Vorausschicken möchte ich, dass es um Mannschaftskämpfe ohne neutralen Schiedsrichter geht und mit Analoguhren gespielt wird.
Worum ging es? Hier zunächst ein FIDE-Artikel:
Soweit ist alles klar.8.4 Wenn ein Spieler in einer Zeitperiode zu irgendeinem Zeitpunkt weniger als fünf Minuten Restbedenkzeit hat und er nicht für jeden Zug 30 Sekunden oder mehr hinzugefügt bekommt, ist er während der Dauer dieser Zeitperiode nicht verpflichtet, die Anforderungen von Artikel 8.1 zu erfüllen. Nachdem ein Fallblättchen gefallen ist, muss der Spieler seine Aufzeichnungen sofort, vor Ausführung eines Zuges auf dem Schachbrett, vollständig nachtragen.
Und ein weiterer FIDE-Artikel:
Das ist zunächst auch klar.8.5 a) Wenn gemäß Artikel 8.4 kein Spieler mehr mitschreiben muss, soll, wenn möglich, der Schiedsrichter oder ein Assistent anwesend sein und mitschreiben. In diesem Fall hält der Schiedsrichter, unmittelbar nachdem eines der Fallblättchen gefallen ist, die Uhren an. Daraufhin tragen beide Spieler ihre Aufzeichnungen unter Benutzung der Aufzeichnungen des Schiedsrichters oder des Gegners nach.
Die erste Feststellung: … es soll, wenn möglich … was ja wohl heißt, dass es im anderen Fall den Spielern überlassen bleibt, die Züge aufzuzeichnen oder nicht bzw. zumindest die gespielten Züge zu kennzeichnen.
Die zweite Feststellung: wenn keine Aufzeichnungen des SR und des Gegners vorliegen, ist es ein wenig Glücksache, die Aufzeichnungen nachzuholen.
Im Falle eines Falles gibt es ja noch 8.5. c):
Oder gar8.5. c) Wenn keine vollständige Aufzeichnung vorliegt, müssen die Spieler die Partie auf einem zweiten Schachbrett unter Aufsicht des Schiedsrichters oder eines Assistenten rekonstruieren. Dieser zeichnet als erstes, bevor die Rekonstruktion beginnt, die aktuelle Partiestellung, die Uhrzeiten und die Zahl der ausgeführten Züge auf, falls diese Angaben erhältlich sind.
Aus dem in FIDE-Artikeln Geschriebenen lässt sich ableiten:8.6 Wenn die Partieformulare nicht auf den aktuellen Stand gebracht werden können und somit nicht zeigen können, ob ein Spieler die Bedenkzeit vor Ausführung der verlangten Zahl von Zügen überschritten hat, gilt der nächste Zug als der erste für die folgende Zeitperiode, außer in dem Fall, dass nachweisbar mehr Züge gespielt worden sind.
Wenn beide Spieler nicht mitschreiben mussten, werden die Uhren nach Fallen eines Blättchens angehalten und die Züge nachgetragen. Egal, ob nun einer 3 und der andere 20 Züge nachträgt, jeder Spieler kann also die fehlenden Züge nachtragen und es geht nicht zu Lasten seiner Bedenkzeit. Gerecht?
Bei einem Einzelturnier verschafft man sich auf diese Art sogar einen zusätzlichen Zeitvorteil gegenüber anderen Spielern ohne Zeitnot.
Weiterhin: Aus Art. 8.5. a) geht nicht hervor, wer dann mitschreibt. Nur der Gegner? Der kommt vielleicht 1 Minute später in die gleiche Verlegenheit.
Seit einem Vorfall, bei dem beide Spieler in hochgradiger Zeitnot nicht mitschrieben, es aber zu einer nicht mehr rekonstruierbaren Stellung kam und die Sache zu eskalieren drohte, handhabe ich es so, dass immer, sobald ein Spieler in Zeitnot kommt, ich selbst oder ein beauftragter Spieler mitschreibt. Damit ist das Risiko minimiert, dass sich eine Partie nicht mehr ordnungsgemäß nachschreiben oder gar rekonstruieren lässt.
Was meint ihr zur Problematik?