Regelwidriger Zug nach Blättchenfall entdeckt

Klaus
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Beitrag von Klaus » 16.04.2008, 14:36

Interessanterweise steht in der heutigen Chesscafe-Kolumne Geurt Gijssens eine Frage, die dieses Thema berührt.
Question During a normal game (65/65), White had a mate in two moves, but one second remaining on the digital clock, and Black had more than two minutes. Black then made an illegal move and pressed the clock. Before White could stop the clock, time ran out and Black claimed a win. White then claimed two minutes extra time for the illegal move. I was not at the board to witness the proceedings, but accepted the story, as both players agreed on the basic facts.

I dismissed White’s claim, as I thought that giving extra time is discretionary, and since White could not complete the necessary two moves in the remaining one second, I gave Black the win on time. In reviewing the rules, I read that the time penalty is mandatory in the case of an illegal move. If that were done, White would probably have won. I could not get the players together before the next round to correct my wrong decision, so I changed the outcome of the match to a draw. This seemed like a fairer outcome than a loss for one side. Your comments please. Wim Slabbert (South Africa)

Answer I refer to Article 7.4 (in part) of the Laws of Chess:

If during a game it is found that an illegal move has been completed, the position immediately before the irregularity shall be reinstated.

The clocks shall be adjusted according to Article 6.14 (The arbiter shall use his best judgement to determine the times to be shown on the clocks.)

For the first two illegal moves by a player the arbiter shall give two minutes extra time to his opponent in each instance; for a third illegal move by the same player, the arbiter shall declare the game lost by this player.

When you read these three paragraphs, then it is very clear what should be done.

* Reset the position before the illegal move was completed.
* Adjust the clocks. In this case it is very easy, because you knew the exact times shown on the clocks (White: one second; Black: two minutes)
* After the clock times are adjusted, give two minutes to the opponent of the player that completed an illegal move (in this case: White).

These are the required actions. The fact that White now has two minutes and one second on his clock is simply the consequence of Black’s illegal move. It is clear that your decision to declare the game lost for White was completely wrong. Yet your decision to declare the game drawn seems somewhat dubious, because, as I understand it, White had an (easy?) mate in two moves. I am also curious as to whether or not both players agreed with your decision to declare the game drawn.
Somit scheint die Zeitüberschreitung nicht automatisch den Partieverlust nach sich zu ziehen.

Werner
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Re: Geforderte Züge in der Endspurtphase?

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 14:44

[quote="thomas.soergel"]Einen Fall möchte ich noch anführen, der auch nicht gewinnt: Partie ist mit regulären Zügen nicht zu gewinnen.
Beispiel: K+T gegen K+L
Diese Stellung ist sicher nicht tot, aber wenn beim Turm das Blättchen fällt, ist ein Matt nicht möglich ==> Remis.[/quote]

Dieser Fall wiederum ist in Art. 6.10 Satz 2 geregelt.

Werner
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Beitrag von Werner » 16.04.2008, 14:50

Geurt Gijssen erwähnt mit keinem Wort, was denn mit "During the game" gemeint sei, ist sich damit anscheinend der Problemstellung, die sich daraus ergeben könnte, gar nicht bewusst.

Sollte man mal nachfragen.


Außerdem verstehe ich den dort dargestellten Sachverhalt

"Before White could stop the clock"

so, dass die Reklamation des regelwidrigen Zuges VOR der Reklamation der Zeitüberschreitung erfolgte, also genau andersherum als in den hier von uns diskutierten Fällen, denn warum sonst sollte Weiß die Uhr anhalten wollen?

thomas.soergel
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Übersetzungsprobleme

Beitrag von thomas.soergel » 16.04.2008, 15:04

Werner hat geschrieben:Geurt Gijssen erwähnt mit keinem Wort, was denn mit "During the game" gemeint sei, ist sich damit anscheinend der Problemstellung, die sich daraus ergeben könnte, gar nicht bewusst.
Also "During a normal game (65/65), White had a mate in two moves, but one second remaining on the digital clock, and Black had more than two minutes." übersetze ich mit
"Während einer normalen Partie (65/65) hatte Weiß ein zweizügiges Matt, aber nur noch eine Sekunde auf der Digitaluhr, Schwarz hatte mehr als zwei Minuten." Dieser Satz beschreibt also die Szene exakt vor dem Zwischenfall, somit ist das Wort "during" hier von untergeordneter Bedeutung.
Weiterhin ist eine Reklamation erst dann gültig, wenn der Spieler die Uhr anhält, um den SR zu rufen. Es ist für die Ansicht von Sfr. Gijssen auch unerheblich, weil er eben auch der Ansicht ist, dass Art. 7.4 noch angewendet werden darf. Bin ich wenigstens nicht allein mit meiner Meinung :D
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 15:39

[quote="thomas.soergel"]
Weiterhin ist eine Reklamation erst dann gültig, wenn der Spieler die Uhr anhält, um den SR zu rufen.[/quote]

Wie kommst Du denn darauf?
Das hast Du Dir eben ausgedacht, oder?

Es gibt zwar Reklamationsarten, bei denen das Anhalten der Uhren zwingend erforderlich ist (z.B. Stellungswiederholung, 50 Züge), eine Regel, dass das Anhalten der Uhr für eine Reklamation immer erforderlich sei, gibt es jedoch nicht.

Zeitüberschreitung des Gegners kann ich doch auch dann wirksam reklamieren, wenn meine eigene Uhr läuft, ohne dass ich diese abstelle, oder etwa nicht?!
Zuletzt geändert von Werner am 16.04.2008, 15:56, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von thomas.soergel » 16.04.2008, 15:56

Werner hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben: Weiterhin ist eine Reklamation erst dann gültig, wenn der Spieler die Uhr anhält, um den SR zu rufen.
Wie kommst Du denn darauf?
Das hast Du Dir eben ausgedacht, oder?

Es gibt zwar Reklamationsarten, bei denen das Anhalten der Uhren zwingend erforderlich ist (z.B. Stellungswiederholung, 50 Züge), eine Regel, dass das Anhalten der Uhr für eine Reklamation immer erforderlich sei, gibt es jedoch nicht.

Zeitüberschreitung des Gegners kann ich doch auch reklamieren, ohne dass ich meine eigene Uhr anhalte, oder etwa nicht?!
Auf den entsprechenden Lehrgängen wurde mir von entsprechend ausgebildeten SR explizit gesagt, dass eine Reklamation nicht beachtet wird, solange die Uhr läuft. Ich wäre an Deiner Stelle vorsichtig mit solchen Unterstellungen, ich würde mir sowas ausdenken.
ZÜ kannst Du natürlich auch reklamieren, ohne die Uhr anzuhalten, ich wünsche Dir aber viel Vergnügen, wenn Du im Schnell- oder Blitzschach an die Falschen gerätst, die erst etwas stutzen und dann auf Dein mittlerweile auch gefallenes Blättchen deuten. Ein SR, der dann herbeikommt und Aussage gegen Aussage hat...
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:00

[quote="thomas.soergel"]
ZÜ kannst Du natürlich auch reklamieren, ohne die Uhr anzuhalten, ich wünsche Dir aber viel Vergnügen, wenn Du im Schnell- oder Blitzschach an die Falschen gerätst, die erst etwas stutzen und dann auf Dein mittlerweile auch gefallenes Blättchen deuten. Ein SR, der dann herbeikommt und Aussage gegen Aussage hat...[/quote]

In den hier zuletzt erörterten Sachverhalten geht es ausschließlich um Turnierschach, nicht um Schnellschach oder Blitzschach. Im Schnellschach oder Blitzschach gilt natürlich Anhang B8, nicht aber im normalen Turnierschach.
(65/65) ist auch kein Schnellschach.

Werner
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:04

[quote="thomas.soergel"]Auf den entsprechenden Lehrgängen wurde mir von entsprechend ausgebildeten SR explizit gesagt, dass eine Reklamation nicht beachtet wird, solange die Uhr läuft. Ich wäre an Deiner Stelle vorsichtig mit solchen Unterstellungen, ich würde mir sowas ausdenken.
[/quote]

Auf den von mir besuchten Lehrgängen wurde eine derart allgemein formulierte "Regel" niemals vorgetragen.

Ich habe auch nichts unterstellt, sondern eine Frage aufgeworfen.

Deine Antwort zeigt, dass du diese deine Behauptung nicht durch Vorschriften aus den FIDE-Regeln belegen kannst.

Werner
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:07

[quote="thomas.soergel"]wenn Du im Schnell- oder Blitzschach an die Falschen gerätst, die erst etwas stutzen und dann auf Dein mittlerweile auch gefallenes Blättchen deuten. Ein SR, der dann herbeikommt und Aussage gegen Aussage hat...[/quote]

Gemäß B9. ist in diesen Fällen die Partie ohne weiteres remis, so dass es auf diese oder jene "Aussage" gar nicht ankommt.





Es bleibt dabei:

In dem Geurt Gijssen vorgetragenen Sachverhalt erfolgte eine wirksame Reklamation des regelwidrigen Zuges VOR dem Hinweis auf das gefallene Blättchen und damit unzweifelhaft "während" der Partie.

Gijssens Auffassung hierzu enthält also keine Aussage dazu, wie in dem in diesem Forum diskutierten Ausgangsfall, dass der regelwidrige Zug erst NACH dem Hinweis auf das gefallene Blättchen entdeckt wird, verfahren werden soll.
Zuletzt geändert von Werner am 16.04.2008, 16:13, insgesamt 1-mal geändert.

Klaus
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Klaus » 16.04.2008, 16:09

Werner hat geschrieben:In den hier zuletzt erörterten Sachverhalten geht es ausschließlich um Turnierschach, nicht um Schnellschach oder Blitzschach. Im Schnellschach oder Blitzschach gilt natürlich Anhang B8, nicht aber im normalen Turnierschach.
1. Unter einem "normal game" verstehe ich eine Turnierpartie.

2. Offensichtlich ist Geurt Gijssen der Meinung, dass die Korrektur eines regelwidrigen Zuges Vorrang hat und nicht die Zeitüberschreitung.

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Es nervt

Beitrag von thomas.soergel » 16.04.2008, 16:14

Werner hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben:Auf den entsprechenden Lehrgängen wurde mir von entsprechend ausgebildeten SR explizit gesagt, dass eine Reklamation nicht beachtet wird, solange die Uhr läuft. Ich wäre an Deiner Stelle vorsichtig mit solchen Unterstellungen, ich würde mir sowas ausdenken.
Deine Antwort zeigt, dass du diese deine Behauptung nicht durch Vorschriften aus den FIDE-Regeln belegen kannst.
Könnte man sich nur nach den FIDE-Regeln richten, bräuchte man wohl keine Lehrgänge, ich frage mich langsam aufgrund Deiner Antworten, ob Du je einen solchen besucht hast. :evil:
Deine Wortklauberei nervt im übrigen. Ich weiß auch, dass es sich im vorliegenden Fall um eine lange Partie gehandelt hat und dass es von Bedeutung ist, wessen Fähnchen zuerst fällt. Nur allgemein zu sagen, ZÜ kann man reklamieren, ohne die Uhren anzuhalten, geht halt nicht immer gut.
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Werner
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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:15

[quote="Klaus"]
1. Unter einem "normal game" verstehe ich eine Turnierpartie.
[/quote]

Ich auch.
Ist etwa jemand anderer Auffassung?
Zuletzt geändert von Werner am 16.04.2008, 16:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Danke für die Hilfe

Beitrag von thomas.soergel » 16.04.2008, 16:19

Klaus hat geschrieben:
Werner hat geschrieben:In den hier zuletzt erörterten Sachverhalten geht es ausschließlich um Turnierschach, nicht um Schnellschach oder Blitzschach. Im Schnellschach oder Blitzschach gilt natürlich Anhang B8, nicht aber im normalen Turnierschach.
1. Unter einem "normal game" verstehe ich eine Turnierpartie.

2. Offensichtlich ist Geurt Gijssen der Meinung, dass die Korrektur eines regelwidrigen Zuges Vorrang hat und nicht die Zeitüberschreitung.
So sehe ich das auch, nur Werner hat damit Probleme :lol:
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Re: Es nervt

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:27

[quote="thomas.soergel"]Könnte man sich nur nach den FIDE-Regeln richten, bräuchte man wohl keine Lehrgänge, ich frage mich langsam aufgrund Deiner Antworten, ob Du je einen solchen besucht hast. :evil:
Deine Wortklauberei nervt im übrigen. Ich weiß auch, dass es sich im vorliegenden Fall um eine lange Partie gehandelt hat und dass es von Bedeutung ist, wessen Fähnchen zuerst fällt. Nur allgemein zu sagen, ZÜ kann man reklamieren, ohne die Uhren anzuhalten, geht halt nicht immer gut.[/quote]

Immer hübsch sachlich bleiben.

Wahrscheinlich habe ich nur nicht dieselben Lehrgänge wie du besucht.

Erinnern kann ich mich allerdings daran, dass gelehrt wurde, dass grundsätzlich nur der Spieler wirksam etwas reklamieren kann, der im Moment der Reklamation am Zuge ist. ("Grundsätzlich" heisst natürlich nicht, dass es hiervon kein Ausnahmen gibt.)

Daran, dass gelehrt worden wäre, dass zur Wirksamkeit einer Reklamation IMMER das Anhalten der Uhr gehörte, kann ich mich nicht erinnern.

Wo das Anhalten der Uhren als Wirksamkeitsvoraussetzung ausdrücklich genannt wird - z. B. Art. 9.5, Art. 10.2 oder Anhang B8. - gehört es sicherlich dazu.

Dann gehört es dort, wo es nicht aufgeführt wird, nicht zu den Voraussetzungen einer wirksamen Reklamation.
Als Beispiel hierfür habe ich die Reklamation von ZÜ in einer Turnierpartie angeführt.

Wenn du jetzt sagst, dass in einer Schnellschach- oder Blitzpartie etwas anderes gelte, wird meine vorherige Aussgae dadurch doch gerade nicht in Frage gestellt.
Zuletzt geändert von Werner am 16.04.2008, 16:39, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: Übersetzungsprobleme

Beitrag von Werner » 16.04.2008, 16:33

[quote="Klaus"]Offensichtlich ist Geurt Gijssen der Meinung, dass die Korrektur eines regelwidrigen Zuges Vorrang hat und nicht die Zeitüberschreitung.[/quote]

So offensichtlich geht das meiner Meinung nach aus seiner Antwort nicht hervor, da Gijssen nicht einmal in Erwägung zieht, ob die Reklamation des regelwidrigen Zuges nicht mehr "during a game" erfolgte.

Wenn er aber ein mögliches Problem überhaupt nicht erörtert, kann man seiner Antwort auch nicht entnehmen, wie er zu diesem Problem steht.

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