Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

thomas.soergel
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 11.01.2012, 11:25

Georg Heinze hat geschrieben:Soll Schwarz nur deswegen nicht durch ZÜ verlieren, weil Weiß inzwischen einen Zug ausgeführt hat und nicht gleich seelenruhig auf den Blättchenfall wartet?
Vielen Dank für die sehr klare Gegenüberstellung der Meinungen sowie dem Aufzeigen der Schwachpunkte. Zur Frage, warum Weiß nicht durch ZÜ verlieren soll, vielleicht die folgende Anmerkung: Vielleicht will Weiß ja auch auf diese Weise nicht gewinnen. Würde er es wollen, kann er ja die Uhr laufen lassen, bis das Blättchen fällt. Insbesondere dann, wenn er im Glauben sein sollte, dass man im 41. Zug nicht mehr auf ZÜ verlieren kann.
Im Jugendbereich (U10/U12 insbesondere) beobachte ich auch zweierlei Verhalten, wenn der Gegner vergessen hat, die Uhr zu drücken:
Die eine Fraktion zieht trotzdem, weil sie einfach spielen will und die Uhr eher als "Nebenprodukt" ansieht.
Die andere Fraktion wartet konsequent, bis der Gegner drückt oder die Zeit fällt.
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Georg Heinze
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 11.01.2012, 13:19

thomas.soergel schrieb:
Zur Frage, warum Weiß nicht durch ZÜ verlieren soll, vielleicht die folgende Anmerkung: Vielleicht will Weiß ja auch auf diese Weise nicht gewinnen. Würde er es wollen, kann er ja die Uhr laufen lassen, bis das Blättchen fällt. Insbesondere dann, wenn er im Glauben sein sollte, dass man im 41. Zug nicht mehr auf ZÜ verlieren kann.
Es geht wohl doch um die ZÜ von schwarz?
Zur Hypothese, was sich weiß dabei denkt, kann man schwer etwas sagen.
Wenn weiß nicht auf diese Weise gewinnen will, kann er ja den Gegner auf das fehlende Drücken der Uhr aufmerksam machen.
Die Frage von Jörg war aber, was macht der SR (oder wir als Gefragte), der das alles beobachtet. Da kann man nur nach bestem Wissen und Gewissen (und natürlich nach den FIDE-Regeln) entscheiden. Schade, dass offensichtlich die Regeln auch hier einen Interpretationsspielraum zulassen.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Eckart » 11.01.2012, 15:34

Georg Heinze hat geschrieben:Da kann man nur nach bestem Wissen und Gewissen (und natürlich nach den FIDE-Regeln) entscheiden. Schade, dass offensichtlich die Regeln auch hier einen Interpretationsspielraum zulassen.
Heinze as usual.

Das "Gewissen" hat bei der Anwendung der FIDE-Regeln nichts zu suchen.
Das "Wissen" ist offenkundig nicht bei allen im erforderlichen Maße vorhanden.
Und ein "Interpretationsspielraum" liegt im Ausgangsfall nicht vor.

thomas.soergel
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 11.01.2012, 16:19

Mal wieder typisch Eckart, bildet sich ein, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein und leitet damit auch das Recht ab, gegen Sfr. Heinze zu pöbeln. Es mag ja sein, dass Sie keinen Interpretationsspielraum sehen, bitte, dies ist Ihre Meinung. Allen anderen, die Ihre Meinung nicht teilen, die Ahnung abzusprechen, halte ich für sehr hochmütig. Oder sind Sie etwa der SR-Lehrwart des DSB oder gar der FIDE?
Wenn man als SR (auch nach Blick ins Regelheft) der Ansicht ist, dass die Regeln zu einem Fall nicht alles geregelt haben oder nicht eindeutig sind, dann muss man eben nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden.
Ich bin im vorliegenden Fall ja auch anderer Meinung als Sfr. Heinze (der sich ja wie Sie für Verlust Schwarz durch ZÜ ausgesprochen hat), maße mir aber nicht an, ihm die Ahnung abzusprechen.
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 11.01.2012, 21:37

Heinze as usual.
Ja, so bin ich eben!
Im übrigen bezog ich mich bei meinen Ausführungen darauf, wie es schon im Vorwort der FIDE-Regeln steht:
In Fällen, die nicht durch einen Artikel der Schachregeln genau geklärt sind, sollte es möglich sein, durch das Studium analoger Situationen, die von den Schachregeln erfasst werden, zu einer korrekten Entscheidung zu gelangen. Die Schachregeln setzen voraus, dass Schiedsrichter das notwendige Sachverständnis, gesundes Urteilsvermögen und absolute Objektivität besitzen. Eine allzu detaillierte Regelung könnte dem Schiedsrichter seine Entscheidungsfreiheit nehmen und ihn somit daran hindern, eine sportliche, logische und den speziellen Gegebenheiten angemessene Lösung zu finden.
Also, wenn schon nicht nach "bestem Wissen und Gewissen", dann eben mit dem "notwendigen Sachverständnis, dem gesunden Urteilsvermögen und absoluter Objektivität".

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von JoergWeisbrod » 15.02.2012, 13:07

Ich habe diese Frage an den Vorsitzenden der FIDE-Regelkommission Geurt Gijssen in seinem Forum "An Arbiter's Notebook" auf Chesscafe.com gestellt.
http://www.chesscafe.com/text/geurt166.pdf
(Erste Frage auf Seite 2).
Geurt Gijssen antwortet auf das Grundszenario wie folgt:
The player of the black pieces did not complete his fortieth move and
therefore overstepped the time limit. If the arbiter had done his job properly,
he would have intervened and announced that the player had overstepped the
time limit and declared the game lost by him.
Jörg

Regionaler Schiedsrichter in Bayern
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von hoppepit » 15.02.2012, 13:38

Danke für die Info!
Gruß, Peter
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Thomas Rondio » 15.02.2012, 22:59

JoergWeisbrod hat geschrieben:Ich habe diese Frage an den Vorsitzenden der FIDE-Regelkommission Geurt Gijssen in seinem Forum "An Arbiter's Notebook" auf Chesscafe.com gestellt.
http://www.chesscafe.com/text/geurt166.pdf
(Erste Frage auf Seite 2).
Geurt Gijssen antwortet auf das Grundszenario wie folgt:
The player of the black pieces did not complete his fortieth move and
therefore overstepped the time limit. If the arbiter had done his job properly,
he would have intervened and announced that the player had overstepped the
time limit and declared the game lost by him.
Na ja: Da hat die Partei, die der Meinung ist, Schwarz hätte durch ZÜ verloren, ihre Mehrheit/Minderheit um eine Stimme vergrößert/verkleinert - aber in der Frage, wer recht hat, sind wir so klug wie vorher ...
Freundliche Schachgrüße!

Thomas Rondio

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 15.02.2012, 23:23

Auch Geurt Gijssen hat schon Fehlentscheidungen getroffen.
Im vorliegenden Fall ist es aber nicht nur eine Meinungsäußerung an sich, sondern ich lese seine Darstellung so, wie er entscheiden würde, wenn er ein Turnier als Int. SR leiten würde.
Wenn es hier im Form überhaupt jemanden gibt, der kompetent ist, um die betreffende FIDE-Regel auszulegen, dann ist es er.
Wenn jemand eine andere Meinung hat, dann bleibt sie ihm unbenommen. Es würde aber bedeuten, dass er es besser weiß (oder es sich einbildet).

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von dfuchs » 16.02.2012, 09:13

Naja, so ganz schlecht sind die Schiedsrichter, die hier auf der Seite schreiben auch nicht.

Ich weiß von mindestens zwei Internationalen Schiedsrichtern, drei FIDE-Schiedsrichtern (wobei jeweils mindestens einer in auf beiden Seiten dieser Diskussion stehen) und zwei Nationalen Schiedsrichtern. Da vom Titel alleine aber nicht auf die Qualifikation geschlossen werden kann, nehme auch ich die Aussage von Geurt Gijssen als das was sie ist. Die Meinung eines sehr erfahrenen Kollegen, den ich respektiere. Sollte in einem konkreten Fall sn meinem Brett ein anderer Kollege, den ich genauso respektiere, wie z.B. Thomas Rondio eine andere Entscheidung treffen, so würde ich diese genauso aktzeptieren.

Schiedsrichtern die Möglichkeit zu geben Sachverhalte im Turnier nach bestem Ermessen zu entscheiden ist keine Schwäche der Regeln, sondern eine Stärke. Wenn der Schiedsrichter dann Mist macht, liegt das an dessen Ausbildung und / oder Einstellung und nicht an Regeln.

Grüße Daniel

Georg Heinze
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 16.02.2012, 11:15

Mein lieber dfuchs, ich wollte mit meinem Beitrag keinesfalls eine Wertung von SR vornehmen, halte aber Geurt Gijssen als einen der kompetentesten Vertreter, dessen Meinung und Begründung man sich schon mal durch den Kopf gehen lassen sollte.
Wenn der Schiedsrichter dann Mist macht, liegt das an dessen Ausbildung und / oder Einstellung und nicht an Regeln.
Wenn ein SR "Mist" macht, dann kann das mehrere Ursachen haben.
Und dass es auch an den Regeln liegen kann, dafür haben wir doch hier im Forum wahrlich genügend Beispiele.
Es gibt keine Diskussion, wie ein Turm zu ziehen hat, aber es wird diskutiert, wann jemand durch ZÜ verliert, obwohl es dafür mehrere FIDE-Artikel gibt. Wenn hier ein SR falsch entscheidet, kann das an dessen Ausbildung liegen (glaube ich bei den von Dir zitierten Kollegen weniger) oder vielleicht doch an nicht eindeutig genug definierten Regeln?

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von JoergWeisbrod » 11.10.2012, 14:23

Der in diesem Thread besprochene Fall wird ja nun durch die neuen FIDE-Regeln, die ab 1.7.2013 gelten, geklärt.
Ein Zug wird ab dann nicht nur durch Drücken der Uhr abgeschlossen, sondern auch durch (regelgemäßes) Ausführen (meist Loslassen der gezogenen Figur) des nächsten Zuges desselben Spielers.
Immerhin muss man also dann den 41. Zug noch ausführen, bevor das Blättchen fällt, wenn man nach dem 40. Zug nicht gedrückt hat, um die ZÜ zu vermeiden.
Außerdem ist ab 1.7.2013 klar, dass der vorletzte und alle früheren Züge abgeschlossen sind, auch wenn nie die Uhr gedrückt wurde!
Möglicherweise hat auch dieser Thread dazu beigetragen, die Regeln in dieser Richtung klarer zu fassen.
Ich hatte die Frage ja auch an den Vorsitzenden der FIDE Regelkommission geschickt und er hat sich auch mit der Frage beschäftigt.
Jörg

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