Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

JoergWeisbrod
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von JoergWeisbrod » 16.12.2011, 13:38

JoergWeisbrod hat geschrieben:Das ist ein anderer Fall. Den würde ich so sehen:
Wenn der illegale Zug vor der ZÜ bemerkt wird, bekommt Schwarz ja 2 Minuten hinzu und kann weiterspielen.
Und selbst wenn er kurz nach der ZÜ bemerkt wird, lag der Grund für die Reklamation (illegaler Zug) vor dem Grund der Reklamation auf ZÜ (außerdem sollen die Geschehnisse auf dem Brett im Zweifel Vorrang vor der Uhr haben).
Deshalb bekommt auch hier Schwarz 2 Minuten dazu und kann weiterspielen.
Ich glaube, da lag ich falsch, da W den illegalen Zug gar nicht abgeschlossen hat (nicht abschließen konnte, weil seine Uhr nicht lief). Daher kann S nicht auf illegalen Zug reklamieren, W könnte (oder könnte nicht ?) auf ZÜ reklamieren.
Wenn die Reklamation beim SR durchginge, hätte er gewonnen.

In meinem Szenario gehe ich davon aus, dass der SR alles so beobachtet wie geschildert.
Und wenn ein Spieler eine Reklamation getätigt hätte, hätte ich es zur Verdeutlichung auch chronologisch in die Reihenfolge eingefügt (einfügen müssen).
Klar ist, dass die ZÜ natürlich vom SR festgestellt oder von einem Spieler (auch S) zurecht reklamiert werden muss, sowie
dass es bei ZÜ Remis ist, wenn der Gegner nicht mattsetzen kann (und z.B. dass es 0,5:0 uasgeht, wenn das Handy von Schwarz vor der SR-Entscheidung klingelt usw. ...).
GeorgHeinze hat geschrieben:Ich würde es für höchst bedenklich halten, wenn nach der Ausführung des 40.Zuges von S das Blättchen offensichtlich noch nicht gefallen war und W deswegen auch nicht reklamieren kann, seinerseits aber den 41. Zug ausführt, die Uhr nicht betätigen kann, weil der 40.Zug von S noch nicht abgeschlossen war und nun nur deswegen gewinnen soll, weil er einen illegalen Zug gemacht hat?
Er gewänne ja nicht, WEIL er einen illegalen Zug macht (was in diesem Szenario übrigens nicht mal bestraft würde, da er die Uhr nicht gedrückt hat!), sondern weil S die Zeit überschreitet.
GeorgHeinze hat geschrieben:Dann wäre es doch sinnvoller, nach der Ausführung des 40.Zuges von S einfach zu warten …
Entweder S merkt es noch oder eben nicht.
Wem es aber nicht nur um den Punkt geht, sondern sportlich fair ist, könnte den Gegner auch darauf aufmerksam machen. Da braucht man gar nichts zu sagen, da reicht ein Fingerzeig auf die Uhr.
Ist natürlich sinnvoller, aber was passiert nicht alles in der Hektik.
Außerdem erfinden wir hier doch (oft angelehnt an real erlebte Situationen) verschärfte Szenarien und wollen sie regeltechnisch klar bekommen.
Jörg

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 16.12.2011, 18:06

Aber selbstverständlich kann Sschwarz einen illegalen Zug reklamieren. Wenn der SR dabei ist, wie hier vorausgesetzt, wird dieser ohnehin eingreifen. Die Bestrafung liegt in seinem Ermessen.
Jörg schreibt:
Er gewänne ja nicht, WEIL er einen illegalen Zug macht (was in diesem Szenario übrigens nicht mal bestraft würde, da er die Uhr nicht gedrückt hat!), sondern weil S die Zeit überschreitet.
Exakt! Allerdings rechnet ja auch der Gegner, was gezogen werden könnte. Wenn nun urplötzlich ein illegaler Zug kommt, kann man schon in Verlegenheit kommen. Der ggf. vorbereitete Zug ist nicht möglich und man muss ja erst mal erkennen, dass ein illegaler Zug gemacht wurde. Das kann wertvolle Zeit kosten und dann fällt das Blättchen …

Beobachtet allerdings ein SR das Szenario, würde ich wie folgt vorgehen:
1.Stelle ich fest –unabhängig vom Zugzähler- dass sowohl W als auch S 40 Züge ausgeführt haben.
2.Sehe ich, dass Schwarz zwar den 40 Zug ausgeführt hat, aber nicht abgeschlossen hat. Ich darf nicht eingreifen.
3. Weiß führt seinen 41.Zug aus, der allerdings nicht regelgerecht ist. Ich handle entsprechend. FIDE-Art.
13.1 Der Schiedsrichter achtet auf striktes Einhalten der Schachregeln.
und weise Weiß auf seinen Fehler hin. Die Bestrafung lasse ich hier mal weg.
Schwarz kann nun nicht mehr durch ZÜ verlieren, da mit der Ausführung des 41.Zuges von Weiß auch Schwarz die Zeitkontrolle geschafft hat.
So sehe ich das.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Eckart » 16.12.2011, 19:19

Georg Heinze hat geschrieben:Schwarz kann nun nicht mehr durch ZÜ verlieren, da mit der Ausführung des 41.Zuges von Weiß auch Schwarz die Zeitkontrolle geschafft hat.
Indem Weiß einen Zug ausführt, schafft Schwarz die Zeitkontrolle?

Unmöglich.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von jesre » 17.12.2011, 01:41

Ich sehe das wie folgt:
Laut der Schiedsrichterkommission ist
„Ein Spieler am Zug, wenn der Gegner unter Beachtung der Regeln des Art. 4.6 seinen Zug ausgeführt hat. Der Verweis auf Art. 6.7 ist dahin zu verstehen, dass der Spieler, der gezogen hat, in jedem Fall auch die Uhr drücken darf, selbst dann, wenn der Gegner seinerseits seinen Zug schon ausgeführt haben sollte.“

Daraus folgere ich, dass ein Spieler auch dann schon auf einen Zug antworten darf wenn sein Gegner noch nicht die Uhr gedrückt haben sollte. Er verliert damit nur die Berechtigung einer Reklamation.
Sollte ein Schiedsrichter diesen Vorgang beobachten, sollte er in einer „normalen“ Schachpartie das drücken der Uhren nachholen, besonders dann wenn nach Fischer Zeit gespielt wird.

Somit wurde der 40. Zug von Schwarz durch das ziehen von Weiß abgeschlossen, denn wenn Schwarz nun selbst einen Zug ausführt und die Uhr drücken würde, kann er ja nur den 41. Zug abschließen und nicht erst den 40. Zug. Oder ?

Ich würde auf weiterspielen entscheiden.

Man kann jedoch durchaus anderer Meinung sein, dieses Recht haben wir Schiedsrichter halt.

Gruß Jesre

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von hoppepit » 17.12.2011, 09:53

jesre hat geschrieben:Somit wurde der 40. Zug von Schwarz durch das ziehen von Weiß abgeschlossen, ....
Nein, garantiert nicht!!
Gruß, Peter
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Eckart » 17.12.2011, 11:50

jesre hat geschrieben:Sollte ein Schiedsrichter diesen Vorgang beobachten, sollte er in einer „normalen“ Schachpartie das drücken der Uhren nachholen, besonders dann wenn nach Fischer Zeit gespielt wird.
Das verstößt krass gegen Artikel 13.6:
FIDE-Regel Artikel 13.6 Satz 3 hat geschrieben:Der Schiedsrichter unterlässt es, einem Spieler mitzuteilen, dass sein Gegner einen Zug ausgeführt oder dass der Spieler die Uhr nicht betätigt hat.
Dem Schiedsrichter ist es somit ausdrücklich verboten, wegen Nichtbetätigen der Uhr einzugreifen, sei es, dass er den säumigen Spieler darauf aufmerksam macht, sei es, dass er, der Schiedsrichter, selber (!!) - so verstehe ich dich jedenfalls - die Uhr drückt!!
jesre hat geschrieben:Somit wurde der 40. Zug von Schwarz durch das ziehen von Weiß abgeschlossen, denn wenn Schwarz nun selbst einen Zug ausführt und die Uhr drücken würde, kann er ja nur den 41. Zug abschließen und nicht erst den 40. Zug. Oder ?
Der Beispielsfall ist aber so beschrieben, dass das Blättchen gefallen ist, noch bevor Schwarz die Uhr gedrückt hat. Dieser konkrete Fall liegt zur Beurteilung vor, da helfen Ausführungen wenig, wie es denn wäre, wenn er seinen 41. Zug ausführt und danach die Uhr drückt.

Insofern kommt es nicht darauf an, ob mit dem Drücken der Uhr nach dem 41. Zug nun
a) nachträglich nur der 40. Zug abgeschlossen,
b) oder ob damit der 40. und der 41. Zug zugleich abgeschlossen wird (zu dieser Ansicht tendiere ich)
c) oder ob nur der 41. Zug abgeschlossen wird und der 40. Zug somit auf Dauer unabgeschlossen bleibt. Selbst bei dieser letzten Betrachtungsweise c) wären auf jeden Fall die Züge 1 bis 39 und der Zug 41 abgeschlossen, so dass insgesamt auch dann 40 Züge abgeschlossen wären.
jesre hat geschrieben:Man kann jedoch durchaus anderer Meinung sein, dieses Recht haben wir Schiedsrichter halt.
Oh Mann, wenn ich so etwas lese ...
"Wir Schiedsrichter" .... bist du etwa vom DSB ausgebildeter Schiedsrichter?
Die Schiedsrichter haben keine voneinander divergierende "Meinungen" zu haben, sondern ganz strikt die FIDE-Regeln anzuwenden.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 17.12.2011, 14:01

Eckart hat geschrieben: Die Schiedsrichter haben keine voneinander divergierende "Meinungen" zu haben, sondern ganz strikt die FIDE-Regeln anzuwenden.
Den Satz kann man so aber nicht stehen lassen. Er hat seine absolute Richtigkeit, wenn die Regeln eindeutig definiert sind bzw. wenn es eine einheitliche Auslegung gibt. Das sollte auch in der größten Zahl der Streitfälle gegeben sein. Wenn also nach dem ausgeführten 40. Zug von Schwarz die Klappe fällt, bevor dieser die Uhr noch drücken konnte, dann gibt es nur die eine Entscheidung: Zeitüberschreitung mit den entsprechenden Konsequenzen. Leider gibt es Fälle, wo die Regeln nicht eindeutig sind und entsprechenden Interpretationsspielraum lassen. Da verlangt ja auch das Vorwort, die Regeln entsprechend anzuwenden und gibt dem SR den dazu notwendigen Freiraum. Und wo Freiraum ist, gibt es auch divergierende Ansichten.
Bestes Beispiel ist die Geschichte mit dem vergessenen Drücken im Fischermodus. Hier geht es für einen Spieler um wichtige 30 Sekunden. Wie Eckart aber richtig ausgeführt hat, ist es dem SR verboten, einen Spieler auf das Drücken der Uhr hinzuweisen. Die Regeln mit der Uhr wurden erstellt, als es den Fischermodus nicht gab. Er findet nach und nach Eingang in das Regelwerk und es wird wahrscheinlich aufgrund diverser Präzedenzfälle noch etliche Regeländerungen geben, fürchte ich.
1. Spielleiter
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Georg Heinze
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 17.12.2011, 14:21

Sollte ein Schiedsrichter diesen Vorgang beobachten, sollte er in einer „normalen“ Schachpartie das drücken der Uhren nachholen, besonders dann wenn nach Fischer Zeit gespielt wird.
Oweh – der SR soll in eine laufende Partie eingreifen???
Nur gut, dass es Eckart richtig gestellt hat!

Aber:
Die Schiedsrichter haben keine voneinander divergierende "Meinungen" zu haben, sondern ganz strikt die FIDE-Regeln anzuwenden.
So sollte es sein! Aber da ist wohl mehr der Wunsch der Vater des Gedanken.
Nun brauchen wir nur hier im SRK-Forum nachzulesen, welche unterschiedlichen Meinungen es gibt.
Lassen wir die offensichtlich wirklich falschen Aussagen weg, bleibt noch genügend an unterschiedlichen Meinungen.
Das liegt tlw. daran, dass die FIDE-Regeln nicht exakt und eindeutig formuliert sind, mitunter aber auch auf einen FIDE-Art. Bezug genommen wird, der für den konkreten Sachverhalt gar nicht gilt.
Dann haben/hatten wir noch die (Falsch-) Auslegung der Schiedsrichterkommission. Ich erinnere nur an den „Handyparagraphen, der nur ein 1 : 0 zuließ und sonst nichts. Oder an das Zulassen des „Schlagen des Königs“ im Blitzschach.

Nun nochmals zum hier dargestellten Sachverhalt:
6.2 a) Wenn eine Schachuhr benutzt wird, muss jeder Spieler eine Mindestzahl von Zügen oder alle Züge in einer bestimmten Zeitperiode ausführen,
Wenn Weiß bereits den 41.Zug ausgeführt hat, muss Schwarz wohl zwangsläufig 40 Züge ausgeführt haben. Es geht hier eindeutig um die Ausführung und nicht darum, wie viele Züge abgeschlossen wurden
6.3 Unmittelbar nach dem Fallen eines Fallblättchens müssen die Anforderungen nach Artikel 6.2 a) überprüft werden.
Im vorliegende Fall war Schwarz (sicher unstrittig) bereits vor der Ausführung seines 41.Zuges, als das Blättchen fiel.
6.8 Das Fallblättchen gilt als gefallen, wenn der Schiedsrichter dies beobachtet oder einer der Spieler zu Recht darauf hingewiesen hat.
Das ist ohnehin Voraussetzung.

Eine andere Auffassung kann m.E. nur aus FIDE-Art. 6.9. abgeleitet werden:
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.
Für mich heißt das, dass der für die Zeitkontrolle vorgeschriebene Zug (hier der 40.Zug) auch vollständig abgeschlossen sein muss. Die Ausführung des Zuges reicht hier nicht, es muss auch die Uhr betätigt werden.
Meiner Ansicht nach ist es paradox, wenn man hier auf 40 abgeschlossenen Zügen beharren wollte. Das würde nicht nur im Widerspruch zu 6.2. a) stehen, sondern bedeuten, dass Zugzähler (bei Digitaluhren) und notierte und damit ausgeführten Zügen übereinstimmen müsste. Bei Analoguhren wäre eine Kontrolle der tatsächlich nicht nur ausgeführten, sondern auch vollständig abgeschlossenen Zügen ohnehin nicht zu kontrollieren.

jesre
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von jesre » 17.12.2011, 17:06

Puhh, ich hatte vergessen das man hier (wenn man etwas postet) immer ganz weit ausholen muss damit es keine Schwierigkeiten gibt.
Also um es kurz zu machen, nein natürlich greife ich nicht in eine laufende Partie ein und teile das auch keinem Spieler mit. Ich war von
einer Unterbrechung der Partie wegen Reklamation ausgegangen.
Aber dafür das es ja nur „die eine Wahrheit“ im Regelwerk gibt, gehen die Meinungen doch recht auseinander.

Gruß Jesre

Georg Heinze
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 17.12.2011, 17:49

Jesre schrieb:
Aber dafür das es ja nur „die eine Wahrheit“ im Regelwerk gibt, gehen die Meinungen doch recht auseinander.
Ich hatte es bereits geschrieben: leider gibt es nicht nur "die eine Wahrheit" im Regelwerk und leider ist es so, dass diese "Wahrheit" manchmal auch unterschiedlich interpretiert werden kann bzw. wird.
Soweit ich es jetzt überblicke, ist wohl doch weitestgehend Einigung erzielt, wann eine ZÜ reklamiert werden kann und wann nicht. Wenn dem so ist, dann hat der "Gedankenaustausch" hier doch was erreicht.

JoergWeisbrod
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von JoergWeisbrod » 23.12.2011, 15:11

Ich kann noch keine Einigung sehen, oder liege ich falsch ?

Nochmal das Szenario:
1. Weiß zieht den 40. Zug und drückt die Uhr (Plättchen noch oben).
2. Schwarz (knapp an Zeit) zieht den 40. Zug und drückt nicht die Uhr.
3. Weiß zieht den 41. Zug (kann die Uhr nicht drücken).
4. Die Zeit von Schwarz fällt.

Frage: Hat Schwarz auf Zeit verloren ?
Immerhin hat er keine 40 Züge komplett abgeschlossen.

Es gibt, wie ich es sehe beide Lager, oder sogar drei, wenn man die (noch) Unschlüssigen (ich zähle mich dazu) mitrechnet.
M.E. ist der Fall zwar etwas an den Haaren herbeigezogen, jedoch von zentraler Bedeutung. Ich würde mir hier eine Klarstellung innerhalb der FIDE-Regeln wünschen.
Eindeutig folgern könnte ich hier aus 9.6 nur den Verlust auf Zeit.
Das Gegenteil, nämlich "40 Züge sind abgeschlossen" kann ich nicht sehen.
Klar ist natürlich, dass (mehr als) 40 Züge ausgeführt sind. Ich sehe aber den 9.6 als Detaillierung des 9.2.
Jörg

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Georg Heinze
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 23.12.2011, 16:47

Zunächst: es handelt sich um die Art. 6.9 und 6.2!
In gewisser Weise halte ich den Art. 6.9 für missverständlich:
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.
Exakter wäre:
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er den letzten Zug der vorgeschriebenen Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Hat inzwischen der Gegner einen Zug ausgeführt, gilt dies ebenfalls als erfüllt. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.
Ich hatte es bereits geschrieben: die im jetzigen Art. 6.9 gemachte Aussage kann sich nur auf den letzten Zug vor der Zeitkontrolle beziehen. Dieser Zug muss vollständig abgeschlossen sein, d.h., die Uhr als Teil des Zuges muss gedrückt werden!
Etwas anderes wäre ja widersinnig. Wer soll den zu diesem Zeitpunkt dafür sorgen, dass z.B. der 30. und 35.Zug abgeschlossen werden? Der Gegenspieler hat z.B. sofort gezogen, ehe man selbst die Uhr drücken konnte. Oder man hat es einfach vergessen. Das Ganze gäbe ohnehin nur bei Digitaluhren Sinn, bei denen man das anhand des Zugzählers feststellen könnte.
Also: Schwarz verliert nicht durch ZÜ, da Weiß inzwischen den 41.Zug ausgeführt hat und somit Schwarz bereits 40 Züge geschafft hat.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von hoppepit » 23.12.2011, 18:49

JoergWeisbrod hat geschrieben:Ich kann noch keine Einigung sehen, oder liege ich falsch ?

Nochmal das Szenario:
1. Weiß zieht den 40. Zug und drückt die Uhr (Plättchen noch oben).
2. Schwarz (knapp an Zeit) zieht den 40. Zug und drückt nicht die Uhr.
3. Weiß zieht den 41. Zug (kann die Uhr nicht drücken).
4. Die Zeit von Schwarz fällt.

Frage: Hat Schwarz auf Zeit verloren ?
Klare Antwort aus meiner Sicht: Ja!!
Vorausgesetzt die Reklamation kommt vom Spieler oder der SR hat es beobachtet.
Gruß, Peter
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von gervan » 23.12.2011, 21:26

Ich denke dass Problem ist noch grundlegender. Schließe ich mit einem Uhrendruck, alle vorherigen Züge ab?
Wenn Ja, verliere ich dann nciht das Recht die Uhr Doppelt zu drücken, wenn Nein, so müsste Das Uhrdrücken ja während der kompletten Partie festgehalten werden. Für diesen Fall finde ich die Formulierung von Georg Heinze gut, würde aber die Passage
" Hat inzwischen der Gegner einen Zug ausgeführt, gilt dies ebenfalls als erfüllt."
ändern, da diese so ausgelegt werden kann, dass die Verlustbedingung so ebenfalls erfüllt ist, was sicher nicht der Sinn des Halbsatzes sein sollte. Mein VOrschlag wäre.
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er den letzten Zug der vorgeschriebenen Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat.Ausgenommen von dieser Regelung ist ein Spieler,welcher seinen letzten, in dieser Zeitperiode abzuschließenden Zug ausgeführt hat und dessen Gegner danach mindestens einen Zug ausgeführt hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.
Ganz zufriden bin ich damit aber auch noch nicht. Vielleicht kann das noch jemand verbessern.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 23.12.2011, 21:50

Eine Frage an hoppepit: was wäre, wenn schwarz den 40.Zug ordnungsgemäß abgeschlossen hat, aber den 30. und 35. Zug nicht? Der Zügezähler würde dann bei Digitaluhren auf 38 stehen, bei Analoguhren entfällt eine Kontrolle.
Weitere Frage: was wäre denn, wenn Schwarz seinen 40.Zug nicht ordnungsgemäß abgeschlossen hat, Weiß aber seinen 41.Zug ausführt und Schwarz ebenfalls (mit Drücken der Uhr, also abgeschlossen). Nach der Ausführung des 42.Zuges von Weiß fällt bei Schwarz das Blättchen. Nunmehr wird kontrolliert und der Zügezähler steht bei 38! Schwarz hat also keine 40 Züge abgeschlossen. Auf dem Formular sind aber nachweislich 41 Züge notiert.

Bei der Vergegenwärtigung dieser Fragestellungen ist doch wohl klar, dass es bei 6.9 nicht darum gehen kann, wieviele Züge insgesamt abgeschlossen sein müssen (bei Analoguhren ohnehin hinfällig), sondern es geht nur um den letzten Zug vor der Zeitkontrolle.
Jetzt steht die Frage: wie lange kann die Partie noch weiter gehen, um eine berechtigte ZÜ zu reklamieren? Für mich ist nach dem nächsten ausgeführten Zug das Reklamationsrecht verwirkt. So wie ich hoppepit lese, erst später, aber wann dann?

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