"Dann wird die Partie fortgesetzt."
sachgemäß zu ermitteln.
Man findet diese Formulierung an vielen Stellen in den FIDE-Regeln. Allen ist gemein, dass es irgendeine Unkorrketheit gab oder ein Antrag gestellt wurde, über den der Schiedsrichter zu befinden hat. Ich greife nur eine heraus:Georg Heinze hat geschrieben:Ich sehe hier eine gewisse Analogie zu anderen Artikeln, wo ebenfalls die "Fortsetzung der Partie" genannt wird, so bspw. 6.11 a):
7.1 b) Wenn während einer Partie festgestellt wird, dass das Brett nicht gemäß Artikel 2.1 ausgelegt worden ist, wird die Partie fortgesetzt, aber die erreichte Stellung muss auf ein korrekt liegendes Schachbrett übertragen werden.
Niemand käme auf die Idee, hier den Begriff der "Fortsetzung" so zu interpretieren, dass der am Zuge befindliche Spieler auf jeden Fall einen Zug ausführen müsse und ihm deswegen das Stellen eines Antrages, zum Beispiel nach Art. 9.2, verwehrt sei.
"Fortsetzung der Partie" ist nichts weiter als der Gegenbegriff zu "Partie ist beendet".
Warum soll mit "Dann wird die Partie fortgesetzt." in Art. 9.5 b) Satz 2 etwas anderes gemeint sein? Ergo sehe ich keinen Anhaltspunkt dafür, die Zulässigkeit eines Antrages nach Art. 9.2 a) in Frage zu stellen, nur weil unmittelbar vorher ein Antrag nach Art. 9.2 b) als unbegründet abgelehnt worden ist.
Wie JoergWeisbrod ausführt, könnte ein Spieler, wenn ihm danach ist, mehrere Anträge auf einmal stellen, auch nach Art. 9.3 oder Art. 10.2.
"Ein" könnte statt der Einzahl auch einfach nur den unbestimmten Artikel darstellen. Dadurch ist doch nicht ausgeschlossen, dass ein Spieler zunächst einen Antrag stellt und danach noch einmal einen Antrag stellt. Es spricht nichts dagegen, dass er im Laufe einer Partie denselben Antrag mehrmals stellt.Chlodwig hat geschrieben:Im Artikel 9.2 steht nicht "maximal zwei Anträge", sondern "ein", was ja Einzahl bedeutet.
Deswegen wird das Stellen eines unzulässigen oder unbegründeten Antrages mit einer Zeitgutschrift für den Gegner bestraft. Die Regeln schaffen also schon einen genügenden Anreiz, nicht zu raten.Chlodwig hat geschrieben:Schach ist doch kein Ratespiel!
Artikel 1.1 bestimmt, dass beide Spieler abwechselnd ziehen. Ein Zug von Weiß - ein Zug von Schwarz - ein Zug von Weiß usw.Chlodwig hat geschrieben:Ich kann doch auch nicht sagen: "Es fällt mir so schwer mich zwischen 1. c4 und 1. Sf3 zu entscheiden, ich mach einfach beide Züge auf einmal. Ist ja nur ein Halbzug mehr."! Das geht natürlich nicht, weil die entsprechenden Regeln hierfür eindeutig sind, aber diese Situation wäre ja äquivalent: Es geht um die Entscheidung über einen bzw. zwei Halbzüge.
Für das Stellen von Anträgen fehlt eine entsprechende Einschränkung.
Der Vergleich trägt also nicht.
Ich sehe keinen Präzisierungsbedarf. Ermessensspielraum hat der Schiedsrichter in der Tat nicht. Die richtige Auslegung des Satzes "Dann wird die Partie fortgesetzt." hat aber mit dem Begriff "Ermessensspielraum" nichts zu tun.Chlodwig hat geschrieben:Da stimme ich Dir zu, auch wenn mir von einem anderen Schiri (außerhalb dieses Forums) erklärt wurde, dass es für den Schiri in diesem Punkt (9.2) keinen Ermessensspielraum gebe. Ich sehe für den Artikel einen kleinen, wenn auch nötigen Präzisierungsbedarf.
Auch Regelkenntnis ist keine Garantie dafür, keine Fehlentscheidung zu treffen.Chlodwig hat geschrieben:Und keine Sorge: Der Schiri kennt die Regeln und wusste, was er tat. Seine Schiri-Ausbildung liegt erst ein paar Monate zurück.