Höhere Gewalt?

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Georg Heinze
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Höhere Gewalt?

Beitrag von Georg Heinze » 10.01.2008, 13:01

Zum ersten Spieltag im neuen Jahe am 06.01 fielen im Bereich des Sächsischen Schachverbandes 12 !!! Kämpfe aus. Grund: Glatteis.

In der WTO des Schachverbandes Sachsen steht hierzu:
Kann ein Wettkampf zum angesetzten Termin wegen höherer Gewalt oder ihr gleichzusetzender Umstände nicht ausgetragen werden, setzt der Staffelleiter nach Anhörung beider Vereine den ausgefallenen Wettkampf neu an.
Soweit alles klar - oder nicht?
Der Knackpunkt ist: was ist höhere Gewalt oder ihr gleichzusetzende Umstände?
Jedenfalls wurde ein Kampf mit 8 : 0 (wegen Nichtantritt) gewertet, alle anderen Kämpfe werden nachgeholt.
Die Begründung für das 8 : 0 war, dass der Wettkampfort auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist (Zug).
Allerdings muss man als Spieler auch erst mal zum Bahnhof kommen ...

Mich würde interessieren, ob es anderswo ähnlich Probleme gab und wie das in den jeweiligen Turnierordnungen geregelt ist. Danke!

realpatzer
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Beitrag von realpatzer » 12.01.2008, 15:48

Hallo Georg,

das mit dem 0:8 kann doch nur ein schlechter Witz sein, es werden doch selbst innerstädtische Vergleich nachgeholt.

Hat ein Protest hier Erfolg?

Gruß Burkhard

(Markneukirchen - Spielbezirk Chemnitz)
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 12.01.2008, 18:10

Es ist keine Witz!
Siehe 1.Landesklasse A BSW Lok Dresden- BSG Sebnitz
http://www.schachverband-sachsen.de/ps/07_08/1lka.htm

Außer der 8 : 0-Wertung wurde noch entschieden, dass Sebnitz wegen Nichtantritt 50 Euro Geldbuße zu zahlen hat.
Soweit die Fakten.
Mir ist nicht bekannt, ob Sebnitz Rechtsmittel eingelegt hat.

Klaus
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Beitrag von Klaus » 12.01.2008, 18:46

Georg Heinze hat geschrieben:Es ist keine Witz!
Siehe 1.Landesklasse A BSW Lok Dresden- BSG Sebnitz
http://www.schachverband-sachsen.de/ps/07_08/1lka.htm

Außer der 8 : 0-Wertung wurde noch entschieden, dass Sebnitz wegen Nichtantritt 50 Euro Geldbuße zu zahlen hat.
Soweit die Fakten.
Mir ist nicht bekannt, ob Sebnitz Rechtsmittel eingelegt hat.
Das ist ja wirklich ein schlechter Witz, v.a. wenn ich daran denke, dass vor einigen Jahren im Bezirk Mittelfranken ein Spiel wegen "höherer Gewalt" nachgeholt wurde, nachdem die Gastmannschaft bei der Anreise einen Unfall gebaut hat (Hintermann fuhr auf Vordermann auf).

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 12.01.2008, 20:10

Ich sehe schon, es kommt kein rechtes Verständnis auf.
Für die Entscheidung des Staffelleiters muss man noch Folgendes wissen.
Es gab vor einigen Jahren einen ähnlichen Fall:
Zur vorletzten Runde trat die eine Mannschaft (A) wegen chaotischer Schneefälle nicht an. Der Staffelleiter verfügte, dass sich die beiden Mannschaften sich auf einen von ihm vorgeschlagenen Nachholetermin zu einigen hätten. Es kam aber zu keiner Einigung bis zur letzten Runde. Ein Nachspielen danach wurde seitens des Staffelleiters wegen Wettbewerbsverzerrung abgelehnt. Da die nichtangetretene Mannschaft (A) einen Termin akzeptierte, den die gegnerische Mannschaft (B) aber ablehnte, wurde dieser Kampf von ihm 8 : 0 für Mannschaft (A) gewertet.
Gegen diese Entscheidung lehnte die Mannschaft (B) Rechtsmittel ein. Vom Wettkampf- und Turniergericht als oberster Rechtsinstanz wurde dann entschieden, dass Mannschaft (B) den Kampf 8 : 0 gewinnt, weil Mannschaft (A) hätte spielen müssen. Als Begründung wurde angeführt, dass der Spielort auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar gewesen wäre.
Pikant daran: Mannschaft (B) konnte sich mit dieser Entscheidung "am grünen Tisch" vor dem Abstieg retten.
Da der Staffelleiter in dem hier geschilderten Fall u.U. eine ähnliche Entscheidung des WTG sah, verfügte er gleich das 8 : 0.

realpatzer
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Beitrag von realpatzer » 16.01.2008, 11:26

Jo das Verständnis fehlt, sowohl für den einen wie für den anderen Fall.

Man plant ja seine Anreise vorher und legt dort fest, welche Verkehrsmittel verwendet werden. Treten nun plötzlich unmögliche Verhältnisse auf, kann man nicht so einfach das Verkehrsmittel wechseln.

Der "Präzedenzfall" erscheint noch komischer. Hier wurde ja nicht Protest gegen den Ausfall eingelegt sondern nur gegen die Wertung des ausgefallenen Nachholspiels. Da möchte ich aber die ausgebildeten Regelkundigen zuerst zu wort kommen lassen.

Gruß Burkhard
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 19.01.2008, 20:18

Der aktuelle Fall relativiert sich insoweit, dass der Kampf neu angesetzt wurde.
Ich nehme zwar nicht an, dass die Diskussion hier zu der neuen Überlegung geführt hat, aber sicher zählten doch andere schlagkräftige Argumente.

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Schlußfolgerung

Beitrag von turmopen » 01.02.2008, 15:31

Liebe Kollegen,
der Vorstand des SVS hat bereits reagiert.
Folgende Maßnahmen sollen zu einem einheitlichen Wissensstand der Staffelleiter beitragen:
1 .Im ersten Halbjahr 2008 werden alle Staffelleiter des SVS in der Benutzung des Online-Portals weitergebildet. Dieser Lehrgang ist für alle Staffelleiter obligatorisch.
2. Ab der Saison 2009/2010 werden nur noch Staffelleiter eingesetzt die mindestens Turnierleiter sind.
3. Die Landesspielkommission erarbeitet Auslegungshilffen der WTO damit alle Staffelleiter einheitlich entscheiden.
Zuletzt geändert von turmopen am 04.02.2008, 20:21, insgesamt 1-mal geändert.
Andre Martin
FIDE-Schiedsrichter
Präsident Schachverband Sachsen e.V.
Mitglied Olympiaausschuß des DSB

Georg Heinze
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Freudige Nachricht

Beitrag von Georg Heinze » 02.02.2008, 15:00

Es freut mich sehr, dass der Präsident des SVS positiv schlussfolgernd reagiert hat.
Es ist und bleibt eine unangenehme Situation, wenn ein praktisch gleicher Sachverhalt vom Turnierleiter, Staffelleiter, Schiedsrichter unterschiedlich
bewertet wird mit den sich dann daraus ergebenden unterschiedlichen Konsequenzen.

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Re: Höhere Gewalt?

Beitrag von Eckart » 06.05.2008, 00:23

Georg Heinze hat geschrieben: In der WTO des Schachverbandes Sachsen steht hierzu:
Kann ein Wettkampf zum angesetzten Termin wegen höherer Gewalt oder ihr gleichzusetzender Umstände nicht ausgetragen werden, setzt der Staffelleiter nach Anhörung beider Vereine den ausgefallenen Wettkampf neu an.
Soweit alles klar - oder nicht?
Der Knackpunkt ist: was ist höhere Gewalt oder ihr gleichzusetzende Umstände?
Höhere Gewalt:
ein von außen kommendes, nicht voraussehbares und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis, Beispiel: Krieg, Kriegsgefahr, innere Unruhen, Naturkatastrophen, Reaktorunfälle (BGHZ 100, 185).

Glatteis: vielleicht ja.
Hausmeister verschläft und schließt das Spiellokal nicht auf: nein.

Was aber sollen "ihr gleichzusetzende Umstände" sein?
Diese Vorschrift halte ich wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot für unwirksam.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 06.05.2008, 10:19

Eckart schrieb:

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Was aber sollen "ihr gleichzusetzende Umstände" sein? 
Eben darum geht es. Bei der aufgeführten Definition von "Höherer Gewalt" steht nur was von Naturkatastrophen. Nun sind winterliche Verhältnisse natürlich keine Naturkatastrophe. Aber die Art der Wetterunbilden kann so gravierend sein, dass man von "gleichzusetzenden Umständen" sprechen kann.
Wie der Präsident des SVS bereits ausführte, sollen künftig klarere Definitionen her.

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