Mitschreiben in Zeitnot

Georg Heinze
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Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Georg Heinze » 08.11.2011, 12:05

Es gab letztens eine Diskussion zur Schreibpflicht bzw. zum Nichtschreiben während der Zeitnotphase.
Vorausschicken möchte ich, dass es um Mannschaftskämpfe ohne neutralen Schiedsrichter geht und mit Analoguhren gespielt wird.
Worum ging es? Hier zunächst ein FIDE-Artikel:
8.4 Wenn ein Spieler in einer Zeitperiode zu irgendeinem Zeitpunkt weniger als fünf Minuten Restbedenkzeit hat und er nicht für jeden Zug 30 Sekunden oder mehr hinzugefügt bekommt, ist er während der Dauer dieser Zeitperiode nicht verpflichtet, die Anforderungen von Artikel 8.1 zu erfüllen. Nachdem ein Fallblättchen gefallen ist, muss der Spieler seine Aufzeichnungen sofort, vor Ausführung eines Zuges auf dem Schachbrett, vollständig nachtragen.
Soweit ist alles klar.
Und ein weiterer FIDE-Artikel:
8.5 a) Wenn gemäß Artikel 8.4 kein Spieler mehr mitschreiben muss, soll, wenn möglich, der Schiedsrichter oder ein Assistent anwesend sein und mitschreiben. In diesem Fall hält der Schiedsrichter, unmittelbar nachdem eines der Fallblättchen gefallen ist, die Uhren an. Daraufhin tragen beide Spieler ihre Aufzeichnungen unter Benutzung der Aufzeichnungen des Schiedsrichters oder des Gegners nach.
Das ist zunächst auch klar.
Die erste Feststellung: … es soll, wenn möglich … was ja wohl heißt, dass es im anderen Fall den Spielern überlassen bleibt, die Züge aufzuzeichnen oder nicht bzw. zumindest die gespielten Züge zu kennzeichnen.
Die zweite Feststellung: wenn keine Aufzeichnungen des SR und des Gegners vorliegen, ist es ein wenig Glücksache, die Aufzeichnungen nachzuholen.
Im Falle eines Falles gibt es ja noch 8.5. c):
8.5. c) Wenn keine vollständige Aufzeichnung vorliegt, müssen die Spieler die Partie auf einem zweiten Schachbrett unter Aufsicht des Schiedsrichters oder eines Assistenten rekonstruieren. Dieser zeichnet als erstes, bevor die Rekonstruktion beginnt, die aktuelle Partiestellung, die Uhrzeiten und die Zahl der ausgeführten Züge auf, falls diese Angaben erhältlich sind.
Oder gar
8.6 Wenn die Partieformulare nicht auf den aktuellen Stand gebracht werden können und somit nicht zeigen können, ob ein Spieler die Bedenkzeit vor Ausführung der verlangten Zahl von Zügen überschritten hat, gilt der nächste Zug als der erste für die folgende Zeitperiode, außer in dem Fall, dass nachweisbar mehr Züge gespielt worden sind.
Aus dem in FIDE-Artikeln Geschriebenen lässt sich ableiten:
Wenn beide Spieler nicht mitschreiben mussten, werden die Uhren nach Fallen eines Blättchens angehalten und die Züge nachgetragen. Egal, ob nun einer 3 und der andere 20 Züge nachträgt, jeder Spieler kann also die fehlenden Züge nachtragen und es geht nicht zu Lasten seiner Bedenkzeit. Gerecht?
Bei einem Einzelturnier verschafft man sich auf diese Art sogar einen zusätzlichen Zeitvorteil gegenüber anderen Spielern ohne Zeitnot.
Weiterhin: Aus Art. 8.5. a) geht nicht hervor, wer dann mitschreibt. Nur der Gegner? Der kommt vielleicht 1 Minute später in die gleiche Verlegenheit.
Seit einem Vorfall, bei dem beide Spieler in hochgradiger Zeitnot nicht mitschrieben, es aber zu einer nicht mehr rekonstruierbaren Stellung kam und die Sache zu eskalieren drohte, handhabe ich es so, dass immer, sobald ein Spieler in Zeitnot kommt, ich selbst oder ein beauftragter Spieler mitschreibt. Damit ist das Risiko minimiert, dass sich eine Partie nicht mehr ordnungsgemäß nachschreiben oder gar rekonstruieren lässt.

Was meint ihr zur Problematik?

realpatzer
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von realpatzer » 13.11.2011, 22:20

Was ist denn nun das Problem?

Ich finde es immer wenig hilfreich, wenn in einem Mannschaftskampf, sobald ein Schachfreund in Zeitnot kommt, sich ein Mannschaftskamerad neben dem Brett aufbaut und mitschreibt. Ich lasse das erst zu, sobald beide Spieler in Zeitnot sind. Viel wichtiger ist, dass der mitschreibende Assistent seine Pflichten kennt.

Am vergangenen Punktspielsonntag war ich selbst in hochgradiger Zeitnot und der Mitschreiber, fummelt vor mir auf dem Partieformular rum um zu erkennen bei welchem Zug wir waren. In einer anderen Partie wollte der Mitschreiber gar auf dem richtigen Formular mitschreiben. Lustig auch, wenn der Mitschreiben sofort aufhört mitzuschreiben, wenn die Zeit, seiner Meinung nach geschafft wurde.

Das sollte jeder Mannschaftskollege wissen:
- Mitschreiben in gebührendem Abstand
- Mitschreiben bis Blättchenfall
- Blättchenfall feststellen und Uhr anhalten
- Kontrolle ob Zeit geschafft wurde - nötigenfalls an einem anderen Brett

- Der Zeitgewinn dürfte marginal sein - dafür hatte er 20 Züge lang Zeitnot. Aber deshalb soll ja möglichst mit der FIDE-Bedenkzeit gespielt werden. Seit wir unsere Stadtmeisterschaft mit Bonuszeit spielen gibt es keine Scherereien mehr damit.
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dfuchs
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von dfuchs » 14.11.2011, 10:37

Die Regel geht sogar noch weiter:

Wenn kein Spieler mehr mitschreiben muss (es aber trotzdem tut), dann schreibt der Schiedsrichter mit (wird häufig nicht so gehandhabt, ist auch nicht zwingend nötig) und dann wird die Uhr angehalten zum nachtragen (wird auch häufig nicht so gehandhabt, ist aber nötig!).

Bedeutet:

Solange mindestens ein Spieler mehr als fünf Minuten hat, schreibt keiner mit.
Sobald beide Spieler weniger als fünf Minuten haben, stelle ich jemanden dazu. Das Formular ( http://www.schachschiri.de/zeitnot.pdf ) gebe ich bereits vorher aus, damit die Leute lesen und verstehen, was sie tun und was sie lassen sollen.
Sobald das erste Blättchen gefallen ist und ich als Schiedsrichter nicht sage, dass es direkt weitergehen kann, wird die Uhr angehalten um eventuell vergessene oder falsch notierte Züge nach zu tragen.

Der dritte Punkt ist mir wichtig, seitdem ich in einem Turnier in Zeitnotphase meine Tour gemacht habe. Der Mitschreiber (selbst RSR) hat gesehen, dass beide 40 Züge haben und hat sie weiter spielen lassen. Es waren leider 41 gespielt und beide haben einen Zug vergessen im 45 Zug kam dann eine Reklamation dreimal gleiche Stellung. Nach dem einen Formular war sie erreicht, nach dem anderen nicht.

Weiterhin: Es gibt immer einen Verantwortlichen, in jedem Mannschaftskampf und dieser / diese können immer einen Mitschreiber bestimmen, der fertig ist (Ich habe in 12 Jahren Schach nie erlebt, dass alle 8 Bretter zur Zeitkontrolle noch gespielt haben und einen Mitschreiber brauchten). Jeder der lesen kann, kann mit obigem Formular umgehen und weiß was zu tun ist.

Grüße Daniel

Grüße Daniel

Georg Heinze
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Georg Heinze » 15.11.2011, 18:59

Zunächst bedanke ich mich bei realpatzer und dfuchs für ihre Beiträge.

realpatzer schreibt:
wo ist das Problem?
Sicher ist alles Ansichtssache, aber wenn dfuchs schreibt:
Wenn kein Spieler mehr mitschreiben muss (es aber trotzdem tut), dann schreibt der Schiedsrichter mit (wird häufig nicht so gehandhabt, ist auch nicht zwingend nötig) und dann wird die Uhr angehalten zum nachtragen (wird auch häufig nicht so gehandhabt, ist aber nötig!).
dann gibt es wohl doch hinsichtlich des Mitschreibens bzw. Nachtragens unterschiedliche Handhabungen. Sicher wird durch Digitaluhren und Fischer-Modus manches Problem in der Handhabung nicht so kritisch, aber ich bezog mich bei meinen Ausführungen ausdrücklich auf Mannschaftskämpfe mit mech. Uhren und ohne neutralen SR.
Ich habe in einschlägigen Beiträgen nichts gefunden, was das Mitschreiben durch einen Assistenten verbietet, wenn nur einer der beiden in Zeitnot ist. Ich hatte da bisher keinerlei Probleme und der verstorbene Int. SR Willi Knebel hatte dies in einer Anfrage auch so beantwortet.
Wie lange ein SR oder ein Assistent oder ein Mannschaftsführer bzw. der Beauftrage mitzuschreiben haben und was dann zu tun ist, ja, da gibt es eigentlich klare Regeln.
Die Frage ist ja nur, was macht man mit dem Beauftragten, wenn dieser nach dem 40.Zug das Aufschreiben einstellt und das Formular beim (bei den) Spieler(n) ablegt? Mehr als eine Ermahnung bzw. Verwarnung ist ja wohl nicht drin.
Im übrigen finde ich das von dfuchs genannte Formular sehr hilfreich und werde es mir ausdrucken.

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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von hoppepit » 16.11.2011, 00:13

Georg Heinze hat geschrieben:Im übrigen finde ich das von dfuchs genannte Formular sehr hilfreich und werde es mir ausdrucken.
Danke, aus diesem Grund ist es ja auch online! :D
Gruß, Peter
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https://www.schachschiri.de
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Stingray » 17.11.2011, 23:06

Georg Heinze hat geschrieben:Die Frage ist ja nur, was macht man mit dem Beauftragten, wenn dieser nach dem 40.Zug das Aufschreiben einstellt und das Formular beim (bei den) Spieler(n) ablegt? Mehr als eine Ermahnung bzw. Verwarnung ist ja wohl nicht drin.
Wieso nicht? Sofern die Spieler sich der Zügezahl nicht bewusst sind, stellt dieser Vorgang eine definitiv unzulässige und zudem schwerwiegende Hilfestellung dar. Üblicherweise gehört der Beauftragte ja wohl dem Verein eines der beiden beteiligten Spieler an. Dann kriegt ebendieser Spieler halt die sofortige :!: Null - diese Maßnahme wurde uns beim NSR-Lehrgang nachhaltig eingebleut. Der Beauftragte selbst gilt zwar in dieser Partie nur als Zuschauer, aber eine Bestrafung durch den Verband könnte sicher immer noch erfolgen. (Abgesehen davon wird er sicherlich vereinsintern noch einiges aushalten dürfen...)

Zeitnotformulare sollte jeder Schiedsrichter dabei haben, sofern bei seinem Einsatz nicht mit Fischerzeit gespielt wird - wenngleich ich inzwischen durchaus die Ansicht vertrete, dass die Vereine so etwas vielleicht auch mal vorhalten könnten. Soweit ich mich entsinne, war die Vorlage damals so ziemlich das erste, wonach ich noch vor meinen ersten Einsätzen gesucht hatte. Ungeachtet dessen weise ich den/die Vergatterten, die ich mir immer rechtzeitig vorher heraus suche, immer noch explizit gerade auf den in meinen Augen wirklich wichtigsten Punkt hin, nämlich genau dass sie mitschreiben, bis das erste Blättchen fällt (oder ich alternativ ihnen das Beenden der Mitschrift erlaube, wenn offensichtlich beide Spieler selbst mitgeschrieben/-strichelt haben).

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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Georg Heinze » 18.11.2011, 12:52

Bei einem Mannschaftskampf eine sofortige Null?
Erlebt habe ich sowas noch nicht.
Bei einem Mannschadtskampf ohne SR müsste diese Bestrafung ja einer der beiden Mannschaftsführer vornehmen. Hat derjenige ohnehin verloren, wäre es ja zunächst keine Bestrafung. Außerdem wird sich der Betreffende immer rauszureden versuchen und die betroffene Mannschaft wird das nicht hinnehmen.
Aus dem anderen Tread ist ja sogar zu entnehmen, dass der anwesende SR zur Frage, ob die Zügezahl erfüllt wurde, genickt hat (obwohl es nicht an dem war). Ich nehen an, dass er immer noch schiedsrichtert und er gänzlich ohne Strafe davon gekommen ist.

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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Chlodwig » 19.11.2011, 01:51

Stingray hat geschrieben: Wieso nicht? Sofern die Spieler sich der Zügezahl nicht bewusst sind, stellt dieser Vorgang eine definitiv unzulässige und zudem schwerwiegende Hilfestellung dar. Üblicherweise gehört der Beauftragte ja wohl dem Verein eines der beiden beteiligten Spieler an. Dann kriegt ebendieser Spieler halt die sofortige :!: Null - diese Maßnahme wurde uns beim NSR-Lehrgang nachhaltig eingebleut. Der Beauftragte selbst gilt zwar in dieser Partie nur als Zuschauer, aber eine Bestrafung durch den Verband könnte sicher immer noch erfolgen.
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Chlodwig » 19.11.2011, 02:22

Stingray hat geschrieben: Wieso nicht? Sofern die Spieler sich der Zügezahl nicht bewusst sind, stellt dieser Vorgang eine definitiv unzulässige und zudem schwerwiegende Hilfestellung dar. Üblicherweise gehört der Beauftragte ja wohl dem Verein eines der beiden beteiligten Spieler an. Dann kriegt ebendieser Spieler halt die sofortige :!: Null - diese Maßnahme wurde uns beim NSR-Lehrgang nachhaltig eingebleut. Der Beauftragte selbst gilt zwar in dieser Partie nur als Zuschauer, aber eine Bestrafung durch den Verband könnte sicher immer noch erfolgen.
Hallo Rainer,

„Sofortige Null“

Es ist bemerkenswert, wenn das wirklich auf einem NSR-Lehrgang so „eingebläut“ wird. Die Argumente, die gegen eine solche Empfehlung / Handhabung sprechen, sind doch sehr gewichtig, wie ich finde:

1. Der betroffene Spieler ist nicht für die Fehlleistung des Hilfsschiris verantwortlich.
2. Der betroffene Spieler hat sich nichts zu Schulden kommen lassen und wird trotzdem bestraft. Eine solche Bestrafung wird er daher sehr leicht als ungerecht empfinden, was die Einsicht von Einhaltung von Regeln in anderen Fällen dann nicht gerade erhöht. Abgesehen davon leidet sein Gerechtigkeitsempfinden (siehe auch Punkt 4).
3. Der betroffene Spieler bekommt nicht nur die „sofortige Null“, sondern wird auch noch dadurch bestraft, dass diese Null in die DWZ einfließt, obwohl das tatsächlich erzielte Ergebnis auf dem Brett womöglich ganz anders aussieht.
4. Der betroffene Verein wird höchst wahrscheinlich Protest einlegen. Er wird geradezu herausgefordert, es zu tun, da das Gerechtigkeitsempfinden durch die Bestrafung eines Schachfreundes, der sich völlig korrekt verhalten hat, doch arg strapaziert wird. Kein gutes Argument für die „sofortige Null“.
5. Ein Verband kann immer nur nach den eigenen Bestimmungen der TO bestrafen. Da stehen gewöhnlich allerlei Strafen für Falschaufstellungen, leere Bretter, nicht spielberechtigte Spieler usw. drin, also alles Dinge, die die Mannschaften bzw. Vereine betreffen. Strafen für Schiris oder Hilfsschiris kennen solche TO jedoch nicht. Also können sie auch nicht bestraft werden.
6. In aller Regel genießen Schiris bzw. Hilfsschiris großen Rückhalt der Verbände inklusive der Turnier- bzw. Schiedsgerichte, Schiedsstellen. Das geht sogar so weit, dass es durchaus Schiedsstellen gibt, die einen Schiri auch dann decken, wenn seine Entscheidung noch so falsch war. Er darf nur keine formalen Fehler machen. In dem beschriebenen Fall wäre allerdings einer gegeben.

Mit welcher Begründung wurde denn diese doch recht bemerkenswerte Empfehlung im NSR-Lehrgang gegeben? Macht das angesichts der starken Gegenargumente wirklich Sinn?

Chlodwig
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Georg Heinze » 19.11.2011, 09:11

Hallo Chlodwig, ich hatte die Aussage von Stingray so gelesen, dass der Beauftragte bzw. "Hilfs-Schiri" die "Null" bekommen sollte.
Das kann er ja nochmals darstellen.
Einen Spieler für etwas zu bestrafen, was ein anderer getan hat, halte ich für ausgeschlossen.
Aber wie bereits dargestellt, halte ich eine Bestrafung mit der "Null" für den Beauftragten ebenfalls für fraglich.

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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Chlodwig » 19.11.2011, 12:32

Möglicherweise habe ich das tatsächlich falsch verstanden. Doch kann ich die Argumentenliste von oben genauso für den Spieler einsetzen, der als beauftragter Schiri in einer anderen Partie falsch agiert hat. Denn mit dere „sofortigen Null“ würde er als Spieler bestraft, nicht als Schiri. Das heißt, man vermischt hier die eine Funktion – Spieler – mit der anderen – beauftragter Schir.
Der Hilfsschiri hat in seiner eigenen Partie absolut korrekt gehandelt und kann doch nicht für diese Korrektheit bestraft werden. Wenn es so schwierig ist einen beauftragten Schiri zu bestrafen, warum schafft man da nicht erst mal eine ordentliche Möglichkeit, anstatt derart hemdsärmlig vorzugehen? :shock:

Chlodwig :)
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Georg Heinze » 19.11.2011, 13:30

Der Hilfsschiri hat in seiner eigenen Partie absolut korrekt gehandelt und kann doch nicht für diese Korrektheit bestraft werden.
Eben! Das sehe ich auch so.
Es kommt ja noch hinzu, dass die MF oftmals selbst noch spiellen und ggf. ebenfalls in Zeitnot sind.
Da ruft der sich in Zeitnot befindliche Spieler seinen in der Nähe befindlichen Spieler und sagt ihm "schreib doch mal".
Ja und dann kommt vielleicht ein Malheur ...

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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Stingray » 19.11.2011, 17:42

Also, erstmal: Natürlich kann ich den eingesetzten Hilfsschiri nicht in seiner eigenen Partie bestrafen. Wie auch? Die muss ja schon vorbei sein, sonst könnte er diese Aufgabe gar nicht übernehmen! Somit ist er im Sinne der Regeln kein Spieler mehr:
12.5 hat geschrieben:Spieler, die ihre Partie beendet haben, gelten als Zuschauer.
Und einen Zuschauer kann ich als Schiedsrichter, wenn er sich daneben benimmt, allenfalls des Saals verweisen.

Kommen wir jetzt mal zu Chlodwigs Punkten (nebenbei bemerkt: wer ist eigentlich Rainer?):
1. Der betroffene Spieler ist nicht für die Fehlleistung des Hilfsschiris verantwortlich.
Wie gesagt, das geht davon aus, dass der Hilfsschiri demselben Verein angehört. Schließlich ging's in der Fragestellung um Mannschaftskämpfe, wo das doch eher der Standardfall ist. Somit stellt dieser Vorgang einen unzulässigen Ratschlag im Sinne von 12.3a) dar.
2. Der betroffene Spieler hat sich nichts zu Schulden kommen lassen und wird trotzdem bestraft. Eine solche Bestrafung wird er daher sehr leicht als ungerecht empfinden, was die Einsicht von Einhaltung von Regeln in anderen Fällen dann nicht gerade erhöht. Abgesehen davon leidet sein Gerechtigkeitsempfinden [...].
Sein eventuell beschädigtes Gerechtigkeitsempfinden ist sein persönliches Problem. Schiedsrichter sind keine Psychotherapeuten. Bei Mannschaftskämpfen spielt man eben nicht alleine und muss auch damit leben, unter Fehlern von Teamkameraden zu leiden.
3. Der betroffene Spieler bekommt nicht nur die „sofortige Null“, sondern wird auch noch dadurch bestraft, dass diese Null in die DWZ einfließt, obwohl das tatsächlich erzielte Ergebnis auf dem Brett womöglich ganz anders aussieht.
Das gleiche Argument kannst du gegen die sofortige Null bei Handyklingeln anführen. Das Brett soll zwar dominieren, aber es übertönt eben nicht jedes Fehlverhalten.
4. Der betroffene Verein wird höchst wahrscheinlich Protest einlegen.[...]
Wer Proteste gegen seine Entscheidungen befürchtet, sollte nicht als Schiedsrichter fungieren.
5. Ein Verband kann immer nur nach den eigenen Bestimmungen der TO bestrafen. Da stehen gewöhnlich allerlei Strafen für Falschaufstellungen, leere Bretter, nicht spielberechtigte Spieler usw. drin, also alles Dinge, die die Mannschaften bzw. Vereine betreffen. Strafen für Schiris oder Hilfsschiris kennen solche TO jedoch nicht. Also können sie auch nicht bestraft werden.
Ich habe nicht geschrieben, dass der Verband automatisch eine Bestrafung vornehmen muss, nur dass ich es als Schiedsrichter eben nicht kann (mal abgesehen vom Saalverweis).
6. In aller Regel genießen Schiris bzw. Hilfsschiris großen Rückhalt der Verbände inklusive der Turnier- bzw. Schiedsgerichte, Schiedsstellen.[...]
Siehe oben. In diesem Fall geht es um unzulässige Einflussnahme durch einen Teamkameraden.
Mit welcher Begründung wurde denn diese doch recht bemerkenswerte Empfehlung im NSR-Lehrgang gegeben?
Mit den möglichen Schiedsrichterentscheidungen nach 13.4:
  1. Diese Hilfestellung ist eben als sehr spielentscheidend zu betrachten.
  2. Eine einfache Verwarnung (13.4a) ist für eine solche Einflussnahme zu wenig.
  3. So etwas wie z.B. eine Zeitstrafe in Form einer gegnerischen Gutschrift (13.4b) oder eines Bedenkzeitabzugs beim zu Bestrafenden (13.4c) ist hier aber kompletter Quatsch, da die Zeitnot ja eben gerade vorbei ist.
  4. Die nächsthöhere mögliche und erste wirksame Bestrafung ist der Partieverlust (13.4d).
Somit habe ich als Schiri praktisch gar keine andere Wahl. Noch Fragen :?:

Werner
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von Werner » 20.11.2011, 17:48

Stingray hat geschrieben:Wie gesagt, das geht davon aus, dass der Hilfsschiri demselben Verein angehört. Schließlich ging's in der Fragestellung um Mannschaftskämpfe, wo das doch eher der Standardfall ist. Somit stellt dieser Vorgang einen unzulässigen Ratschlag im Sinne von 12.3a) dar.
12.3a) gibt dem Schiedsrichter die Möglichkeit, einen Spieler für ein Fehlverhalten, das dieser Spieler selbst begangen hat, zu bestrafen, nicht aber für ein Fehlverhalten, das eine andere Person - ganz gleich, ob Zuschauer, anderer Spieler oder Hilfsschiri - begangen hat.

Für ein Fehlverhalten des Hilfsschiris kann ein Spieler - oder vielleicht sogar beide Spieler, wenn beide in Zeitnot sind und nicht wissen, wieviele Züge geschehen sind?! - daher nicht bestraft werden.

Und übrigens:
Vereinszugehörigkeiten spielen in den FIDE-Regeln keine Rolle - weder bei Einzel- noch bei Mannschaftswettbewerben -, sie werden nirgendwo erwähnt.

dfuchs
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Re: Mitschreiben in Zeitnot

Beitrag von dfuchs » 20.11.2011, 21:29

Zum gefühlt hundertsten mal:
Es gibt nicht nur die FIDE-Regeln, die man als Schiedsrichter kennen muss. Neben diversen TOs hilft es auch das FIDE-Handbook zu kennen. Dieses gibt, obwohl in praktisch keinem Fall automatisch inkludiert in die TOs, dem Schiedsrichter zumindest eine Richtlinie vor, wie sich die Macher der FIDE-Regeln vorstellen, wie ein Turnier abzulaufen hat.

Grüße Daniel

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