskämpfen fungieren die Mannschaftsleiter als Schiedsrichter, wenn kein Schiedsrichter eingesetzt ist.
Das ist allgemein so, aber gilt eben nicht immer wie hier in diesem Fall.
Zum Verständnis auch hier der betreffende Passus der WTO:
A1.
Bei allen Wettkämpfen und Turnieren des SVS sind die Regeln, Turnierbestimmungen und Empfehlungen der FIDE in der Fassung anzuwenden, wie sie der DSB übernommen und für verbindlich erklärt hat.
Ich sehe es so, dass der zu entscheidende Staffelleiter weitestgehend richtig gehandelt hat.
Er hat darauf hingewiesen, welche Regeln gelten und anhand der Stellungsbilder ist ohnehin klar, dass W nur ein Dauerschach erreichen konnte.
Sicher, der reklamierende Spieler hat nicht ordnungsgemäß reklamiert (nach Anhang D1 a) oder D1 b)). Insofern hätte er auch auf Verlust für den reklamierenden Spieler entscheiden können
Offensichtlich gibt es aber nicht nur hier Unklarheiten, welche Befugnisse ein Spieler, ein Mannschaftsleiter, der als SR fungiert, ein Schiedsrichter, der Spielleiter oder ein Wettkampfleiter haben.