Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

thomas.soergel
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 04.01.2012, 10:22

Zu Eckarts Anwürfen mal Folgendes: Unser Kreisspielleiter ist sicher nicht die "über allem schwebende Instanz", aber es spricht ja nichts dagegen, bei einem Mann der Praxis nachzufragen.
Es ist sicher korrekt, dass Artikel 6.9 existiert und auch seine Berechtigung hat. Aber wie gervan schreibt, führt Jörgs Fall zu einem Ergebnis, dass so sicher nicht gewollt ist.
Was ist denn, wenn z.B. Schwarz im 20. Zug vergessen hat, die Uhr zu drücken und der SR bekommt dies mit? Oder im Fischermodus mit Zugzähler wurde das Drücken einmal vergessen, so dass beide Spieler 40 Züge notiert, aber auf der Uhr 39 Züge stehen?
Es steht leider auch nirgends, dass mit dem Drücken der Uhr auch alle vorhergehenden unvollständig abgeschlossenen Züge jetzt vollständig abgeschlossen sind, auch wenn dies einige Schachfreunde hier so sehen, mich eingeschlossen.
Art. 6.2a schreibt vor, dass eine Mindestanzahl von Zügen innerhalb einer Periode auszuführen ist, von vollständig ausführen ist da nicht die Rede.
Die Frage ist, ob sich Art. 6.9 in diesem Beispiel nur auf den Zeitraum zwischen der Ausführung des 40. Zugs von Schwarz bis zum erstmaligen Drücken der Uhr durch Schwarz bezieht oder ob dieser Zeitraum mit der Ausführung des 41. Zuges von Weiß beendet ist, weil mit der Ausführung des 41. Zuges von Weiß zwangsläufig Schwarz 40 Züge ausgeführt hat, egal wie oft deren Ausführung vorher unvollständig war.
Daher wird klar, dass ich mir eben nicht widerspreche, wenn ich von der Annahme ausgehe, dass Art. 6.9 nur bis zur Ausführung des 41. Zuges von Weiß geht. Vor der Ausführung des 41. weißen Zuges verliert Schwarz, weil er die Uhr noch nicht gedrückt hat, egal, ob er nach Ausführung seines 40. Zuges nicht mehr rechtzeitig drücken kann oder ob er es vergessen hat. Dies ist sicher unstrittig.
Der Streit beginnt mit der Frage, ob Schwarz nach Zeit verlieren kann, wenn er sich bei Blättchenfall nachweislich im 41. Zug befindet.
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 04.01.2012, 11:48

gervan schrieb:
Die Frage ob Die Partie verloren ist ist ja einfach nur eine Frage der Philosophie.
Nein, weder in dem hier zur Debatte stehenden Fall, noch ansonsten ist es eine Frage der Philosophie, sondern der Schachregeln.
Allerdings sind diese mitunter nicht ganz eindeutig und lassen sich (leider) unterschiedlich interpretieren.
gervan schrieb:
Die Frage, wann ein Zug abgeschlossen ist wirft ein viel größeres Problem auf.
Was soll denn dieser Satz?
6.7 a) Während der Partie hält jeder Spieler, nachdem er seinen Zug auf dem Schachbrett ausgeführt hat, seine eigene Uhr an und setzt die seines Gegners in Gang. Einem Spieler muss es immer ermöglicht werden, seine Uhr anzuhalten. Sein Zug gilt als nicht vollständig abgeschlossen, solange er das nicht getan hat, es sei denn, der ausgeführte Zug hat die Partie beendet (siehe Artikel 5.1a, 5.2a, 5.2b, 5.2c und 9.6).
Ein Zug ist nur dann vollständig abgeschlossen, wenn auch die Uhr betätigt wurde, ansonsten zählt er nur als ausgeführt. Bezeichnungen wie "gemacht", "geschafft" o.ä. gibt es in den FIDE-Regeln nicht ud führen nur zu Verwirrung.
Für den hier beschriebenen konkreten Fall heißt das:
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat.
Es ist im vorliegenden Fall klar, dass schwarz seinen 40.Zug nicht vollständig abgeschlossen hat. Daran ändert auch nichts, dass weiß sofort den 41. Zug ausgeführt hat. Schwarz hätte auch jetzt noch die Uhr betätigen können! Wenn ein SR das alles beobachtet, muss er nach dem Blättchenfall sofort kontrollieren, ob nach 6.9 die 40 abgeschlossenen Züge erfüllt sind. Er weiß aber nun, dass eben dies nicht erfüllt ist. Soll er da in philosophische Betrachtungen verfallen oder einfach nach 6.9 entscheiden?
M.E. ist es aber anders, wenn der SR das nicht selbst beobachtet, sondern herbeigerufen wird und die Situation zwischen den Beteiligten strittig ist.
Ich denke, dass Eckart mit seinen Ausführungen all das schon eindeutig beantwortet hat.

Zu thomas.soergel:
Ich hatte es bereits geschrieben, dass der Art. 6.9 in seiner jetzigen Fassung zu Missdeutungen führen kann.
M.E. ist nicht genügend berücksichtigt, inwieweit Unterschiede zwischen Digital- und Analoguhren existieren. Bei Analoguhren käme niemand auf die Idee, zu kontrollieren, ob bspw. der 25. oder 30.Zug "vollständig abgescklossen" oder nur "ausgeführt" wurde. Mit dem jeweils nächsten Zug ist der vorhergehende Zug Geschichte.
Warum soll das nun bei Digitaluhren anders sein? Nur weil es hier einen "Zügezähler" gibt?
Leider ist auch Art. 6.2 missverständlich, weil hier nur von "ausgeführten" Zügen die Rede ist und nicht von "vollständig abgeschlossenen" Zügen.
Was nun die konkrete Situation betrifft, hat schwarz grob fahrlässig gehandelt (siehe auch 6.7 a), indem er seinen 40.Zug nicht mit dem Drücken der Uhr auch vollständig abschließt. Die entstehenden Konsequenzen muss er dann auch selbst tragen.Würde weiß nichts unternehmen, verliert schwarz fraglos durch ZÜ. Zieht aber nun weiß sofort (was zulässig ist), da er selbst auch in Zeitnot ist, soll das nun das Nichtdrücken der Uhr von schwarz heilen? Immerhin hätte schwarz ja immer noch die Möglichkeit ... Nein, wenn ein SR dabei ist und das alles beobachtet, kann er nicht die Augen zumachen, sondern muss nach 6.9 entscheiden (und nicht nach 6.2, denn eine Zeitgutschrift gibt es nicht mehr.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 04.01.2012, 12:30

Ich denke, Georg Heinze hat es auf den Punkt gebracht, die Art. 6.2a und 6.9 sind teilweise mißverständlich oder unvollständig. In so einem Fall wird es dann immer Streit zwischen Regelexperten geben, je nachdem, ob man sich wortgenau an den Text klammert oder sich nach dem richtet, was der Spielgedanke sein könnte. Nach meiner Interpretation also: Wer nach seinem 40. Zug nicht rechtzeitig die Uhr drückt, hat auf Zeit verloren, wer sich im 41. Zug befindet, muss die Zeitkontrolle geschafft haben.
Die entscheidende Frage ist eigentlich die: Heilt der erneute Wechsel des Zugrechts von Weiß zu Schwarz die Unvollständigkeit des letzten schwarzen Zuges?
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 04.01.2012, 14:06

thomas.soergel schrieb:
Die entscheidende Frage ist eigentlich die: Heilt der erneute Wechsel des Zugrechts von Weiß zu Schwarz die Unvollständigkeit des letzten schwarzen Zuges?
Das ist die Frage! Ich meine, nein.
Nicht der Wechsel des Zugrechts ist aber die entscheidende Frage. Weiß darf, muss aber nicht ziehen. Schwarz muss aber seinen 40.Zug volständig abschließen, entweder sofort nach Ausführung oder eben später, sobald er es bemerkt. Es kann ja nicht sein, dass, je nachdem, ob weiß nun sofort zieht oder eben wartet, das Ergebnis von schwarz davon abhängig ist. Schließlich begeht nicht weiß, sondern schwarz eine Regelwidrigkeit und der SR kann nicht nur, er muss eingreifen.
Da kann schwarz nur hoffen, dass er an einen SR gerät, der nicht auf ZÜ plädiert.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von guhl » 04.01.2012, 15:08

Schwierige Situation, für mich noch schwerer nachzuvollziehen, als für die Profis hier, aber ich denke, dass Georg Heinze recht hat, vor allem bezüglich Art. 6.9, auch wenn das mich für ziemlich skuril ist.

Ich hoffe, dass es nicht noch verzwickter wird, wenn ich eine Zwischenfrage stelle:

Was passiert, wenn zwischendrin (z. B. der 20. Zug) ausgeführt, aber nicht vollständig abgeschlossen wird und dann im 41. Zug das Blättchen fällt? Ist es dann auch verloren? Hinkt man dann quasi mit dem Züge abschließen immer einen Zug hinter her oder ist bloß der Zug zwischendrin (der 20.) nicht abgeschlossen?

(O. K. gut, ich gebe es zu, es ist dann noch doch mehr als eine Zwischenfrage. (Falls es zu schwierig wird, meinen Kommentar einfach überlesen :-) Danke))

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 04.01.2012, 16:03

Die Frage mit den nicht abgeschlossenen Zügen vor dem 40. Zug hatten ja auch schon mehrere aufgeworfen. In Art. 6.9 steht, dass eine bestimmte Anzahl von Zügen in einer bestimmten Zeit (hier also 40 Züge in 2 h) vollständig abgeschlossen sein müssen. Nimmt man das wörtlich, dann zählt jeder Zug, bei dem die Uhr nicht gedrückt wurde, nicht dazu. Beobachtet also der SR, dass Schwarz im 20 Zug nicht die Uhr gedrückt hat, müsste er genauso reklamieren, selbst wenn Schwarz nach dem 40. Zug die Uhr gedrückt hat. Das kann es ja wohl nicht sein.
Das Problem an den FIDE-Regeln ist, dass sie meist nur den Idealfall und vielleicht einen Fehlerfall abdecken, nicht aber die Folgefehler.

Um die Geschichte auf die Spitze zu treiben, dann noch der folgende Fall: Schwarz führt mit noch 15 Minuten Bedenkzeit den 39. Zug aus und drückt nicht die Uhr. Weiß mit 5 Sekunden Bedenkzeit führt den 40. Zug aus, sieht dass die Zeit von Schwarz läuft und macht daher nichts. Schwarz führt nach 5 Minuten weiteren Überlegens seinen 40. Zug aus und drückt die Uhr. Weiß, wissentlich durch Mitstricheln im 41. Zug, überlegt jetzt und es fällt seine Zeit.
Nach dem, was hier geschrieben wurde, hat Weiß jetzt durch Zeitüberschreitung verloren, da er seinen 40. Zug nicht abgeschlossen hat bzw. nicht abschließen konnte. Der erste Fehler kam von Schwarz und Weiß soll dafür büßen?
Ich halte das auf jeden Fall nicht für korrekt.
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 04.01.2012, 16:28

guhl schreibt:
Was passiert, wenn zwischendrin (z. B. der 20. Zug) ausgeführt, aber nicht vollständig abgeschlossen wird und dann im 41. Zug das Blättchen fällt? Ist es dann auch verloren? Hinkt man dann quasi mit dem Züge abschließen immer einen Zug hinter her oder ist bloß der Zug zwischendrin (der 20.) nicht abgeschlossen?
Die Frage ist ja nicht abwegig und ich hatte mich bereits dazu geäußert.
Es gibt im FIDE-Regelwerk nur an 2 Stellen hinsichtlich der Bedenkzeit Regelungen für den „abgeschlossenen“ Zug und zwar in den Art. 6.9 und 7.4 a), ansonsten ist von „ausgeführten“ Zügen die Rede.
Ich interpretiere die Regeln so, dass 40 Züge ausgeführt sein müssen (entspr. 6.2 a), wobei aber der letzte Zug vor der Zeitkontrolle (hier der 40.Zug) entspr. 6.9 auch vollständig abgeschlossen sein muss. Es reicht hier nicht, den Zug nur auszuführen und vor dem Uhr drücken fällt das Blättchen.
Bei Analoguhren ist ohnehin nicht feststellbar, wie viele von den „ausgeführten“ Zügen auch abgeschlossen waren und der Zügezähler bei Digitaluhren ist kein Beweis. Notfalls ist dieser vom SR zu korrigieren, wenn wirklich die Uhr nicht immer betätigt wurde.
Wir müssen uns auch mal folgende Situation vergegenwärtigen:
Der Schwarz-Spieler führt seinen 40.Zug aus, vergisst aber die Uhr zu drücken. Weiß will seinen 41.Zug ausführen, fasst eine Figur an oder ist bei der Bauernumwandlung oder macht einen illegalen Zug und nun fällt das Blättchen bei schwarz – also ZÜ. Es kann doch nicht sein, dass schwarz nur deswegen nicht verlieren sollte, weil weiß einen Zug ausführen wollte oder eben auch hat. Nein, schwarz hat seinen 40.Zug nicht abgeschlossen, somit fehlerhaft gehandelt und dafür wird er hart bestraft!
Was heißt aber hart? Wenn schwarz noch soviel Material mehr hat, wenn das Blättchen fällt und es liegt ZÜ vor, verliert er eben auch.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von hoppepit » 04.01.2012, 17:46

thomas.soergel hat geschrieben:Um die Geschichte auf die Spitze zu treiben, dann noch der folgende Fall: Schwarz führt mit noch 15 Minuten Bedenkzeit den 39. Zug aus und drückt nicht die Uhr. Weiß mit 5 Sekunden Bedenkzeit führt den 40. Zug aus, sieht dass die Zeit von Schwarz läuft und macht daher nichts. Schwarz führt nach 5 Minuten weiteren Überlegens seinen 40. Zug aus und drückt die Uhr. Weiß, wissentlich durch Mitstricheln im 41. Zug, überlegt jetzt und es fällt seine Zeit.
Wenn Schwarz seinen 40. Zug (mit Blättchen oben) abgeschlossen hat, ist meines Erachtens die Zeitkontrolle erledigt/beendet!
Folglich kann Weiß nicht mehr durch ZÜ verlieren.
Vorausgesetzt man teilt meine Meinung, daß durch das Abschließen eines Zuges ein vorheriger nicht abgeschlossener Zug (nachträglich) mit abgeschlossen wird.
Georg Heinze hat geschrieben:Nicht der Wechsel des Zugrechts ist aber die entscheidende Frage. Weiß darf, muss aber nicht ziehen. Schwarz muss aber seinen 40.Zug volständig abschließen, entweder sofort nach Ausführung oder eben später, sobald er es bemerkt. Es kann ja nicht sein, dass, je nachdem, ob weiß nun sofort zieht oder eben wartet, das Ergebnis von schwarz davon abhängig ist.
Genau aus diesem Punkt habe ich von Anfang an auf ZÜ plädiert.
Gruß, Peter
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von gervan » 05.01.2012, 05:11

@ Georg Heinze
Zitat:
Die Frage, wann ein Zug abgeschlossen ist wirft ein viel größeres Problem auf.

Was soll denn dieser Satz?


Ich wollte mit diesem Satz darauf hinweisen, das wir hier meines Erachtens das falsche Problem diskutieren, oder zumindest hauptsächlich diskutieren.

Es scheint hier im wesentlichen ja darum zu gehen, ob 40 Züge abgeschlossen sein müssen. oder ob ein Zug nach dem 40. abgeschlossen sein muss. Dieses Problem ist aber durch eine leichte Umformulierung der Regeln zu beheben.

Im Rahmen dieser Diskussion kommt die Frage auf, ob ein Uhrdrücken, alle vorherigen Züge abschießt. Dies ist aber meines erachtens das diskussionswürdigere Problem, weil beide Auslegungen zu Problemen führen.
Falls „JA“, Worauf basiert dann das Recht die Uhr mehrfach zu drücken wenn es vorher unterlassen wurde. Was ja bei Spielen mit Zeitgutschrift wichtig ist.
Falls „Nein“ müsste dann tatsächlich über den Abschluss der Züge Buch geführt werden?

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von JoergWeisbrod » 05.01.2012, 15:38

hoppepit hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben:Um die Geschichte auf die Spitze zu treiben, dann noch der folgende Fall: Schwarz führt mit noch 15 Minuten Bedenkzeit den 39. Zug aus und drückt nicht die Uhr. Weiß mit 5 Sekunden Bedenkzeit führt den 40. Zug aus, sieht dass die Zeit von Schwarz läuft und macht daher nichts. Schwarz führt nach 5 Minuten weiteren Überlegens seinen 40. Zug aus und drückt die Uhr. Weiß, wissentlich durch Mitstricheln im 41. Zug, überlegt jetzt und es fällt seine Zeit.
Wenn Schwarz seinen 40. Zug (mit Blättchen oben) abgeschlossen hat, ist meines Erachtens die Zeitkontrolle erledigt/beendet!
Folglich kann Weiß nicht mehr durch ZÜ verlieren.
Vorausgesetzt man teilt meine Meinung, daß durch das Abschließen eines Zuges ein vorheriger nicht abgeschlossener Zug (nachträglich) mit abgeschlossen wird.
Meines Erachtens verliert dann konsequenterweise hier Weiß, weil er seinen 40. Zug nicht abgeschlossen hat.
Er hätte, obwohl am Zug (im 41.) ohne zu ziehen die Uhr drücken dürfen und um die ZÜ zu vermeiden, auch sollen!

Ich glaube, dass man aus den FIDE-Regeln folgern kann, dass mit einem abgeschlossenen Zug auch alle vorigen, bisher nicht abgeschlossenen Züge abgeschlossen werden:
6.7a)
Während der Partie hält jeder Spieler, nachdem er seinen Zug auf dem Schachbrett
ausgeführt hat, seine eigene Uhr an und setzt die seines Gegners in Gang. Einem
Spieler muss es immer ermöglicht werden, seine Uhr anzuhalten. Sein Zug gilt als
nicht vollständig abgeschlossen, solange er das nicht getan hat, es sei denn, der
ausgeführte Zug hat die Partie beendet (siehe Artikel 5.1a, 5.2.a, 5.2.b, 5.2.c und
9.6).

und 7.4a)
Wenn während einer Partie festgestellt wird, dass ein regelwidriger Zug, unter
Einschluss einer nicht den Regeln entsprechenden Bauernumwandlung oder dem
Schlagen des gegnerischen Königs, vollständig abgeschlossen wurde, wird die
Stellung unmittelbar vor dem Regelverstoß wiederhergestellt.


6.7a) regelt zwar nur, wie lange ein Zug nicht abgeschlossen ist, aber da nirgends steht, wann er abgeschlossen ist,
dürfte der Umkehrschluss erlaubt sein:
Er ist abgeschlossen, wenn er ausgeführt und nicht mehr laut 6.7a) als "nicht abgeschlossen" gilt.
Daher schließt man ggf. die letzten paar Züge mit einem Drücken der Uhr ab.

A4c) und B3c) für Schnell- und Blitzschach sind so formuliert, dass das Drücken der Uhr auf jeden Fall den letzten ausgeführten Zug abschließt, wenigstens dann, wenn er regelwidrig ist.
Warum sollte es für regelgemäße Züge anders sein ?
Warum sollte es für Turnierschach anders sein ?

und 7.4a): Wenn ein Spieler im 20. Zug einmal nicht die Uhr drückt und im 30. Zug einen regelwidrigen Zug macht und die Uhr drückt, sagen wir jetzt auch, dass das letzte Drücken der Uhr nicht den 30., sondern den 29. Zug abgeschlossen hat und er ein weiteres Mal die Uhr drücken muss, bis die Stellung zurückgesetzt werden kann ?
Nein! Auch hier unterbrechen wir schon nach dem Drücken der Uhr direkt nach Ausführung des 30. Zuges, um die Partie wegen des illegalen Zuges zurückzustellen.

Aus all dem folgere ich, dass ein Drücken der Uhr den letzten und alle zuvor nicht abgeschlossenen Züge abschließt.

Nirgends steht, dass pro Zug einmal die Uhr gedrückt werden muss, damit dieser Zug abgeschlossen ist. Ich kann 40 Züge ausführen, ohne die Uhr zu drücken. Wenn ich dann einmal drücke, habe ich 40 abgeschlossene Züge, auch wenn der Zugzähler einer Digitaluhr nur 1 anzeigt!
Man hinkt also nicht hinterher! Lediglich der letzte (oder mehrere letzte) Züge sind noch nicht abgeschlossen, aber ein Drücken der Uhr reicht, um alles "aufzuholen".
gervan hat geschrieben:Im Rahmen dieser Diskussion kommt die Frage auf, ob ein Uhrdrücken, alle vorherigen Züge abschießt. Dies ist aber meines erachtens das diskussionswürdigere Problem, weil beide Auslegungen zu Problemen führen.
Falls „JA“, Worauf basiert dann das Recht die Uhr mehrfach zu drücken wenn es vorher unterlassen wurde. Was ja bei Spielen mit Zeitgutschrift wichtig ist.
Es gibt kein Recht, die Uhr mehrfach zu drücken, wenn es vorher unterlassen wurde. Das kann man nur einmal für eine Menge von aufeinanderfolgenden Zügen machen, für die bisher das Drücken unterlassen wurde; und das aber eben selbst dann, wenn der Gegner schon wieder gezogen hat, obwohl seine Uhr (noch) nicht lief.
Also für mich bleibt es trotzdem bei der Auslegung "JA".
Jörg

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 05.01.2012, 18:50

Ich denke, Jörg hat es ausführlich dargestellt, was zu "abgeschlossenen" Zügen zu sagen ist.
Es geht ohnehin nur bei 2 Problemen um den "vollkommen abgeschlossenen" Zug: bei illegalen Zügen und eben bei der Zeitkontrolle.
Vielleicht noch 2 Ergänzungen: es käme doch niemand auf die Idee, einen bei der Rekonstruktion einer Partie festgestellten illegalen Zug daraufhin zu prüfen, ob genau dieser Zug auch "vollständig abgeschlossen" wurde. Ab diesem Zug ist die Partie weiter zu spielen.
Weiterhin hatte ich schon mehrfach ausgeführt, dass eine nachträgliche Kontrolle bei Analoguhren ohnehin nicht möglich ist. Mit dem nächsten regulär ausgeführten Zug, der auch "vollständig abgeschlossen" wurde, ist das "Problem" kein Problem mehr. Vielleicht rührt manche unpräzise Regelung noch von daher?

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 09.01.2012, 11:56

Ich habe auf unserer KEM mal die beiden SR gefragt, einer davon immerhin NSR. Beide waren der Meinung, wenn erst im 41. Zug das Blättchen fällt, kann man nicht durch Zeitüberschreitung verloren haben. Wenn Weiß also seinen 41. Zug ausgeführt hat ist damit auch der 40. Zug von Schwarz vollständig abgeschlossen.
Denn wenn der 41. Zug von Weiß ausgeführt ist, ist Schwarz am Zug und zwar im 41. Dies ist im übrigen auch meine Ansicht.
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Eckart » 09.01.2012, 12:02

Wieder nichts als apodiktische Behauptungen ohne Bezugnahme aufs Regelwerk.
thomas.soergel hat geschrieben:Ich habe auf unserer KEM mal die beiden SR gefragt, einer davon immerhin NSR.
Und wie wurde gefragt? Suggestiv formuliert, oder mit Hinweis auf die bisherigen Erörterungen und mit Regelheft in der Hand?
thomas.soergel hat geschrieben:Wenn Weiß also seinen 41. Zug ausgeführt hat ist damit auch der 40. Zug von Schwarz vollständig abgeschlossen.
Dass durch Ausführung eines Zuges auf dem Brett ein Zug vollständig abgeschlossen werden könne, findet im Regelwerk keine Stütze, sondern steht im krassen Gegensatz zu Artikel 6.7 a).
thomas.soergel hat geschrieben:Denn wenn der 41. Zug von Weiß ausgeführt ist, ist Schwarz am Zug und zwar im 41.
Ach nee, hat in dieser Diskussion irgendwer etwas anders behauptet?
Natürlich ist Schwarz dann "am Zug" und zwar "am 41. Zug", wenn man so will. Ob ein Zug vollständig abgeschlossen ist, hat aber damit, wer gerade am Zug ist, nichts zu tun, wie nun doch schon verschiedentlich dargelegt worden ist.

Mir scheint, dass der elementare Unterschied zwischen "einen Zug ausführen/ am Zuge sein" einerseits und "einen Zug vollständig abschließen" immer noch nicht verstanden worden ist, auch nicht von dem Herrn NSR auf der KEM.

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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von thomas.soergel » 10.01.2012, 09:40

Ich habe natürlich auch den Artikel 6.7 erwähnt, auch, dass der 40. Zug nicht vollständig abgeschlossen war. Mir hier zu unterstellen, ich hätte suggestiv gefragt, ist alleine schon eine Unverschämtheit, die ich von Ihnen aber gewohnt bin. Und im übrigen, ich messe unserem Kreisspielleiter in solchen Fragen mehr Kompetenz bei als Ihnen. Ist ja auch in anderen Sportarten so, dass die SR, die Lehrgänge halten, vermeintlich anders pfeiffen, als es in den Regeln steht. Wenn man selbst wieder am Zug ist, dann muss der letzte Zug ja vollständig abgeschlossen sein. Man kann doch nicht selber am Zug sein und gleichzeitig ist der letzte eigene Zug noch offen.
Ich folge also der Interpretation unseres KEM und NSR, wonach die Ausführung des 41. Zuges von Weiß zur Folge hat, dass der 40. Zug von Schwarz damit als vollständig abgeschlossen gilt.
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Re: Zeitkontrolle: 41 Züge ausgeführt, aber nur 39 abgeschlossen

Beitrag von Georg Heinze » 11.01.2012, 10:57

Es sind also 2 unterschiedliche Meinungen festzustellen:
Schwarz verliert durch ZÜ oder eben nicht, weil er 40 Züge ausgeführt hat.
Ich will hier nicht der "Ober-SR" sein, sondern nur noch mal die Meinungen gegenüberstellen.

Hier nochmals die maßgeblichen FIDE-Artikel:
6.7 a) Während der Partie hält jeder Spieler, nachdem er seinen Zug auf dem Schachbrett ausgeführt hat, seine eigene Uhr an und setzt die seines Gegners in Gang. Einem Spieler muss es immer ermöglicht werden, seine Uhr anzuhalten. Sein Zug gilt als nicht vollständig abgeschlossen, solange er das nicht getan hat, es sei denn, der ausgeführte Zug hat die Partie beendet (siehe Artikel 5.1a, 5.2a, 5.2b, 5.2c und 9.6).
Die Zeit zwischen der Ausführung des Zuges auf dem Schachbrett und dem Anhalten der eigenen und dem In-Gang-Setzen der gegnerischen Uhr gilt als Teil der Bedenkzeit des betreffenden Spielers.
6.9 Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 a), 5.1 b), 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spieler durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen matt zu setzen.
6.2 a) Wenn eine Schachuhr benutzt wird, muss jeder Spieler eine Mindestzahl von Zügen oder alle Züge in einer bestimmten Zeitperiode ausführen, und / oder es darf ihm pro Zug eine zusätzliche Bedenkzeit zugeteilt werden. All dies muss im Voraus bekannt gegeben werden.
Es ist wohl unzweifelhaft, dass schwarz den 40.Zug nicht vollständig abgeschlossen hat.
Hätte weiß nicht seinerseits einen Zug ausgeführt, hätte schwarz sowohl nach 6.7. a) als auch nach 6.9 durch ZÜ verloren. Das ist wohl unstrittig.
Schwarz hat einen Regelverstoß begangen, indem er seinen 40.Zug ausgeführt hat, aber nicht die gegnerische Uhr in Gang gesetzt hat. (6.7 a). Hier steht auch, dass es ihm ermöglicht werden muss, jederzeit seine Uhr anzuhalten. Wenn also weiß auf den 40.Zug von schwarz so schnell gezogen hat, dass schwarz nicht mehr dazu kam, die Uhr zu drücken, hätte er es danach noch tun können, nein müssen!

Worauf stützt sich nun die Meinung, dass schwarz nicht durch ZÜ verliert?
Es gibt den FIDE-Art. 6.2 a), der fordert, dass eine Mindestzahl von Zügen (hier also 40) ausgeführt sein muss. Das ist zweifellos der Fall, zumal weiß inzwischen den 41.Zug ausgeführt hat.
Wenn also ein SR sich darauf stützt und auf „weiterspielen, keine ZÜ“ entscheidet, ist ihm sicher kein Vorwurf zu machen.
Die Ausführung des 41.Zuges von weiß hat danach sozusagen den Sachverhalt des „nicht vollkommen abgeschlossenen“ 40.Zuges von schwarz „geheilt“.
Die Frage ist nun, ob das tatsächlich so ist.
Würde Art.6.2 a) z.B. lauten:
6.2 a) Wenn eine Schachuhr benutzt wird, muss jeder Spieler eine Mindestzahl von Zügen oder alle Züge in einer bestimmten Zeitperiode ausführen und vollkommen abschließen und / oder es darf ihm pro Zug eine zusätzliche Bedenkzeit zugeteilt werden. All dies muss im Voraus bekannt gegeben werden.
Dann wäre es im gegebenen Fall eindeutig, schwarz hat eben nicht 40 Züge vollständig abgeschlossen, sonder nur 39!
Andererseits würde es aber Probleme geben, wenn z.B der 25. und 30.Zug nicht vollkommen abgeschlossen wären, denn dann würde der Zügezähler ja nur 38 anzeigen. Dann würde schwarz, obwohl vielleicht der 40.Zug ausgeführt und vollkommen abgeschlossen wurde, wegen ZÜ verlieren, da er es versäumt hat, weitere 2 Züge "vollkommen abzuschließen".
Das wäre ein Unding, würde es doch bedeuten, laufend den Zügezähler zu kontrollieren und bei Analoguhren ist es ohnehin nicht nachprüfbar.
Um auch diesem Sachverhalt gerecht zu werden, müsste 6.2 a) wie folgt lauten:
6.2 a) Wenn eine Schachuhr benutzt wird, muss jeder Spieler eine Mindestzahl von Zügen oder alle Züge in einer bestimmten Zeitperiode ausführen und den letzten Zug vor der Zeitkontrolle vollkommen abschließen und / oder es darf ihm pro Zug eine zusätzliche Bedenkzeit zugeteilt werden. All dies muss im Voraus bekannt gegeben werden.
M.A. nach ist deshalb der Art. 6.2 a) in der vorliegenden Fassung nicht geeignet, die geforderte Zügezahl zu überprüfen, insbesondere was den letzten Zug vor der Zeitkontrolle anbelangt, sondern dafür haben wir ja 6.7 a) und 6.9!
Es ist ja nicht so, dass weiß einen Regelverstoß begangen hat, er kann sofort gegenziehen, zumal in der Zeitnotphase. Der Verstoß liegt bei schwarz!
Soll schwarz nur deswegen nicht durch ZÜ verlieren, weil weiß inzwischen einen Zug ausgeführt hat und nicht gleich seelenruhig auf den Blättchenfall wartet?

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