Fräulein Ohme und Artikel 10.2

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Werner
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Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von Werner » 21.07.2013, 11:14

http://www.melanie-ohme.net/component/c ... s-zu-geben

Und plötzlich fand ich mich in einem Endspiel Turm + Bauer gegen Turm wider (siehe Diagramm) – einer Stellung, die theoretisch Remis und nicht besonders schwer zu halten ist.
Aber: Mein Gegner hatte nur noch 17 Sekunden für den Rest der Partie… Zu wenig, um noch genügend Züge zu spielen um im Rahmen einer Reklamation ein Unentschieden zu erzwingen.

jesre
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von jesre » 21.07.2013, 12:09

Hallo Werner,
ja und was meinst Du jetzt ?
Die "normale" Remisreklamation nach Art. 9.2 + 9.3 scheiden ja wohl aufgrund der
Restbedenkzeit aus. Ich denke mal das Sie diese Reklamationen meinte.

Wenn der Gegner die Uhren angehalten hätte um nach Art. 10.2 Remis zu
beantragen ändert sich auch nicht viel. Nur wenn Fr. Ohme in den nächsten paar Zügen
(mehr als 10-12 sinnvolle wird fer Gegner wohl nicht in 17 Sekunden schaffen) den Bauern
einstellt, kann man m.M. nach auf Remis entscheiden.
Insoweit finde ich Ihre Betrachtung der Situation richtig.

Gruß Jesre

hoppepit
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von hoppepit » 22.07.2013, 20:48

Damit gehört Frau Ohme der Fairnesspokal verliehen!
Wenn ich die Schilderung richtig gelesen habe, hat der Gegner wohl besser gestanden und sich dann in Zeitnot "verzockt".
Wieso kam von Karpatchev kein Remisantrag nach 10.2??
Selbst mit nur 17 Sekunden Restbedenkzeit sollte es für einen Spieler dieser Stärke duchaus möglich sein, noch einige Züge aufs Brett zu zaubern und zu zeigen, daß er die Partie Remis halten kann.
Zumal der Antrag gleichzeitig ein Remisangebot beinhaltet und Frau Ohme hätte dann bevor der SR seine Entscheidung trifft sagen können, ob sie mit dem Remis einverstanden ist.
Gruß, Peter
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Eckart
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von Eckart » 23.07.2013, 16:51

Sicherlich, niemand dürfte ihr einen Vorwurf machen, wenn sie hier nicht remis gemacht, sondern sich hätte zeigen lassen, wie ihr Gegner das Endspiel zu halten gedenkt.

Jedoch: den Satz

Aber: Mein Gegner hatte nur noch 17 Sekunden für den Rest der Partie… Zu wenig, um noch genügend Züge zu spielen um im Rahmen einer Reklamation ein Unentschieden zu erzwingen.


halte ich doch für etwas gewagt. Die Stellung ist mittlerweile ziemlich trivial. Den Turm auf die dritte Reihe ziehen, dort halten, bis der schwarze Bauer auf dieselbe vordringt, dann Turmschachs von hinten. Der weiße König steht bereits ideal, geht auf ein Seitenschach einfach aufs Umwandlungsfeld. Wenn Schwarz einfach nur hin und her zieht und keine Fortschritte macht, hätte ich als Schiedsrichter kein Problem, auch nach nur siebzehn Sekunden Spielzeit die Partie nach Blättchenfall für remis zu erklären.

Es ist somit völlig hypothetisch von Fräulein Ohme zu behaupten, dass eine Reklamation des Gegners keinen Erfolg gehabt hätte. Insofern wünschte ich mir doch ein etwas leiseres Auftreten ihrerseits.

hoppepit
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von hoppepit » 23.07.2013, 17:40

@Eckart:
Da bin ich voll und ganz Deiner Meinung!!
Gruß, Peter
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GiantPanda
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von GiantPanda » 23.07.2013, 21:41

Wenn ich in dieser Stellung Schiedsrichter gewesen wäre und Weiß einen 10.2-Antrag
stellt, hätte ich auf Weiterspielen entschieden. Und anschließend nur stattgegeben,
wenn zumindest noch ein paar Züge mit der Remisidee auf dem Brett waren.

Wer in verlierbarer Stellung (und das ist ein Turmendspiel mit Minusbauern
nun mal) fast bis zur letzten Sekunde spielt, hat mit seinem Remisantrag meiner
Ansicht nach immer ein Problem.

Aber natürlich muß jeder Schiedsrichter für sich selbst entscheiden, wie sehr er
der Spielstärke des GMs glaubt und wie viel er sich zeigen lassen will. Es gibt keine
Protestinstanz.


Viele Grüße
Ingrid

jesre
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von jesre » 24.07.2013, 21:37

Bitte für mich mal kurz eine Nachfrage.
Wann haltet Ihr bei einem Antrag auf Art. 10.2 b eine Entscheidung auf Remis
für gerechtfertigt ?
Reicht es Euch wenn der Spieler eine mögliche Remis Abwicklung zu spielen anfängt,
oder nur wenn die Stellung eindeutig nicht mehr zu gewinnen ist ?

Bei ersterem sollte natürlich auch der Schiedsrichter über eine gewisse Spielstärke
verfügen. Ich frage nur nach weil hier geschrieben wurde
„noch einige Züge aufs Brett zu zaubern und zu zeigen, dass er die Partie Remis halten kann.“
bzw. „Die Stellung ist mittlerweile ziemlich trivial.“
Es ist nämlich schon einige Zeit her das ich meinen Schein gemacht habe, vielleicht
hat sich ja was in der Zeit geändert.

Gruß Jesre

Schön das ein schon so ausgelutschtes Thema wie der 10.2 noch Fragen aufwerfen kann.

GiantPanda
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von GiantPanda » 24.07.2013, 23:18

Das ist wirklich (fast) eine persönliche Ermessensfrage des Schiedsrichters.

Die offiziellen DSB-Auslegungshinweise besagen nur:
- im Zweifelsfall weiterspielen lassen
- danach im Zweifelsfall ablehnen (!)
- falls der Reklamierende klar besser steht, annehmen.

Meine Einstellung im "Weiterspielen-Fall" ist dann:
Remis gibt es, wenn ich überzeugt bin, daß der Reklamierende weiß, was er
tut (und mindestens einen Remisweg hat) oder der Gegner es nicht
weiß (und den Gewinnweg nicht spielt).

Ob ich bis zum Blättchenfall überzeugt bin, ist Gefühlssache und hängt auch ein
bißchen von der Spielstärke ab - z.B. bei einem Bauernendspiel zwischen
Anfängern möchte ich noch ein paar mal die Opposition sehen, GMs glaube ich
das schon eher.

Wie gesagt... persönliche Ermessensentscheidung des Schiedsrichters.


Viele Grüße
Ingrid

Alexander
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Re: Fräulein Ohme und Artikel 10.2

Beitrag von Alexander » 04.08.2013, 03:21

Ich hatte am Freitag selber so einen ähnlichen Fall bei meiner Schnellschachturnierpartie!

Ich hatte noch 3-4 Bauern (Freibauern) + Turm + König
Mein Gegner hatte noch 2 Bauern (1 bzw. 2 Freibauern) + Turm + König

Mein Gegner hatte den einen Bauern durchgebracht, obwohl ich ein paar Züge vorher noch recht deutlich auf Gewinn stand! Er holte sich eine Dame, Turm Stand neben der Dame und der König vor dem Turm.

Auf jeden Fall hatte mein Gegner nur noch ca. 22 Sekunden Restbedenkzeit. Ich hätte Dauerschach geben können oder das Remis Angebot annehmen können. Habe mich aber dazu entschlossen meinen Turm zu opfern, in dem ich seinen Turm schmeiße (was jederzeit möglich war), damit ich ihn über die Zeit heben kann. Meine Rechnung ging voll auf, da es mein Gegner nicht mehr schaffte die Partie zu gewinnen (Dame + Bauer + König gegen 3-4 Bauern + König) bzw. Remis zu halten durch schmeißen meiner restlichen Figuren! Ich gewann die Partie letztendlich durch Zeitüberschreitung! Mir blieb zum Schluss noch 1 einziger Bauer übrig! Der reichte zum Gewinn! Was wäre gewesen, wenn mein Gegner Remis nach Artikel 10.2 reklamiert hätte? Hätte die Partie sofort Remis enden müssen, da ich die Partie mit normalen Mitteln nicht mehr gewinnen kann? Mein Gegner steht ja deutlich auf Gewinn!

Stellt euch vor, ich mache aus Versehen noch einen ungültigen Zug! Dann kann mein Gegner die Partie genüsslich nach Hause schaukeln, sofern er den ungültigen Zug reklamiert und die 2 min Zeitgutschrift verlangt! Ein bisschen Risiko war schon dabei, als ich den Turm opferte!

Um auf den Fall Ohme zurück zu kommen:
Zitat von GiantPanda:
Wenn ich in dieser Stellung Schiedsrichter gewesen wäre und Weiß einen 10.2-Antrag
stellt, hätte ich auf Weiterspielen entschieden.
Ich hätte zuerst Frau Ohme gefragt, ob sie das Remis Angebot annimmt und dann mir noch ein paar Züge angeschaut bzw. zeigen lassen, bevor ich zu einem endgültigen Urteil gekommen wäre!

Hätte Frau Ohme nach Artikel 10.2 Remis reklamiert, wäre meine Entscheidung gewesen: Die Partie ist Remis! Wobei der Gegner ja dann das Remis Angebot vorher annimmt!

Gruß
Alexander

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