Darf man während der Partie über Regeln sprechen

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gervan
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Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von gervan » 11.04.2012, 21:29

Ich habe da mal eine Frage. Dass man sich nicht überlaufende Partien unterhält ist klar. Wie sieht es aber mit Tipps die Regeln betreffend aus. Darf man einem Anfänger erklähren, dass er nach 50 Zügen ohne geschlagene Figur oder gezogenen Bauern Remis reklamieren darf, oder dass er mit unter 2 Minuten auf der Uhr DK vs DK einen Remisantrag stellen darf ?

dfuchs
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Re: Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von dfuchs » 11.04.2012, 22:08

Du darfst meiner Meinung nach sagen und auf eine Frage auch entsprechend antworten, dass nach 50 Zügen ohne Schlagfall oder Bauernzug Remis beantragt werden darf.

Du darfst nicht sagen oder auf eine entsprechende Frage antworten, dass der Spieler jetzt Remis beantragen könnte.

Ersterer Fall ist meiner Meinung nach eine erlaubte Regelerläuterung.
Letzterer Fall ist meiner Meinung nach eine unerlaubte Hilfestellung.

Grüße Daniel

P.S: Achso, natürlich kannst du auch nicht zwei Minuten vor Schluss kommen und sagen: "Achso, mit weniger als zwei Minuten darfst du Remis nach 10.2 beantragen."

Stingray
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Re: Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von Stingray » 12.04.2012, 17:35

Das ganze ist, grob gesagt, eine rechtliche Grauzone. Die Standardantwort der FIDE wäre wohl, dass sich ein Spieler mit derartigen Fragen immer an den Schiedsrichter wenden sollte (dessen Anwesenheit laut Turnierregeln der Normal-, nicht der Ausnahmefall ist).

Du meinst aber offenbar eher den Fall, dass man aktiv Hinweise zu Regeln gibt, ohne dass der Spieler selber nachfragt. Davon sollte man immer Abstand nehmen - außer in extremen Ausnahmefällen.

Zum Beispiel habe ich von einem Fall bei einer Deutschen Meisterschaft U10 (oder U12, weiß nicht mehr genau) gehört, bei dem wenigstens einer der Spieler (der mit der geringeren Bedenkzeit) schlichtweg die Remisantragsmöglichkeiten nicht kannte. Beide führten in einer sehr trivialen Position nur noch Königszüge aus und streiften unterwegs bestimmt tonnenweise Stellungswiederholung, 50-Züge-Regel und gegen Ende sogar Artikel 10. Die Partie lief im Turniersaal laaaaaange ganz einsam ab, die Partieformulare erreichten locker Romanstärke (allerdings mit ziemlichem Nullinhalt). Weil aber, jedenfalls habe ich's so gehört, nicht für beide Seiten Betreuer auffindbar waren, wollte keiner der Schiedsrichter aktiv eingreifen. Schlussendlich fiel auf einer Seite das Blättchen, aber das Spiel wurde - glücklicherweise - trotzdem als Remis gewertet. Im Nachhinein haben beide Betreuerseiten (auch die der Seite mit dem unverwertbaren Mehrbauern) gesagt, dass die Nummer eine Farce war und da die Schiris doch mal eher hätten aktiv werden können und sollen.

In einem solch extremen Fall wird dir niemand einen Strick daraus drehen, wenn du als Unbeteiligter einen Regelhinweis gibst. Alles andere läuft jedoch Gefahr, als verbotener Ratschlag gemäß 12.3 a) ausgelegt zu werden. Im Zweifelsfall sollte man immer über den Schiedsrichter laufen. Wenn's keinen gibt, kann man wohl nur persönlich das Risiko abwägen sowie im Präventivsinne dafür sorgen, dass sich der Umstand des abwesenden Schiedsrichters zukünftig ändert.

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Re: Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von Eckart » 12.04.2012, 20:56

Stingray hat geschrieben:Weil aber, jedenfalls habe ich's so gehört, nicht für beide Seiten Betreuer auffindbar waren, wollte keiner der Schiedsrichter aktiv eingreifen. Schlussendlich fiel auf einer Seite das Blättchen, aber das Spiel wurde - glücklicherweise - trotzdem als Remis gewertet. Im Nachhinein haben beide Betreuerseiten (auch die der Seite mit dem unverwertbaren Mehrbauern) gesagt, dass die Nummer eine Farce war und da die Schiris doch mal eher hätten aktiv werden können und sollen.
Das alte Lied: schuld sind immer nur die anderen.

Wer an einer Deutschen Meisterschaft (!!) teilnimmt und die Schachregeln nicht kennt, hat die Folgen dieser Unkenntnis selbst auszubaden, egal ob es nun ein Zehnjähriger oder ein Hundertjähriger ist. Zumal wenigstens die dreimalige Stellungswiederholung eindeutig als eine der elementaren Regeln (gemeint ist: z. B. im Vergleich zu Artikel 10.2) zu betrachten ist.

Ein "Farce" ist eher das Verhalten der Betreuer, die es offenkundig versäumt haben, ihren Schützlingen die Schachregeln zu vermitteln. Wenn man solche Fälle durchrutschen lässt, animiert das nur die nächsten, es mit der Vermittlung von Regelkenntnissen auch nicht so genau zu nehmen.

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Re: Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von Georg Heinze » 12.04.2012, 22:00

Weil aber, jedenfalls habe ich's so gehört,
Es lässt sich trefflich über etwas reden, was man über mehrere Ecken gehört hat.
Das nun auch noch als Anlass zu nehmen, darüber zu spekulieren, wer was falsch gemacht haben könnte ...
Ich habe mal von 2 GM gehört, wobei der eine noch rochieren wollte, obwohl er schon mit dem König gezogen hatte.
Es stellte sich aber heraus, dass er schon die Regeln kannte, aber nicht mehr wusste, dass er eben schon einen Königszug gemacht hatte.

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Re: Darf man während der Partie über Regeln sprechen

Beitrag von thomas.soergel » 16.04.2012, 15:51

Eckart hat geschrieben:Wer an einer Deutschen Meisterschaft (!!) teilnimmt und die Schachregeln nicht kennt, hat die Folgen dieser Unkenntnis selbst auszubaden, egal ob es nun ein Zehnjähriger oder ein Hundertjähriger ist. Zumal wenigstens die dreimalige Stellungswiederholung eindeutig als eine der elementaren Regeln (gemeint ist: z. B. im Vergleich zu Artikel 10.2) zu betrachten ist.
Ein "Farce" ist eher das Verhalten der Betreuer, die es offenkundig versäumt haben, ihren Schützlingen die Schachregeln zu vermitteln. Wenn man solche Fälle durchrutschen lässt, animiert das nur die nächsten, es mit der Vermittlung von Regelkenntnissen auch nicht so genau zu nehmen.
Dem Standpunkt Eckarts kann ich mich nur anschließen, auch wenn es Bestrebungen in der DSJ gibt, hier die Regeln "kindgerecht" aufzuweichen. Ich bin auch der Ansicht, dass ein Kind die Regeln so früh als möglich lernen sollte. Insbesondere, wenn es sich für eine Landes- oder deutsche Meisterschaft qualifiziert.
1. Spielleiter
Bayerische Schachjugend

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