Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Umfrage endete am 26.03.2014, 20:47

Verwarnung reicht
2
22%
Zeitgutschrift ist notwendig
7
78%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 9

dfuchs
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Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von dfuchs » 23.03.2014, 20:45

Hallo zusammen,

nachdem die Protestfrist abgelaufen ist meine Frage zu einem Fall aus meinem letzten Zweitligaeinsatz (2.Bl Süd), zu dem ich gerne eure Einschätzung hätte.

Folgende Situation, die ich am Brett mitbekommen habe.

Weiß hat noch etwas mehr als 8 Minuten, Schwarz am Zug 2 Minuten und 5 Sekunden.
Er denkt seit rund 30 Sekunden über seinen 32. Zug nach, als sein Gegner plötzlich verbal Remis bietet.
Schwarz hält die Uhr an und reklamiert das Remisgebot während seines Zugs (übrigens hätte ich in dem Fall auch selbst eingegriffen, Schwarz war aber zu schnell).

Nun meine Frage: Was ist die angemessene Strafe für den bislang sich tadellos benehmende Weißspieler. Zeitgutschrift für Schwarz oder reicht hier noch eine Verwarnung?

Die Entscheidung, die ich getroffen habe und wie die Partie ausging werde ich am Mittwoch bringen. Bin auf eure Meinung gespannt.

Grüße Daniel

Eckart
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Eckart » 23.03.2014, 23:58

Dass das so angebotene Remis eine Störung darstellt, dürfte außer Frage stehen. Der Spieler, der schon dreißig Sekunden über seinen Gegenzug nachdenkt, muss nun immer die Möglichkeit, das Remisangebot anzunehmen, in seine Überlegungen einbeziehen. Hier ist eine Zeitgutschrift von zwei Minuten absolut angemessen, zumal durch die knappe Zeit die Situation noch verschärft ist. Beließe man es bei einer bloßen Verwarnung, wäre das quasi eine Einladung für andere Spieler, es doch mal in Zeitnot des Gegners mit einem störenden Remisangebot zu probieren, wenn außer einer Verwarnung nichts weiter passiert.

Georg Heinze
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Georg Heinze » 24.03.2014, 08:50

Im Prinzip stimme ich Eckart zu.
Sollte man die Höhe der Bestrafung aber davon abhängig machen, wieviel Bedenkzeit noch verbleibt?
Also: wäre es mit der Restbedenkzeit umgedreht, dann nur eine Verwarnung?
Ich behapte mal, dass, wenn der Gegner nur noch 1 Minute auf der Uhr hätte und ein Remisangebot kommt, dass er es vielleicht sogar freudig sofort annimmt.
Die FIDE-Regeln würden nicht dagegen stehen, da ein Remisvereinbarung während der Partie diese sofort beendet, unabhängig davon, ob diese formgerecht zustande kam..

Eckart
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Eckart » 24.03.2014, 12:04

Georg Heinze hat geschrieben:Ich behapte mal, dass, wenn der Gegner nur noch 1 Minute auf der Uhr hätte und ein Remisangebot kommt, dass er es vielleicht sogar freudig sofort annimmt.
Er hat es aber nicht angenommen, sondern
dfuchs hat geschrieben:Schwarz hält die Uhr an und reklamiert das Remisgebot während seines Zugs (übrigens hätte ich in dem Fall auch selbst eingegriffen, Schwarz war aber zu schnell).
sich über die Störung durch den Gegner beim Schiedsrichter beschwert.

Was also sollen Ausführungen zu einem ganz anderen Sachverhalt - "was wäre wenn" -, die mithin als "off-topic" zu verwerfen sind? dfuchs hat doch einen ganz konkreten Sachverhalt zur Diskussion gestellt.
Georg Heinze hat geschrieben:Die FIDE-Regeln würden nicht dagegen stehen, da ein Remisvereinbarung während der Partie diese sofort beendet, unabhängig davon, ob diese formgerecht zustande kam..
Auch das ist off-topic, hat mit dem hier vorgestellten Sachverhalt nichts zu tun.

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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von hoppepit » 24.03.2014, 13:52

Ich halte auch eine Zeitgutschrift für angebracht.
Aufgrund der geringen Zeit von Schwarz könnte es auch ein Versuch von Weiß sein, ihn zu verunsichern. (Möchte das jetzt aber nicht unterstellen).

Hätten beide Spieler allerdings noch genügend Zeit, würde ich eine Verwarnung als ausreichend erachten.
Gruß, Peter
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von jesre » 24.03.2014, 17:35

Es liegt im Gutdünken des Schiedsrichters wie man eine Störung beurteilt.
In dem genanntem Fall jedoch ist es m.E. schon eine gehörige Störung, die
man nicht mehr bei einer Verwarnung belassen sollte.
Daher hätte ich eine Zeitstrafe gegeben.

Gruß Jesre

dfuchs
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von dfuchs » 24.03.2014, 18:00

Hallo zusammen,

für diejenigen, die für die Zeitgutschrift sind: Wäre eure Entscheidung anders wenn Weiß mehr Zeit gehabt hätte und was wäre bei euch die Grenze bei der Bedenkzeit?
für diejenigen, denen die Verwarnung reicht. Wie sieht es bei euch aus, gibt es ein Zeitlimit, ab denen ihr in gegebener Situation eine Zeitgutschrift geben würdet?

Grüße Daniel

Alexander
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Alexander » 24.03.2014, 20:12

Da der Spieler die Uhr angehalten hatte und den Schiedsrichter um Hilfe rief, gehe ich davon von aus, dass dieser kein Remis sondern eine Zeitgutschrift haben wollte!
Die Frage ist natürlich, wie verbal das Angebot kam?

Zunächst gibt es ja die übliche Vorhgehensweise: 1. Verwarnung 2. Zeitstrafe 3. Partieverlust
Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob eine Zeitstrafe etwas zu hart ist? Es ist vielleicht ein kleiner Versuch (linker/fauler Trick) von Weiß die Partie noch zu remisieren. Könnte ja sein, dass der schwarze, wegen der knappen Bedenkzeit das Remisangebot annimmt! Demnach würde ich schon sagen, dass eine Zeitstrafe in Ordnung geht. Der Versuch mit dem linken billigen Trick gerechtfertigt eine Zeitstrafe! Zumal ja, eine Reklamation von Schwarz kam! Offensichtlich fühlte er sich gestört von dem Angebot! Oder, der schwarze Spieler hofft, eine Zeitgutschrift beim Schiedsrichter zu bekommen, die dann durchaus vorteilhaft für den Verlauf der Partie ist!

Gruß
ALWIM

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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von GiantPanda » 24.03.2014, 21:20

Hallo,

ich habe für Verwarnung gestimmt. Eine Zeitgutschrift würde ich auf alle Fälle geben, wenn der Schwarzspieler im Inkrement-Bereich (30 Sekunden) ist, wahrscheinlich auch unter 1 Minute.
Allerdings halte ich 1 Minute Zeitgutschrift für ausreichend, um den Nachteil durch die kurze Störung auszugleichen - 2 Sekunden für das Remisangebot und höchstens 30 Sekunden verlorene Nachdenkzeit.

Dabei gehe ich davon aus, daß der Weiße nur in der Hitze des Gefechts verspätet Remis angeboten hat und nicht böswillig, Du hattest sein Verhalten als tadellos beschrieben.

Falls ich den Eindruck hätte, daß das Ziel der Aktion war, den Gegner maximal abzulenken, darf es auch gern etwas mehr sein.

Georg Heinze
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Georg Heinze » 25.03.2014, 11:37

dfuchs hat geschrieben:Hallo zusammen,

für diejenigen, die für die Zeitgutschrift sind: Wäre eure Entscheidung anders wenn Weiß mehr Zeit gehabt hätte und was wäre bei euch die Grenze bei der Bedenkzeit?
für diejenigen, denen die Verwarnung reicht. Wie sieht es bei euch aus, gibt es ein Zeitlimit, ab denen ihr in gegebener Situation eine Zeitgutschrift geben würdet?

Grüße Daniel
Du meintest wohl, wenn schwarz mehr Zeit gehabt hätte?

Das Kritische im vorliegenden Fall ist ja wohl, dass S für die verbleibenden 9 Züge nur noch runde 2 min Zeit hatte. Wobei: in der 2.BL gibt es ja für jeden Zug zusätzlich 30 sec, also sind es effektiv noch rund 6,5 Minuten.
Für den vorliegenden Fall ist von entscheidender Bedeutung, ob das Remisangebot eine Störung darstellt. Da sind wir uns wohl einig, nur das Strafmaß ist strittig.
Wie ich bereits andeutete, wäre das alles passiert bei einer noch offenen Bedenkzeit von 15 Minuten, hätte ich es bei einer Verwarnung belassen.
Im diesbezüglichen kommentierten FIDE-Artikel heißt es:
12.6 Es ist verboten, den Gegner auf irgendwelche Art abzulenken oder zu stören. Dazu gehört auch ungerechtfertigtes Antragstellen oder Anbieten von remis oder das Mitbringen einer Geräuschquelle in den Turniersaal.
Häufiges Anbieten von remis wird also (auf Antrag) bestraft.
Hiernach wird die Störung mit "häufiges Anbieten von remis" bezeichnet, wobei sicherlich das regelgerechte anbieten gemeint ist..

dfuchs
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von dfuchs » 25.03.2014, 11:46

Sorry, natürlich wenn Schwarz mehr Zeit gehabt hätte.
Und ja, es geht mir hier hauptsächlich um das Strafmaß und die Begründung dazu, warum das Strafmaß so gewählt wurde.
Ich habe mir am Brett natürlich auch Gedanken dazu gemacht und bin aus bestimmten Gründen auf mein Ergebnis gekommen.
Ich möchte nur wissen, ob meine Kollegen und Leser hier die gleichen Gedankengänge haben und deswegen zum gleichen oder trotzdem zu einem anderen Ergebnis kommen.

Grüße Daniel

jesre
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von jesre » 25.03.2014, 19:30

Ich sach mal so.
Da der Spieler die Uhr angehalten hat und eine Störung reklamiert hat steht Ihm m.M. nach
auch eine Zeitgutschrift zu. Meine Entscheidung wird mir daher vom Spieler abgenommen.

Wenn keiner reklamiert, habe ich als Schiedsrichter einen Ermessensspielraum.
Daher kann ich es Situationsbedingt entscheiden.
Zur Frage ab wann ich als Schiedsrichter selbst eine Zeitgutschrift verhängen würde:
Ich mache schon einen Unterschied ob die Partien (oder der Wettkampf) sich noch
im ruhigen Fahrwasser bewegen oder ob der Ausgang z.B. an dieser einen Partie hängt.

Im Normalfall vergebe ich möglichst keine Strafen, da ich meine das dies nur unnötig
Unruhe ins Spiel bringt. Bin damit bisher recht gut gefahren.

Ich hoffe meine Begründung ist nachvollziehbar.

Gruß Jesre

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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von dfuchs » 26.03.2014, 23:16

Danke für eure Einschätzung.
Ich habe mich am Brett dazu entschlossen es bei einer Verwarnung zu belassen.
Ich war ehrlich hin und her gerissen und kann jeden verstehen der die Zeitgutschrift gegeben hätte.
Schuld daran, dass ich sie nicht gegeben habe ist ehrlich gesagt Holger Moritz.
Seine Entscheidung in Deizisau, die es auf Video gibt und wegen der ich ihn mal angeschrieben habe, ist mir in genau dem Moment wieder in Erinnerung gekommen.

Der Fall damals war zwischen zwei Großmeistern mit jeweils Sekunden auf der Uhr ohne Inkrement, wo ein Spieler mit beiden Händen geschlagen hat und sein Gegner später auf Zeit verloren hat. Mir hat Holger damals erklärt, dass er auch für das beidhändige Schlagen damals nur eine Verwarnung gegeben hätte. Er konnte mich damals überzeugen.

Hier liegt der Fall natürlich etwas anders, da das Remisgebot natürlich eine Störung darstellt, das beidhändige Schlagen "nur" eine einfache Regelwidrigkeit. Aber die Restbedenkzeit des Schwarzspielers war auch noch bedeutend höher.

Zunächst zur Bewertung des Remisangebots selbst. Ich gehe davon aus, dass das Remisangebot des Weißspielers tatsächlich aus dem Stand des Mannschaftskampfs, der geringen Bedenkzeit des Gegners und der Tatsache das Schwarz eine total gewonnene Partie mit den letzten Zügen gerade verdorben hat, heraus entstand. Kein Spieler ist so doof und bietet Remis nur in der Absicht den Gegner aus der Konzentration zu reisen, wenn der Schiedsrichter direkt am Brett steht.

Hätte Schwarz weniger als eine Minute, vielleicht auch schon bei 90 Sekunden, gehabt, dann hätte ich die Gutschrift gegeben. So fand ich aber das hier die Verwarnung gerade noch ausreicht.

Zum Partieende: Schwarz hat sich bis Zug 36 wieder auf etwas mehr als drei Minuten geblitzt. Dann nochmal daneben gegriffen und in verlorener Stellung mit dem 40. Zug die Zeit überschritten.

Ich hoffe auch die Gutschriftgeber können sich mit meiner Begründung anfreunden und meine Entscheidung zumindest nachvollziehen.

Grüße Daniel

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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von hoppepit » 27.03.2014, 00:27

dfuchs hat geschrieben:Ich hoffe auch die Gutschriftgeber können sich mit meiner Begründung anfreunden und meine Entscheidung zumindest nachvollziehen.
Selbstverständlich kann ich das!
Gruß, Peter
Unterlagen für Schiedsrichter und Turnierorganisation:
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Re: Verwarnung oder Zeitgutschrift?

Beitrag von Georg Heinze » 27.03.2014, 09:24

Daniel, da hast Du aber ein paar Dinge unter den Tisch fallen lassen: die vorhergehenden Patzerzüge von schwarz und der Stand des Mannschaftskampfes.
Ich hatte eben wegen der knappen Bedenkzeit von schwarz auch auf eine Zeitgutschrift plädiert, zumal er ja diese offensichtlich wollte, eben wegen der Störung. Ob die Störung andererseits so gravierend war, dass man diese geben muss - das kann man so sehen oder so, ist eben eine Ermessensentscheidung.
Natürlich kann ich auch mit Deiner Entscheidung leben.

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