Einflussnahme durch Zuschauer

Georg Heinze
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 24.03.2013, 10:50

Daniel, so sehr ich Deine sachlichen, regelfundierten Beiträge schätze, aber ich glaube, hier liegst Du falsch.

Hier zunächst nochmals der Sachverhalt, dargestellt von Alexander:
Ich hatte in der Oberliga mal den Fall, wo einer der Zuschauer zu seinem spielenden Mannschaftskollegen laut und deutlich für alle hörbar gesagt hat: Remis reicht!
Zunächhst mal einige FIDE-Artikel:
12.3 a) Während des Spielverlaufs ist es den Spielern verboten, sich irgendwelche Notizen, Informationsquellen oder Ratschläge zunutze zu machen oder auf einem anderen Schachbrett zu analysieren.

12.6 Es ist verboten, den Gegner auf irgendwelche Art abzulenken oder zu stören. Dazu gehört auch ungerechtfertigtes Antragstellen oder Anbieten von remis oder das Mitbringen einer Geräuschquelle in den Turniersaal.

13.7 a) Zuschauer und Spieler anderer Partien dürfen nicht über eine Partie reden oder sich auf andere Weise einmischen. Falls nötig, darf der Schiedsrichter die Störer aus dem Turnierareal weisen. Falls jemand eine Regelwidrigkeit beobachtet, darf er nur den Schiedsrichter informieren.
Während 12.3 a) nur insofern zutrifft, dass die Bemerkung als Ratschlag aufgefasst werden kann, sind die Artikel 12.6 und 13.7 a) in ihrer Aussage doch ziemlich eindeutig. Es ist hier auch unerheblich, ob die Bemerkung von einem Spieler (auch ein MF ist hier nur Spieler) oder einem Zuschauer kommt. Es ist und bleibt eine Störung und darüber hinaus eone Einmischung in eine laufende Partie, indem ein Ratschlag erteilt wird.
Der Thread hier heißt ja nicht unsonst "Einflussnahme durch Zuschauer".

Wenn in den FIDE-Regeln auch keine Aussagen zu Mannschaftskämpfen gemacht werden, ist m.E. die Situation eindeutig.

Darüber hinaus gibt es Regelungen in den jeweiligen TO.
Hier steht z.B. in der TO des SVS:
7. Ein Mannschaftsleiter hat das Recht, seinen Spielern zur Abgabe oder Annahme
eines Remisangebotes zu raten, ohne dass damit eine Bewertung der betreffenden
Partie verbunden sein darf.
Der Mannschaftsführer bzw. –leiter hätte im vorliegenden Fall –und nur er!- das Recht gehabt, seinem Spieler zu einem Remisangebot zu raten.

Im übrigen, Daniel, hast Du in einem anderen Thread
Darf man während der Partie über Regeln sprechen
selbst Folgendes geschrieben:
Du darfst meiner Meinung nach sagen und auf eine Frage auch entsprechend antworten, dass nach 50 Zügen ohne Schlagfall oder Bauernzug Remis beantragt werden darf.

Du darfst nicht sagen oder auf eine entsprechende Frage antworten, dass der Spieler jetzt Remis beantragen könnte.

Ersterer Fall ist meiner Meinung nach eine erlaubte Regelerläuterung.
Letzterer Fall ist meiner Meinung nach eine unerlaubte Hilfestellung.

Grüße Daniel

P.S: Achso, natürlich kannst du auch nicht zwei Minuten vor Schluss kommen und sagen: "Achso, mit weniger als zwei Minuten darfst du Remis nach 10.2 beantragen."
Wenn schon die Antwort auf eine Frage eine unerlaubte Hilfestellung ist, dann doch wohl die Aussage „Remis reicht!“ erst recht?

Ansonsten weiß wohl jeder, der selbst Mannschaftskämpfe spielt, dass über vieles geredet witd und nicht nur übers Wetter oder das Mittagessen.
Darum geht es hier aber nicht. Es wird eine Frage gestellt und wie dieser Sachverhalt im FIDE-Regelwerk, in TO oder Ausschreibungen geregelt ist.
Das ist für den Sachverhalt und demzufolge für die Entscheidung des SR relevant.
Manches wird in der Praxis großzügiger gehandhabt, mitunter auch gegen die Regeln, aber das ist ein anderes Problem.
Irgendwo habe ich gelesen, dass es während eines Wettkampfes verboten ist, überhaupt zu reden – ich glaube es betraf die Türkei.
Soweit sind wir allerdings in Deutschland nicht.

Ansonsten, Daniel, sehe ich es durchaus als diskussionwürdig an, welche Bemerkung wo und wie gemacht werden darf, ohne dass sich daraus unbedingt ein Verstoß ableiten lässt. Da ist manches sicher auch Ansichtssache.

Der hier vorliegende Fall ist es aber m.E. nicht

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von dfuchs » 24.03.2013, 18:02

Ob 12.6 greift, kann ich nicht sagen. Es war bei meinen Ausführungen immer Bedingung, dass der Gegner nicht gestört wird. Ich gehe also im weiteren davon aus, dass 12.6 eben nicht greift.

Bleibt nur noch 13.7. und hier frage ich mich in welcher weise sich jemand einmischt, der sagt Remis reicht. Nochmal: Es ist erlaubt den Stand des Mannschaftskampfs zu veröffentlichen.

OK, ich habe gerade einen Verdacht, auf was du u.U. raus willst. Frage: Dürfte deiner Meinung nach ein Zuschauer sagen: "Wir brauchen noch ein Remis um den Mannschaftskampf zu gewinnen."

Wenn ja, dann haben verstehe ich nicht den Unterschied zu "Remis reicht".
Wenn nein, darf er dann sagen: "Es steht 4:3 für uns."

Du merkst vielleicht worauf ich raus will. Für mich sind diese ganzen Äußerungen einfach nur Feststellungen über den Spielstand.
Ich habe heute als Mannschaftsführer auch einem Mannschaftskammeraden gesagt: "Du musst gewinnen." Erst auf sein unverständlichen Blich habe ich mir das Brett angeschaut und gesehen, dass er eine Figur weniger hat. Meine Äußerung war nur auf das benötigte Ergebnis gerichtet und genau so sehen ich auch Äußerungen wie: "Remis reicht."

Grüße Daniel

Georg Heinze
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 24.03.2013, 20:45

Daniel, Du hast Deine Meinung und ich habe meine Meinung.
Sicher ist es mitunter schwer, zu beurteilen, was ist Störung und was nicht. Es ist auch nicht immer einfach zu sagen, ob eine Information eine unerlaubte Hilfestellung ist oder nicht.
Im vorliegenden Fall habe ich mich auf die Aussage von Alexander gestützt, der den Vorfall selbst als störend bezeichnet.
Und außerdem: wenn es darum geht, dass der Ausgang einer Partie den Aufstieg entscheidet, liegen mitunter die Nerven etwas blank. Wenn da ein Spieler oder Zuschauer sagt, remis reicht, dann ist das doch ein deutlicher Hinweis darauf, eben dieses zu machen.
Aus meiner Sicht muss eine Frage oder Initiative immer vom jeweiligen Spieler ausgehen. Er kann seinen MF fragen, ob er remis anbieten oder ein Remisangebot annehmen soll. Wohlgemerkt, seinen MF und nicht einen Spieler oder Zuschauer. Wenn ein Spieler das Mannschaftesergenis wissen will, fragt er den MF oder SR. Es kann nicht sein, dass irgendjemand durch den Spielsaal geht und wie ein Herold die aktuellen Ergebnisse verkündet.
Es geht erst nicht an, wenn ein Spieler oder Zuschauer verkündet, welches Ergebnis reicht oder erreicht werden soll.
Ich verstehe die von mir zitierten FIDE-Artikel jedenfalls so.
Soweit ich es lese, sind da wohl auch Alexander und hoppepit dieser Meinung.

dfuchs
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von dfuchs » 26.03.2013, 09:41

OK, wenn ein Spieler rein redet, kann man das entfernt noch nachvollziehen, wie sieht es aber bei einem wirklichen Zusachauer aus?
Weiterhin: Wenn ich nach einer Grundlage frage, dann möchte ich kein Urteil von einer Instanz sondern eine Regel, die diese Auslegung zumindest erlaubt. Diese sehe ich nicht.

Zum Thema Urteile, die das Gegenteil entscheiden haben:
http://www.svw.info/referate/schiedsger ... n-balingen Württemberg
oder
Und da wir gerade bei NRW sind:
http://www.schachklub-bocholt.de/files/BTG-Urteil.pdf
Besagt das genaue Gegenteil. Soviel also zum Thema Klarheit in NRW.

Nochmal: Jeder Schiedsrichter, der einen Spieler für etwas bestraft, was er nicht getan hat, nicht zu verantworten hat und auf das er keinen Einfluss hat, beugt die Schachregeln.

Grüße Daniel

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 26.03.2013, 11:10

Ich kenne den seinerzeit zugrunde liegenden Sachverhalt:

http://www.archiv.sfk-schach.de/regeln/antwort_3.pdf

Der MF macht den Ausruf „Vierzig“ und meinte damit, dass 40 Züge geschafft sind.
Natürlich ist das nicht erlaubt.
Es handelte sich übrigens um einen Kampf in der Bundesliga, in dem beide Spieler nicht mehr mitschrieben und blitzten.
Seinerzeit war ich der Meinung –im Gegensatz zu Willi Knebel- dass es mit einer Verwarnung des MF getan ist:

1. von dieser Aussage profitierten beide Spieler
2. so wie der Vorfall beschrieben ist, wäre ohnehin das Blättchen gefallen, die Partie hätte rekonstruiert werden müssen und es hätte sich die Bestätigung ergeben, dass tatsächlich 40 Züge gespielt wurden.
3. den Spielverlust eines Spielers hätte ich für diesen Vorfall als nicht gerechtfertigte Härte angesehen.

Willi Knebel hätte hier auf Partieverlust und Verwarnung entschieden und hat seine Argumente genannt.

Z.B. folgender Vorfall:
Wenn z.B. in einer Partie ein Mitspieler, der inzwischen seine Partie beendet hat und damit als Zuschauer gilt, merkt, dass sein Mannschaftskamerad nach einer Figur greifen will und damit die Partie verloren ginge, ruft „Ta8 gewinnt!“ und dieser daraufhin diesen Zug macht, ist das ein spielentscheidender Hinweis.
In so einem Fall reicht es m.E. nicht, den „Zuschauer“ des Spielsaals zu verweisen. Sein Hinweis hat ja schließlich eine Partie gerettet, die womöglich auch noch kampfentscheidend war.
In so einem Mannschaftskampf muss man dann auch als Spieler einer Mannschaft die Konsequenzen tragen, die ein Mannschaftskampf nun mal mit sich bringt. Man hat als Spieler einen verbotenen Ratschlag Dritter angenommen!
Allerdings: es gibt ja auch die Möglichkeit einer Resultatsverkürzung.

Ich hatte es bereits mehrfach geschrieben: es ist immer eine Ermessensfrage, was eine Störung ist und was nicht. Ebenso ist es schwierig, eine Bemerkung als Störung, nichts sagende Aussage oder helfenden Hinweis zu werten.
Dementsprechend gilt es auch, ein der Situation angemessenes Strafmaß zu finden.

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von jesre » 26.03.2013, 20:14

Mmmhh, war im nach hinein vielleicht doch nicht so gut das ich auf das Urteil von 1995 hingewiesen hatte.
Die Einzelheiten dieses Falles sind mir bekannt. Jedoch sind mir die Einzelheiten
des Falles Indische Dame – Münster gut bekannt.
Da es sich bei dem Link von dfuchs um eine Berufungsentscheidung gegen den BSA handelt, wäre es
doch eigentlich interessanter das Urteil des BSA zu veröffentlichen.

Aber auch hier kann ich sagen, dass ein paar Seiten Papier nicht das wiedergeben können was ein
paar Stunden Zeugenbefragung und Beratung ergeben haben.
Vielleicht haben wir mit der Entscheidung 2011 das Urteil von 1995 ein Stück revidiert. Auf jeden Fall
haben wir uns damals bemüht ein gerechtes Urteil zu finden. Ob ein anderer Ausschuss zu einem
anderem Urteil gekommen wäre ? Nicht ausgeschlossen.
Grundsätzlich kann ich jedoch sagen, dass es sich immer um den Einzelfall handeln sollte.
Welche Umstände zum Regelverstoß geführt haben, usw.

Wir werden hier keinen allgemeinen Grundsatz finden wie man einen Verstoß
mit „Hineinreden in eine laufende Partie“ zu ahnden hat.

Vielleicht sollten wir uns damit zufrieden geben.
Ich hatte es bereits mehrfach geschrieben: es ist immer eine Ermessensfrage, was eine Störung ist und was nicht.
Ebenso ist es schwierig, eine Bemerkung als Störung, nichts sagende Aussage oder helfenden Hinweis zu werten.
Dementsprechend gilt es auch, ein der Situation angemessenes Strafmaß zu finden.
Da stimme ich Georg Heinze voll und ganz zu

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von dfuchs » 26.03.2013, 20:46

Aber genau so, wie dieses von mir verlinkte Urteil war, stelle ich mir ein gerechtes Urteil vor, das hätte praktisch wörtlich von mir stammen können.

Wichtig sind für solche Fälle immer:
Stört jemand aus einer Mannschaft, dann darf und je nach Fall muss die Mannschaft bestraft werden.
Ein Spieler, der nichts falsches tut, der darf dagegen eben nicht bestraft werden.

Gerade letzter Satz ist, wie die Mitleser vielleicht bemerkt haben, mir ganz besonders wichtig.

Grüße Daniel

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Eckart » 27.03.2013, 11:30

Es macht einen inkonsisten Eindruck, dass der Mannschaft aus Bocholt gleich beide Mannschaftspunkte aberkannt worden sind, wo sie doch im Falle der Verlusterklärung allein der fraglichen Einzelpartie nur einen Mannschaftspunkt verloren hätte (4:4 statt 4,5:3,5).

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von thomas.soergel » 27.03.2013, 14:08

Eckart hat geschrieben:Es macht einen inkonsisten Eindruck, dass der Mannschaft aus Bocholt gleich beide Mannschaftspunkte aberkannt worden sind, wo sie doch im Falle der Verlusterklärung allein der fraglichen Einzelpartie nur einen Mannschaftspunkt verloren hätte (4:4 statt 4,5:3,5).
Sehe ich auch so. Bocholt hatte 4 Brettpunkte und damit einen Mannschaftspunkt regulär erspielt. Somit ging es nur um 0:2 oder 1:1 Mannschaftspunkte. Wenn das Gericht die Partie remis werten will, so hat die Heimmanschaft 0 Mannschaftspunkte.
Der Hinweis rechtfertigt nur die Aberkennung des noch offenen Mannschaftspunktes, somit also 0:1 statt 0:0.
1. Spielleiter
Bayerische Schachjugend

Georg Heinze
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 28.03.2013, 13:14

Wenn ich es richtig überblicke, haben wir es mit 3 unterschiedlichen „Fällen“ zu tun, die sich andererseits aber ähnlich sind.
Einmal geht es um den Zuruf „Vierzig“, einmal um die Aussage „reklamiere remis nach 10. b)“ und einmal um den Zuruf „remis reicht!“.

Abgesehen davon, dass es sich allesamt um mehr oder weniger große Störungen handelt, haben alle 3 „Fälle“ eines gemeinsam: es handelt sich um eine unerlaubte Einmischung in laufende Partien.
Störungen und erst recht das unerlaubte Einmischen in laufende Partien sind Verstöße gegen die FIDE-Regeln und die jeweiligen Turnierordnungen und gehören bestraft.
Welche Strafe ist aber angemessen?
Hier vor allem gehen die Meinungen auseinander.
Ich möchte die dazu gemachten Ausführungen im Forum und anderswo nicht nochmals wiederholen. Fakt ist, dass es auch unterschiedliche Auffassungen gibt, je nachdem, ob ein Mannschaftsführer, ein Spieler oder ein Zuschauer die Einflussnahme zu verantworten haben.
Zu dem hier genannten Urteil des BTG kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein.
Möglich ist allerdings eine Verkürzung des Spielresultats wie vom BTG angewandt.
Man hat den Hinweis des MF hier mit aller Härte bestrafen wollen, die zulässig ist. Aus meiner Sicht ist es aber eine unangemessene Härte:
1. Der Hinweis des MF wurde vom Spieler nicht beachtet; er hat weiter gespielt und sich mit seinem Gegner schließlich auf remis geeinigt. Das Spielergebnis mit 0,5 : 0,5 ist somit korrekt.
2. Der MF wollte aktiv auf den Fortgang der Partie Einfluss nehmen. Das ist selbstverständlich in der hier vorliegenden Form unzulässig und muss sanktioniert werden. Eine Ermahnung oder Verwarnung des MF hat das Gericht als der Sache nicht angemessen betrachtet. Die vom Gericht gewählte Form der Resultatsverkürzung halte ich aber für überzogen. Als mögliches Resultat wäre ja auch ein 4 : 4 denkbar gewesen, was das Vergehen des MF immerhin auch mit dem Verlust eines MP sanktioniert hätte.

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von thomas.soergel » 28.03.2013, 16:12

Ich denke, dass bei den drei Fällen es sich zumindest zweimal definitiv um Hilfestellungen handelt:
Der Zuruf "Vierzig" ist indiskutabel, insbesondere wenn bei Spieler nicht mehr schreiben und man annehmen kann, dass einer oder beide nicht wissen, wieviele Züge gemacht wurden. Beide Spieler blitzen also die Züge herunter, der Zuruf "Vierzig" heißt übersetzt "Du kannst jetzt genau nachdenken." In so einem Fall kann ein Partieverlust durchaus eine angemessene Bestrafung sein.
Dagegen halte ich den Zuruf "Remis reicht" für eher unbedenklich. Ist es die Aufforderung ein Remis auszusprechen, so muss ja auch der Gegner einverstanden sein. Problematisch wird es vielleicht, wenn das Angebot vom Gegner kam und nicht der Mannschaftsführer diesen Zuruf getätigt hat und beide Spieler in hoher Zeitnot sind.
Bei der Aufforderung, nach 10.2 zu reklamieren, handelt es sich dagegen um eine Hilfestellung. Dem Spieler wird nämlich noch eine Aktion abverlangt, dabei ist es egal, ob dies die Reklamation nach 10.2 ist, der Hinweis, das eine dreimalige Stellungswiederholung tatsächlich eingetreten ist, die der Spieler übersehen hat oder die Aufforderung, einen solchen Zug auf das Formular zu schreiben und zu reklamieren.
Während ein aufgefordertes Remisangebot vom Gegner abgelehnt werden kann, macht die zusätzliche Aktion dies unmöglich, hier entscheidet nicht mehr der Gegner aufgrund eigener Vorstellungen sondern der SR aufgrund bestehender FIDE-Regeln.
Insofern ist auch in so einem Fall eine Verlustentscheidung sinnvoll.
Ich habe es im Übrigen schon so oft erlebt, dass auch erwachsene Spieler den Artikel 10.2 nicht kannten und diese Remischance somit ausliesen.
Es kam in der bayerischen Oberliga sogar für, dass im Endspiel K+S vs K+T die Springerpartei nach ZÜ gewann, weil die Turmpartei entweder 10.2 nicht kannte oder meinte, ihr könne selbst bei ZÜ nichts passieren.
1. Spielleiter
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Georg Heinze
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 28.03.2013, 21:15

Da sind wir uns ja (fast) einig!
Zu folgendem Fall, von Alexander dargestellt:
Ich hatte in der Oberliga mal den Fall, wo einer der Zuschauer zu seinem spielenden Mannschaftskollegen laut und deutlich für alle hörbar gesagt hat: Remis reicht!
Zunächst: ein Spieler oder Zuschauer hat überhaupt keine Bemerkungen zum Spiel zu machen!
Wenn diese Aussage der MF gemacht hätte, könnte man noch meinen, dass er seinen Spieler zu einem Remisangebot auffordert. Die korrekte Aufforderung wäre aber auch dann "biete remis".
"Remis reicht" ist zwar nicht mit einer Stellungsbeurteilung verbunden, aber es ist ein Ratschlag, um das gewünschte Mannschaftsresultat zu erzielen. Das kann man allerdings so oder so sehen.

Alexander
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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Alexander » 01.04.2013, 00:51

Wenn diese Aussage der MF gemacht hätte, könnte man noch meinen, dass er seinen Spieler zu einem Remisangebot auffordert. Die korrekte Aufforderung wäre aber auch dann "biete remis".
Der Aussage kam sogar vom Mannschaftsführer!
"Remis reicht" ist zwar nicht mit einer Stellungsbeurteilung verbunden, aber es ist ein Ratschlag, um das gewünschte Mannschaftsresultat zu erzielen. Das kann man allerdings so oder so sehen.
In dem Moment wo diese Aussage kommt, weiß man nicht so recht, was man tun soll. Bestrafung, wenn ja welche? Es ist wie schon richtig erkannt, keine Stellungsbeurteilung, aber so ganz ungestraft kann man das auch nicht lassen.

Gruß
Alexander

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Re: Einflussnahme durch Zuschauer

Beitrag von Georg Heinze » 01.04.2013, 08:01

Alexander, da hast Du uns aber eine wichtige Information vorenthalten!

In dem von mir nochmals angeführten Zitat hast Du von einem Zuschauer gesprochen. Nun ist lt. FIDE-Regeln jeder Spieler, der selbst nicht mehr spielt, ein Zuschauer, auch ein Mannschaftsführer. Allerdings ist ein Mannschaftsführer, der selbst nicht mehr spielt, weiterhin auch Mannschaftsführer.
Er -und nur er- darf also einem Spieler zu einem Remisangebot raten. Übliche Ausdrücke wären nun "biete remis" oder "mache remis". "Remis reicht" ist aus meiner Sicht schon wieder ein Hinweis, was sein Spieler machen soll, um ein bestimmtes Mannschafts-Ergebnis zu erreichen. Laut und deutlich ist auch immer eine Störung.
M.E. reicht es aber nicht zu, ihn deswegen aus dem Spielsaal zu weisen oder eine Resultatsverkürzung vorzunehmen. Eine Ermahnung oder Verwarnung sehe ich aber als mögliche Sanktion an.

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