Remis erkauft

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gervan
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Remis erkauft

Beitrag von gervan » 10.12.2011, 13:39

Erstmal Hallo zusammen.

Vor einigen Wochen, war ich in Schiedsrichterfunktion auf einem Schülerschachturnier tätig, bei welchem die beiden Erstplazierten, der 6 getrennt spielenden Altersklassen, jewails Geldpreise gewannen. In meiner eigenen Klasse kam es zu keinen besonderen Vorkommnissen. Zwischen dem Ende der letzten Runde und der Siegerehrung kam M. , welcher für die nächst Jüngere Klasse zuständig war zu mir. ( Wie die meisten Ehrenamtlichen dort kein ausgebildeter Schiedsrichter) und erzählte mir amüsiert von einer für ihn lustigen Begebenheit.
S. ein Jugendlicher unseres Vereins , welcher in Ms Altersklasse spielte, habe indirekt doch noch einen Preis gewonnen, weil er von seinem Gegner 10 Euro für ein Remis bekommen habe.
Am tatsächlichen Klassement hatte dieses Remis nichts geändert, was beide Spieler zum Zeitpunkt der Übereinkunft aber noch nicht wissen konnten.

Ich brachte den Fall im Schiedsrichterraum zur Sprache, worauf eine Diskussion unter den Schiedsrichtern der verschiedenen Altersklassen entbrannte. Die Meinungen gingen von. "Pippifax! Sowas ist vollkommen normal!" bis zu "Disqualifikation und Sperre für das nächste Schülerschachturnier" Der Turnierleiter endschloss sich beiden ins Gewissen zu reden und ihnen klar zu machen, dass dieses Verhalten unfair gegenüber den anderen Spielern sei und den Fall damit auf sich beruhen zu lassen . Ich hätte vermutlich ähnlich entschieden und würde nun gerne die Meinung von Experten dazu hören.

Eckart
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Re: Remis erkauft

Beitrag von Eckart » 10.12.2011, 15:25

Wie alt waren die betreffenden Schüler?
Einen 18-jährigen würde ich da härter anfassen als einen 10-jährigen.

Mehr noch erschrecken mich laxe Reaktionen von den Schiedsrichtern wie "Pippifax" etc.

Das Ganze geht natürlich überhaupt nicht, solch verwerflichen Aktivitäten sollte man von vornherein die "rote Karte" zeigen.

Insgesamt finde ich die Entscheidung des Turnierleiters in Ordnung, würde es aber begrüßen, wenn er den Schülern "sehr ernsthaft" ins Gewissen geredet hätte, eventuell mit Ausschlussandrohung für den Wiederholungsfall, damit so etwas wirklich nicht wieder passiert.

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Re: Remis erkauft

Beitrag von hoppepit » 10.12.2011, 15:55

Eckart hat geschrieben:Insgesamt finde ich die Entscheidung des Turnierleiters in Ordnung, würde es aber begrüßen, wenn er den Schülern "sehr ernsthaft" ins Gewissen geredet hätte, eventuell mit Ausschlussandrohung für den Wiederholungsfall, damit so etwas wirklich nicht wieder passiert.
Das "sehr ernsthaft" würde ich gerne doppelt unterstreichen, denn Pippifax ist das ganz und garnicht!!
Gruß, Peter
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gervan
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Re: Remis erkauft

Beitrag von gervan » 11.12.2011, 02:50

Wie alt waren die betreffenden Schüler?
Einen 18-jährigen würde ich da härter anfassen als einen 10-jährigen.
Die beiden waren ca 14 Jahre alt. Dem Jugendlichen aus unserem Verein habe ich auch deutlich gesagt, dass sowas unsportlich sei. Den Anderen kenn ich nicht.

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Re: Remis erkauft

Beitrag von thomas.soergel » 12.12.2011, 11:34

Einen ähnlichen Fall hatten wir vor einigen Jahren auf der Kreisjugend-EM. Der große Bruder war zwei Türme und ein paar Bauern im Vorteil und "verspielte" diesen Vorteil gegen seinen jüngeren Bruder bis zum Verlust. Der damalige Kreisjugendleiter spielte die Partie dann nach. Offenbar war der Betrug klar genug, dass er diese Partie mit 0:0 wertete, was den kleinen Bruder aus dem Rennen warf.
Zumal ich ihm auch klar machte, dass ein Freiplatzantrag für die Bezirksmeisterschaft in diesem Jahr keine Chance gehabt hätte.
Ich denke daher, dass solche Partien mit 0:0 zu werten sind, im Wiederholungsfall dann härtere Maßnahmen. Meist reicht eine 0:0-Wertung völlig aus, um derartige Sachen künftig zu unterbinden. Gegen so etwas sollte sofort vorgegangen werden, eine Kleinigkeit ist das bestimmt nicht.
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Re: Remis erkauft

Beitrag von jesre » 12.12.2011, 18:12

Hallo miteinander,
ich finde die Entscheidung des Kreisjugendleiters schon sehr mutig.
Bislang dachte ich immer für das Ergebnis einer Schachpartie sind nur die Spieler
verantwortlich. Oder habe ich etwas verpasst, dass ich nicht mehr (wie auch immer)
eine Partie verlieren darf.
Zumindest habe ich in den Fide-Regeln Artikel 7,12 und 13 nicht gegenteiliges gefunden.

Gruß Jürgen

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Re: Remis erkauft

Beitrag von guhl » 12.12.2011, 18:39

Natürlich sind solche Absprachen nicht ok, aber es sollte doch im Rahmen bleiben.

Jetzt werde ich auch noch einwenig provokant. Ich denke nämlich, dass es naiv zu denken, so etwas kommt nur bei Jugendmeisterschaften auf Bezirksebene in den unteren Jahrgängen vor. Ich habe schon öfters mitbekommen, dass bei Titelträgern in den Geldrängen solche Absprachen getroffen werden. Geschweige dem von Mannschaftsspielen in der Verbandsrunde. Dort bekomme ich fast an jedem zweiten Spieltag solche geschummelten Ergebnisse mit und das sogar für die komplette Mannschaft.
Die Frage ist nur, was man machen kann, wenn man es nicht beweisen kann.

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Re: Remis erkauft

Beitrag von thomas.soergel » 14.12.2011, 13:05

jesre hat geschrieben:Hallo miteinander,
ich finde die Entscheidung des Kreisjugendleiters schon sehr mutig.
Bislang dachte ich immer für das Ergebnis einer Schachpartie sind nur die Spieler
verantwortlich. Oder habe ich etwas verpasst, dass ich nicht mehr (wie auch immer)
eine Partie verlieren darf.
Zumindest habe ich in den Fide-Regeln Artikel 7,12 und 13 nicht gegenteiliges gefunden.
Gruß Jürgen
Der KJL hatte auch mit den Spielern geredet, die die Absprache dann auch zugegeben hatte. Ansonsten gebe ich "jesre" Recht, ohne stichhaltige Beweise einer solchen Absprache ist eine 0:0-Wertung natürlich nicht zu machen.
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Re: Remis erkauft

Beitrag von thomas.soergel » 14.12.2011, 13:15

guhl hat geschrieben:Geschweige dem von Mannschaftsspielen in der Verbandsrunde. Dort bekomme ich fast an jedem zweiten Spieltag solche geschummelten Ergebnisse mit und das sogar für die komplette Mannschaft.
Die Frage ist nur, was man machen kann, wenn man es nicht beweisen kann.
Bei Mannschaftskämpfe hilft eventuell das sofortige Anfordern der unterschriebenen Partieformulare. Wurde nicht gespielt, dann wird es schwer werden, diese aufzutreiben, zumindest haben die betrügenden Mannschaften einen ärgerlichen Aufwand.
Auch die unerwartete Anwesenheit des Spielleiters in Kämpfen, die nicht mit SR beschickt werden, kann da Wunder wirken. Allerdings bedeutet dies Aufwand und sollte dann zur Anwendung kommen, wenn diese Partie für Auf- oder Abstieg relevant ist.
So ein 0:0 bzw. sofortiger Zwangsabstieg spricht sich schnell herum.
Manchmal hilft auch detektivische Kleinarbeit. Vor einigen Jahren fand der bayerische Spielleiter heraus, dass in der Regionalliga ein GM gespielt haben soll, der zeitgleich auch einen Mannschaftskampf in der tschechischen Staatsliga bestritten hatte. Zwangsabstieg der Mannschaft war die Folge.
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Re: Remis erkauft

Beitrag von Georg Heinze » 15.12.2011, 18:39

Es ist immer wieder erstaunlich, was es alles so gibt.
Da gibt es Betrug von französischen Nationalspielern bei der Schacholympiade, Betrug bei der DEM, tel. abgesprochene Ergebnisse bei Mannschaftsmeisterschaften usw.
Auch der Schachsport ist nicht sauber.
Aber:
Dort bekomme ich fast an jedem zweiten Spieltag solche geschummelten Ergebnisse mit und das sogar für die komplette Mannschaft.
Das sowas vorkommt, weiß ich aus eigener Erfahrung. Aber jede 2.Runde? Nach meinen Feststellungen ist es eher die Ausnahme.

Zum hier dargestellten Fall kann ich nur sagen: wehret den Anfängen!
Es ist keine Bagatelle, wenn jemand betrügt. Natürlich muss man das notwendige Feingefühl bei Kindern oder Jugendlichen walten lassen. Aber sie sollten schon wissen, Betrug ist Betrug und wird geahndet.

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