Regelwidriger Zug nach Blättchenfall entdeckt

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 16.04.2008, 18:06

Werner schrieb im Eingangsthread:
Was nun?
nachdem er einen Vorfall schilderte.
Die einfache Antwort darauf lautet: der Schiedsrichter entscheidet.
Nach den hier gemachten Aussagen, sind die Meinungen unterschiedlich und so unterschiedlich würden sie auch entscheiden, egal ob sie nun Geurt Gijssen, stingray, hoppepit, Werner, thomas.soergel oder anders heißen.
Da alle entsprechende FIDE-Regeln zur Beweisführung für die Richtigkeit ihres Standpunktes anführen, kann es doch nur so sein, dass diese Regeln nicht eindeutig sind oder sie eben falsch interpretiert werden.
Diese Feststellung hatten wir auch schon.
Falls nun auch die betreffende Entscheidung des Schiedsrichters nicht akzeptiert wird, egal ob richtig oder falsch, gibt es nur die Chance, wiederum Rechtsmittel einzulegen. Entsprechend der jeweiligen Turnierordnung ist dann irgendwann eine ENDGÜLTIGE Entscheidung zu
treffen, die man dann wohlwollend oder mit Zähneknirschen zu akzeptieren hat.
Eventuell besteht ja die Chance, dass dieses Forum auch von Funktionären gelesen wird, die ggf. direkt oder indirekt auch auf Änderungen/Präzisierungen von FIDE-Regeln Eibfluss habe. Ansonsten bleibt uns nichts weiter übrig, als die jetzigen Regeln so zu nehmen wie sie sind.

hoppepit
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Beitrag von hoppepit » 16.04.2008, 18:22

Georg Heinze hat geschrieben:Die einfache Antwort darauf lautet: der Schiedsrichter entscheidet.
Genauso sieht es aus!
Ich denke, dieses Thema werden wir Ende Mai mal auf dem NSR-Lehrgang in Koblenz "auf den Tisch" bringen. Bin mal gespannt, wie der "Ausbilder" den Fall sieht.
Gruß, Peter
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 16.04.2008, 19:05

hoppepit schrieb:
Bin mal gespannt, wie der "Ausbilder" den Fall sieht.
Ich denke mal, er wird auch nur eine der hier bereits zitierten Aussagen treffen.
Es gibt eben Sachverhalte, da gibt es unterschiedliche Meinungen.
Man braucht ja nur die Probleme hier im Forum oder auch die im DSB-Forum daraufhin näher anzusehen.
Abgesehen von mancher von jeglicher Regelkenntnis ungetrübten Meinung gibt es immer dann unterschiedliche Meinungen, wenn die Regeln oder Turnierordnungen nicht ganz eindeutig sind.
Aber auch mit Gesetzen ist es so, sonst brauchten wir wohl nicht so viele Anwälte.

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Einheiliche Linie gewünscht

Beitrag von thomas.soergel » 17.04.2008, 07:47

Georg Heinze hat geschrieben:Ich denke mal, er wird auch nur eine der hier bereits zitierten Aussagen treffen.
Es gibt eben Sachverhalte, da gibt es unterschiedliche Meinungen.
Man braucht ja nur die Probleme hier im Forum oder auch die im DSB-Forum daraufhin näher anzusehen.
Abgesehen von mancher von jeglicher Regelkenntnis ungetrübten Meinung gibt es immer dann unterschiedliche Meinungen, wenn die Regeln oder Turnierordnungen nicht ganz eindeutig sind.
Aber auch mit Gesetzen ist es so, sonst brauchten wir wohl nicht so viele Anwälte.
Ich kann mich den Ausführungen von hoppepit und Dir nur anschließen. Auf einem Lehrgang für NSR wird es sicherlich erfahrenere Kollegen als Werner oder mich geben. Es wäre einfach wichtig, wenn man einheitlich verfahren könne.
Nachdem Artikel 7.4a) nur während der Partie angewendet werden kann, lautet die Frage schlicht und ergreifend, ob die Partie bereits beim Blättchenfall (6.2a, 6.3, 6.9 und 6.10) schon beendet ist oder erst, wenn der SR die Anforderungen nach Art. 6.3 durchgeführt hat.
Falls eine einheitliche Linie nicht möglich ist, sollte umgehend dieser Fall in Verbindung mit Artikel 14 zur Regelung an die FIDE verwiesen werden.
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Beitrag von Georg Heinze » 17.04.2008, 08:10

Wenn auch die hier geäußerten Meinungen auseinander gehen, ist aber doch offensichtlich Konsenz, dass Regelungsbedarf besteht.
Insofern ist die Diskussion hoffentlich nicht ganz fruchtlos.
thomas.soergel schrieb:
... lautet die Frage schlicht und ergreifend, ob die Partie bereits beim Blättchenfall (6.2a, 6.3, 6.9 und 6.10) schon beendet ist oder erst, wenn der SR die Anforderungen nach Art. 6.3 durchgeführt hat.
Mit ist zwar klar, was gemeint ist, aber wenn so ein Satz in den FIDE-Regeln stünde... Bekanntlich ist nicht nur der Blättchenfall ebtscheidend, sondern auch die geforderte Zügezahl.

Eckart
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Beitrag von Eckart » 18.04.2008, 18:08

Die Attacken, die thomas.soergel gegen Werner führt, finde ich sehr befremdlich.
Korrekturen als "Wortklaubereien" abzutun und rein sachliche Einwände mit "Es nervt" zu kommentieren, so geht man vielleicht in der bayerischen Dorfjugend miteinander um, aber nicht unter Schiedsrichtern.

Ja, ich kann nur hoffen, dass die Ausbilder beim Schiedsrichterlehrgang sich in stärkerem Maße dem Sachlichkeitsgebot verpflichtet fühlen als thomas.soergel es hier tut.

Bei den Lehrgängen, an denen ich teilgenommen habe, war davon, dass zu einer wirksamen Reklamation immer unbedingt die Uhr angehalten werden müsse, nicht die Rede. Zumal da bei einem regelwidrigen Zug in einer Turnierpartie auch der Schiedsrichter einzugreifen berechtigt und verpflichtet ist. Und der muss bestimmt nicht die Uhr anhalten, bevor sein Eingreifen Wirkung entfalten kann.

Ich möchte einen von Werner vorgebrachten Aspekt wiederholen, der hier kaum Beachtung fand, dass nämlich, wenn man derjenigen Ansicht folgt, nach der im Fall von Zeitüberschreitung die "Beendigung" der Partie erst bei Ende der Rekonstruktion und nicht schon beim Blättchenfall eintritt, das Ergebnis der Partie davon abhängt, wie gewandt der Schiedsrichter beim Mitschreiben ist.
a) Schreibt der Schiedsrichter vollständig mit, liegt eine vollständige Aufzeichnung vor, und eine Rekonstruktion findet nicht statt. Vielmehr erfolgt die Verlusterklärung sofort nach Blättchenfall.
b) Ein Schiedsrichter, der es nicht schafft, vollständig mitzuschreiben, muss zusammen mit den Spielern den Partieverlauf rekonstruieren, was erst die Möglichkeit eröffnet, den regelwidrigen Zug zu entdecken, so dass diese Entdeckung noch vor der Erklärung "Verlust durch ZÜ" und damit "während der Partie" erfolgt.
Dass das Partieergebnis demnach davon abhängen soll, wie zügig der Schiedsrichter mitschreibt, bereitet mir großes Unbehagen.

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Beitrag von hoppepit » 18.04.2008, 18:24

Eckart hat geschrieben:Dass das Partieergebnis demnach davon abhängen soll, wie zügig der Schiedsrichter mitschreibt, bereitet mir großes Unbehagen.
Genau das ist auch bei mir der Knackpunkt!!
Deshalb vertrete ich nach wie vor den Standpunkt, daß die Rekonstruktion in erster Linie dazu dient, die Anzahl der gespielten Züge zu ermitteln. Alles andere ist für mich zweitrangig.
Gruß, Peter
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Beitrag von thomas.soergel » 19.04.2008, 00:18

Eckart hat geschrieben:Die Attacken, die thomas.soergel gegen Werner führt, finde ich sehr befremdlich.
Korrekturen als "Wortklaubereien" abzutun und rein sachliche Einwände mit "Es nervt" zu kommentieren, so geht man vielleicht in der bayerischen Dorfjugend miteinander um, aber nicht unter Schiedsrichtern.
Tja, so viel dann zur Sachlichkeit von Eckart.
Im übrigen, wenn es Spieler die Aufzeichnungen des SR anzweifelt, wird ein guter SR es ihm sicher beweisen, indem er rekonstruiert. Ich stehe hier auf dem Standpunkt, lieber einmal zu viel also zu wenig.
Es wird aber in der Regel sicherlich so sein, dass der SR sein Formular zeigt, wo er alles mitschreibt und in der Regel wird der "gefallene" Spieler dies auch glauben.
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Unbehagen

Beitrag von thomas.soergel » 19.04.2008, 00:23

Eckart hat geschrieben:b) Ein Schiedsrichter, der es nicht schafft, vollständig mitzuschreiben, muss zusammen mit den Spielern den Partieverlauf rekonstruieren, was erst die Möglichkeit eröffnet, den regelwidrigen Zug zu entdecken, so dass diese Entdeckung noch vor der Erklärung "Verlust durch ZÜ" und damit "während der Partie" erfolgt.
Dass das Partieergebnis demnach davon abhängen soll, wie zügig der Schiedsrichter mitschreibt, bereitet mir großes Unbehagen.
Wie schon geschildert, darf auch die Mitschrift des SR angezweifelt werden, auch wenn dies der "gefallene Spieler" eher aus Frust macht.
Es würde mir aber noch viel größeres Unbehagen bereiten, wenn ein irregulärer Zug eine Partie beeinflusst und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann oder könnte, je nachdem, was letztendlich stimmt.
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Beitrag von Frank » 19.04.2008, 18:02

Hallo Zusammen,
ich will dann auch mal einen kurzen Kommentar abgeben. Wenn der Schiedsrichter es nicht schafft mitzuschreiben.. das kann ja vorkommen stricheln sollte er aber schaffen..
Ich würde auch auf Verlust der Partie durch ZÜ entscheiden. Beendet ist beendet.
Es ist halt das Risiko von beiden wenn sie so schlecht mit ihrer Zeit Haushalten. Würde bei so extremer Zeitnot dann auch keinem eine Absicht unterstellen wollen.
Wie viele Partien müssten neu gespielt werden bei denen beim Nachspielen ein regelwidrige Züge Festgestellt werden mal so am Rande gefragt?


Gruß Frank

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So viele sind es auch nicht

Beitrag von thomas.soergel » 19.04.2008, 18:50

Frank hat geschrieben:Wie viele Partien müssten neu gespielt werden bei denen beim Nachspielen ein regelwidrige Züge Festgestellt werden mal so am Rande gefragt?
Man bräuchte natürlich entsprechende Statistiken, ich persönlich glaube nicht, dass es so viele sind. Insbesondere in höheren Klassen.
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Beitrag von Stingray » 20.04.2008, 10:13

Um es noch mal zu wiederholen: Die Frage ist ja eben gerade nicht, wie es beim "Nachspielen" der Partie aussieht. Das ist glasklar geregelt. Regelwidrige Züge können nur während der Partie reklamiert werden. Punkt.

Die Frage, die im Raum steht (und hier offenbar nicht eindeutig geklärt werden kann), ist, ob die Rekonstruktion zum Nachzählen der gespielten Züge Bestandteil der Partie ist oder nicht.

Ich bin nebenbei immer noch der Meinung, diese Rekonstruktion ist Bestandteil der Partie - weswegen der regelwidrige Zug entsprechend zu ahnden ist. Um einfach mal ein (hoffentlich) neues Argument in den Raum zu werfen: Ich behaupte, die Partie läuft so lang, bis der Schiedsrichter ihre Beendigung feststellt (ohne anwesenden Schiedsrichter übernehmen das entsprechend die beiden Spieler, aber lassen wir das mal wegen Irrelevanz für den geschilderten Fall bitte außer Acht; die Diskussion ufert sowieso schon viel zu lange aus). Im vorliegenden Fall benötigt er offenbar die Rekonstruktion zu ebendieser Feststellung. Ergo läuft das Spiel beim Entdecken des Zuges noch. -> Regel 7.4 greift.

Und das ist definitiv mein letzter Beitrag hier zu diesem Thema. (Wer nach Koblenz fährt: Das können wir gerne vor Ort noch mal bereden. :wink: )

dfuchs
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Beitrag von dfuchs » 02.06.2008, 16:38

Stingray, hoppepit und meine Wenigkeit haben am letzten Wochenende unsere Prüfung zum Nationalen Schiedsrichter bestanden.
Im Rahmen dieses Lehrgangs haben wir auch diese Frage geklärt.
Jürgen Kohlstädt und Jürgen Klüners haben uns berichtet, dass in der Schiedsrichterkommision Einigkeit darüber besteht, dass die Rekonstruktion teil der Partie ist.

Sollte also wärend der Rekonstruktion ein unmöglicher Zug bemerkt werden, so sind sämtliche Konsequenzen der Regel 7.4 a) und b) zu befolgen und die Partie zurück zu Stellen.

Die Uhren sind nach bestem Wissen zu stellen zwei Minuten sind dem der nicht den unmöglichen Zug getätigt hat hinzuzugeben und die Partie unter Berücksichtigung von "berührt geführt" fortzusetzen.

Gruß Daniel

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 02.06.2008, 17:58

Soweit, so gut.
Noch besser wäre es allerdings, dass sich nicht nur die Schiedsrichterkommission über den hier genannten Sachverhalt einig ist, sondern auch ALLE Schiedsrichter die gleiche Meinung hätten. Das ist nach den Darstellungen hier nicht der Fall. Das wiederum deswegen, weil die FIDE-Regeln offensichtlich so oder so interpretierbar sind. Das ist leider kein Einzelfall und es kann letzten Endes auch nicht alles haarklein geregelt sein - soll es auch nicht. Aber eklatante Fälle wie der hier Genannte sollten in den Regeln schon etwas eindeutiger präzisiert werden.
Vielleicht trägt das Forum ein wenig dazu bei, dass die dafür kompetenten Funktionäre sich dafür einsetzen.

Klaus
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Beitrag von Klaus » 03.06.2008, 14:58

Georg Heinze hat geschrieben:Soweit, so gut.
Noch besser wäre es allerdings, dass sich nicht nur die Schiedsrichterkommission über den hier genannten Sachverhalt einig ist, sondern auch ALLE Schiedsrichter die gleiche Meinung hätten. Das ist nach den Darstellungen hier nicht der Fall. Das wiederum deswegen, weil die FIDE-Regeln offensichtlich so oder so interpretierbar sind. Das ist leider kein Einzelfall und es kann letzten Endes auch nicht alles haarklein geregelt sein - soll es auch nicht. Aber eklatante Fälle wie der hier Genannte sollten in den Regeln schon etwas eindeutiger präzisiert werden.
Vielleicht trägt das Forum ein wenig dazu bei, dass die dafür kompetenten Funktionäre sich dafür einsetzen.
Ich nehme doch an, dass sich die Turnierleiter/Schiedsrichter in Deutschland an die Empfehlungen der Schiedsrichterkommision halten.

Es ist gut, dass dieser Sachverhalt seitens der Schiedsrichterkommission geklärt wurde. Weiterhin wäre es gut, wenn er auf dieser Site unter dem Punkt "Regelauslegung" festgehalten würde.

Zum Schluss: Herzlichen Glückwunsch an die neuen nationalen Schiedsrichter hoppepit, Stingray und dfuchs!

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