Handy und "Fair Play"

JoergWeisbrod
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von JoergWeisbrod » 09.06.2015, 13:57

Holger hat geschrieben:Bei den Juristen gibt es den Begriff der Verwirkung. Dies setzt eine zeitliche Handlung voraus in Kenntnis , dass man sofort reklamieren könnte, dies aber nicht tut (weil man sich dies vorbehält, wenn es schief geht) und einen später hinzutretenden Grund. Der Grund ist hier das drohende ein zügige Matt. Provokativ werte ich die Partie mit 0:0, denn ein Sieg des Gegners widerstrebt mir.
FIDE 11.3 sagt nur die Partie ist verloren, ...
Ich schließe mich voll und ganz Daniel an.
Nur weil Dir (Holger) etwas widerstrebt, solltest Du als SR nicht auf irgendetwas anderes entscheiden.
Übrigens sagt FIDE 11.3 schon, dass der Gegner die Partie gewinnt, auch unabhängig davon, ob er noch eine regelgemäße Zugfolge zum Matt hat.
Jörg

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realpatzer
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von realpatzer » 09.06.2015, 17:51

dfuchs hat geschrieben:Wer sagt denn, dass dem Jungen die Strafbarkeit des Handelns seines Gegners früher bekannt war?

Ich meine es gab ja eine Ausnahmeregelung für die erste Runde. Das diese aber nur den Aufbewahrungsort des Handy betraf, nicht aber die Strafe, wusste er vielleicht nicht. Und der Vater hat das erst während der Partie (übrigens nicht ein Zug vor dem Matt!) erfahren und seinem Sohn mitgeteilt.
Ok, dies ist ein Punkt den ich nicht genug gewürdigt habe. Damit kann ich, wenn auch schweren Herzens, mitgehen.

Trotzdem bleibt ein fader Beigeschmack. Aber die FIDE-Regel nebst Turnierregelung lassen wohl keine andere Entscheidung zu.

Gruß Burkhard
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Holger
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Holger » 09.06.2015, 21:46

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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von dfuchs » 10.06.2015, 11:28

Hallo Holger,

wie genau, außer du nimmst den Bericht von Frank Zeller als vollständig den Tatsachen entsprechend, kommst du darauf, dass der Junge unsportlich gehhandelt hat?

Er hat mehrere Dinge getan, die für mich wohl nicht sauber sind, die aber jeden Tag mehrfach in den Turnieren vorkommen.

1. Er hat mit einem Zuschauer (seinem Vater) geredet.
Das kann man unterbinden, ist aber eher üblich. Mit wäre es auch lieber, wenn wir eine Tunierkulisse schaffen würden, in der die Spieler wärend der Partie nicht reden. De facto haben wir das aber nicht und es stand auch nicht in der Ausschreibung. Natürlich achte ich in meinen Turnieren darauf, dass die Unterhaltungen nicht Überhand nehmen und ich versuche auch dabei zu stehen und mitzubekommen, warüber geredet wird, aber ganz verhindern konnte ich es bisher nicht. Selbst auf meinem GM-Turnier mit Jürgen Kohlstädt nicht.

2. Er hat sich eine Regelinformation - aktiv oder passiv ist für mich ungeklärt - nicht vom Schiedsrichter geholt.
OK, das ist auch nicht korrekt. Es schließt aber eine Reklamation deswegen nicht aus. Eine Strafe dafür ist sicherlich möglich. Aber die Verhältnismäßigkeit für einen Punktverlust möchte ich stark bezweifeln.

Es tut mir leid, dass ich hier so Partei für eine Seite nehme, aber die Berichte von Frank Zeller sind für mich wohl gut geschrieben, aber nicht immer gut recherchiert und seitdem er mich mal völlig aus dem Zusammenhang gerissen zitiert hat, habe ich ein bischen ein Problem mit seiner Berichterstattung.

Ich möchte nochmal festhalten, dass ich die dort getroffene Handyregelung für ein Open dieser Größe und Dauer für ungeeignet halte. Ich bin auch der Überzeugung, dass es nur aufgrund dieser unverhältnismäßigen Regel überhaupt zu so etwas kommen konnte. Jedoch empfinde ich den Vorwuf der Unsportlichkeit als deutlich zu stark um ihn einfach auf Vermutungen basierend öffentlich stehen zu lassen.

Um aber einmal eine Lanze für deine Äußerungen zu brechen.
Wenn dem junge Mann die Tatsache, dass das mitgebrachte Handy zum Verlust führt von Anfang an bekannt war und er dementsprechend sicher den Regelverstoß als Backup in der Hinterhand behalten wollte. Ja, dann gebe ich dir Recht, dass eine Wertung mit 1:0 für den Jungen nicht in Frage kommt. Ob die tatsächliche Wertung bei mir 0:0 wäre, dass weiß ich nicht. Tendentiell würde ich eine andere Lösung vorziehen, aber in diesem Fall bin ich auf jeden Fall bereit dir in der Sache zu zu stimmen.

Grüße Daniel

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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Holger » 10.06.2015, 21:39

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Georg Heinze
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Georg Heinze » 11.06.2015, 21:05

Holger hat geschrieben:Wahrscheinlich habe ich über die Stränge gehauen. Aber im Laufe der Zeit, Turnierleiter, RSR, NSR hat sich ein starker Gerechtigkeitssinn entwickelt. Interessant ist, dass dieser Fall auch auf dem FIDE-Lehrgang behandelt wird. Bei Fällen, gehe ich davon aus, das die Schilderung objektiv ist und den tatsächlichen Sachverhalt trifft. Sonst kann man auch nicht diskutieren.
Mit dem Gerechtigkeitssinn ist es leider so eine Sache. Entweder man hat ihn oder man hat ihn nicht.
Wie ich den Beiträgen hier entnehme, ist die Meinung durchaus nicht einheitlich. Für den betreffenden SR ist es natürlich am einfachsten, wenn er sich hinter den Vorschriften "verstecken" kann - hier die DIDE-Regel und die Ausschreibung. Da gibt es nichts zu rütteln. Würde er eine andere Entscheidung fällen, bedarf es einigen Mutes. Natürlich würde auch eine andere Entscheidung (z.B. 0 : 0) zunächst als Entscheidung stehen, aber es könnte dagegen vorgegangen werden. Und da hilft das Argument "Gerechtigkeitssinn" oder der Verweis auf das Vorwort sicherlich wenig und er stünde als der Dumme da - leider.

Holger
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Holger » 17.06.2015, 22:13

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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Eckart » 18.06.2015, 09:58

Holger hat geschrieben:Bei den Juristen gibt es den Begriff der Verwirkung. Dies setzt eine zeitliche Handlung voraus in Kenntnis , dass man sofort reklamieren könnte, dies aber nicht tut (weil man sich dies vorbehält, wenn es schief geht) und einen später hinzutretenden Grund. Der Grund ist hier das drohende ein zügige Matt.
Du schreibst "Bei den Juristen". Sowohl dieser Wendung als auch dem völlig missglücken Versuch der Subsumtion des Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff entnehme ich, dass du zu dem genannten Personenkreis nicht gehörst.
Holger hat geschrieben:Provokativ werte ich die Partie mit 0:0, denn ein Sieg des Gegners widerstrebt mir.
Es gehört nicht zu den Aufgaben des Schiedsrichters, jemand zu provozieren.
Holger hat geschrieben:Tatsache ist, der ältere Mann, der fair gespielt hat, hat einen Fehler gemacht, der zum Verlust der Partie führt (So muss auch entschieden werden, da es drohen könnte, dass das Turnier bei der FIDE nicht ausgewertet wird, wenn anders entschieden wird).
Der "ältere Mann" hat nicht fair gespielt, sondern in zumindest grob fahrlässiger Weise einen eklatanten Regelverstoß begangen. Wer die Regeln bricht, spielt auf keinen Fall "fair".
Holger hat geschrieben:Tatsache ist, der das Handy mit reingebracht hat, hat verloren.
Was mit dem Anderen passiert ist nun ein Problem. Ich glaube jede Entscheidung des Schiedsrichters ist in Ordnung ob 0:1 oder O:0. Eine übergeordnete Instanz wird überprüfen, ob die Entscheidung im Ermessen war, und da sind beide Möglichkeiten gegeben., hoffentlich.
Ich habe 2010 mit dem Turnierleiter begonnen, und seit dieser Zeit hat sich auch mein Sinn für Gerechtigkeit und "fair Play" immer mehr weiter entwickelt. Ich glaube, hier muss jeder für sich selber entscheiden
Für das Ergebnis des Gegners gibt es kein Ermessen. Es heisst in 11.3 b) ganz unmissverständlich:

"Der Gegner gewinnt die Partie."

ob dir das nun passt oder nicht.

Als Schiedsrichter hast du die Regeln anzuwenden, statt dein persönliches Empfinden von Gerechtigkeit und "Fair Play" über die Regeln zu stellen. Nach deinen Ausführungen hier halte ich dich für eine Tätigkeit als Schiedsrichter für gänzlich ungeeignet, da es dir an der erforderlichen Objektivität fehlt.

Holger
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Re: Handy und "Fair Play"

Beitrag von Holger » 19.06.2015, 22:51

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