Erkennung von Zeitüberschreitungen

Werner
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Beitrag von Werner » 25.10.2007, 10:13

Da bin ich mir ganz sicher!

Das Wort "verbleibenden" in Art. 10.1 ist (in Klammern) gesetzt, so dass diese Norm entweder

"... in welcher alle Züge ..."

oder aber

"... in welcher alle verbleibenden Züge ..."

zu lesen ist.

Der erste von diesen beiden Fällen umfasst auch die Schnellschachpartie.



Zusätzliches Argument:

Nach Anhang C2. Satz 2 gilt Artikel 10.2 im BLITZschach nicht.

Da im Anhang B eine entsprechende Vorschrift nicht enthalten ist, gilt Art. 10.2 im SCHNELLschach durchaus.

Martin
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Schnellschach

Beitrag von Martin » 03.08.2008, 14:22

Ich möchte mich vorab dafür entschuldigen, falls ich irgendetwas an anderer Stelle überlesen habe, aber nach einem gestrigen Schnellschachturnier, wo ich Zuschauer bei einer turnierentscheidenden Partie war, nagt da ein Frage an mir, deren Antwort mir nicht ganz klar ist.
Die Situation: Nach einem hochklassigen Partieverlauf laufen auf beiden Uhren die letzten Sekunden runter, Schwarz hat inzwischen vermutlich eine Gewinnstellung und auch zwei oder drei Sekunden mehr, beide ziehen zügig im Sekundentakt, die Uhren zeigen mit besagtem zwei,drei-Sekundenunterschied 7, 6, 5 usw. schließlich geht die weiße Uhr auf 0.00, Schwarz hat noch zwei Sekunden. Schwarz macht noch ein oder zwei Züge und reklamiert rechtzeitig verbal Zeit, als bei ihm noch eine Sekunde angezeigt ist. Dann läuft auch seine Zeit ab.
Bei diesen elektronischen Uhren zeigt ja auch ein Balken an, wessen Zeit zuerst abgelaufen war. Entschieden wurde schließlich auf Remis, für mein Gefühl in gewisser Weise ein ungerechtes Ergebnis.

Nun lese ich, daß beim Schnellschach das Anhalten der Uhren eine notwendige Bedingung für die erfolgreiche Reklamation auf ZÜ ist, während das offenbar beim Klassischen Schach nicht notwendig zu sein scheint und die Entscheidung auf Remis möglicherweise regelkonform ist.

Ich frage mich nun: Gibt es eventuell besondere Regelungen im Schnellschach für jene (elektronischen) Uhren, die eindeutig anzeigen, wessen Zeit zuerst abgelaufen ist?
und: Warum machen die Regeln in diesem Punkt derartige Unterschiede zwischen Schach mit normaler Bedenkzeit und Schnellschach? Warum muß man beim Schnellschach die Uhren anhalten und beim Schach mit normaler Bedenkzeit nicht? Was hat man sich dabei gedacht? Dem Schach finde ich das irgendwie nicht zuträglich.

Was denkt ihr?

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 03.08.2008, 16:21

Martin schrieb:
Nun lese ich, daß beim Schnellschach das Anhalten der Uhren eine notwendige Bedingung für die erfolgreiche Reklamation auf ZÜ ist
So ist es!
Der entsprechende FIDE-Art. ist da eindeutig:
B8. Um einen Gewinn durch Zeitüberschreitung zu beanspruchen, muss der Antragsteller beide Uhren anhalten und den Schiedsrichter benachrichtigen. Dem Antrag wird nur stattgegeben, wenn nach Anhalten der Uhren das Fallblättchen des Antragstellers noch oben und das seines Gegners gefallen ist.
Ich könnte es mir einfach machen, um die Fragen von Martin zu beantworten: Man muss die Regeln kennen!
Eine ganz andere Frage ist es, ob man das persönlich als "richtig" oder "gerecht" empfindet.
Ich kann eine haushoch gewonnene Stellung haben, aber wenn mein Blättchen fällt ...
Und wenn ich ZÜ reklamieren will, muss ich wissen wie.

thomas.soergel
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Re: Schnellschach

Beitrag von thomas.soergel » 03.08.2008, 17:38

Martin hat geschrieben:Warum machen die Regeln in diesem Punkt derartige Unterschiede zwischen Schach mit normaler Bedenkzeit und Schnellschach? Warum muß man beim Schnellschach die Uhren anhalten und beim Schach mit normaler Bedenkzeit nicht? Was hat man sich dabei gedacht?
Es gibt hier noch einen Unterschied: Beim normalen Schach ist es die Aufgabe des Schiedsrichters, eine Zeitüberschreitung festzustellen, wobei natürlich auch die beiden Spieler dieses Recht haben. Das Blättchen gilt dann als gefallen, wenn der SR dies bereits wahrnimmt, was mit dem anderen Blättchen dann passiert, ist nicht mehr relevant.
Beim Schnellschach ist es dagegen dem Schiedsrichter verboten, dies zu tun. Dies ist alleine Sache des Spielers und dieser muss zum Zwecke der Beweisführung die Uhr anhalten.
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Martin
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Beitrag von Martin » 05.08.2008, 09:26

Vielen Dank für die Reaktionen.
Es gibt hier noch einen Unterschied: Beim normalen Schach ist es die Aufgabe des Schiedsrichters, eine Zeitüberschreitung festzustellen, wobei natürlich auch die beiden Spieler dieses Recht haben. Das Blättchen gilt dann als gefallen, wenn der SR dies bereits wahrnimmt, was mit dem anderen Blättchen dann passiert, ist nicht mehr relevant.
Es kommt mir aber doch irgendwie ungerecht vor, wenn ein und derselbe Vorgang einerseits im Schach mit klassischer Bedenkzeit zum Sieg durch ZÜ des Gegners führt, während im Schnellschach nur ein Remis herausspringt, weil der Schiedsrichter nicht eingreifen darf und man nicht schnell genug die eigene Uhr anhält, obwohl die Rechtzeitigkeit der verbalen Reklamation unstrittig ist.
Das bedeutet sogar, daß ich beim Schnellschach im Falle der eigenen ZÜ sogar warten könnte, wie die letzten - sagen wir, fünfzehn - Sekunden des arglosen und nicht so regelkundigen Gegners, der soeben auf Sieg durch meine ZÜ reklamiert hat, abgelaufen sind, um dann ein Remis einzustreichen, da er es (aus menschlicher Sicht: verzeihlicherweise) versäumt hat, seine Uhr anzuhalten.
Ein weiteres Problem stellen aus meiner Sicht im Hinblick auf diese Problematik die "Silver Timer"-Uhren dar. Sie stoppen nicht sofort nach Drücken des entsprechenden Knopfes, sondern erst nach ca. 0.7 sec. Im ursprünglich geschilderten Falle könnte dadurch genau die Zeit fehlen, die der eine Spieler selbst bei Betätigung der Uhr zwecks Anhalten gebraucht hätte, damit auf seiner Anzeige noch ein 0.01 zu sehen ist.

dfuchs
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Beitrag von dfuchs » 05.08.2008, 09:42

Genau das mit der Silveruhr ist schon öfters passiert und das Ergebnis war jedes mal: Remis!

Die Sache mit dem Uhr anhalten vergessen und so einen halben Punkt verlieren gab's sogar bei einem Blitzturnier, in welchem ausschließlich ausgebildete Schiedsrichter mitspielten.

Es ist nunmal so, selbst unter Titelträgern, dass die Spieler ihre Eröffnungsvarianten bis zum 48 Zug auswendig kennen, wobei die Stellung dort in einem unklaren Patt endet. Aber kaum einer hat jemals in seinem Leben in die Regeln geschaut. Das dieses Verhalten für einen Spieler auch einmal negative Folgen haben kann ist klar, es sollte aber dabei ein Lehrneffekt entstehen.

Das gleiche Phänomen ist übrigens auch in anderen Sportarten zu beobachten. Man erinnere sich an das Italienspiel bei der letzten EM, bei dem ein Verteidiger vom eigenen Keeper hinter die Torlinie gestoßen wurde und von dort das Abseits aufgehoben hat.

Es hilft einfach ungemein nicht nur darauf zu vertrauen, dass der Schiedsrichter die Regeln kennt, sondern sie auch einmal selbst durchgelesen zu haben.

Gruß Daniel

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 05.08.2008, 10:05

Das von dfuchs hier dargestellte Phänomen kann ich nur bestätigen: Meister im Schachspiel, aber in der Regelkunde Anfänger. Andererseits gibt es Schachspieler mit einer durchschnittlichen Spielstärke, die aber die die FIDE-Regeln und die Turnierordnung aus dem ff kennen.
Was sagt uns das? Nicht nur Trainig im Schach ist notwendig, sondern auch ein wenig Regelkunde, zumindest was so immer wieder mal vorkommt.
Übrigens sind die von Martin genannten "Ungerechtigkeiten" auch aus meiner Sicht durchaus überlegenswert. Der tiefere Sinn der unterschiedlichen Regelung erschließt sich auch mir nicht so recht.
Es hat ja auch nichts damit zu tun, dass beim Schnellschach in aller Regel nicht mitgeschrieben wird.

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Aber er kännt Rägäl

Beitrag von thomas.soergel » 05.08.2008, 12:50

Georg Heinze hat geschrieben:Das von dfuchs hier dargestellte Phänomen kann ich nur bestätigen: Meister im Schachspiel, aber in der Regelkunde Anfänger. ...
Gab´s da mal nicht so ein Bonmot, als ein GM über einen anderen GM sagte: Eröffnungen kann er nicht, Mittelspiel ist lausig, vom Endspiel keine Ahnung, aber er kennt Regel und das reicht für halben Punkt!
Ich kann dfuchs nur bestätigen, was man an den Brettern an Unwissen und (noch gefährlicherem) Halbwissen erlebt, ist unglaublich.
Daher schadet es nichts, wenn auch mal ein Meister regeltechnisch auf die Nase fällt, weil die Regeln halt für alle gelten.
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Eckart
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Beitrag von Eckart » 11.08.2008, 23:56

Martin hat geschrieben:Ein weiteres Problem stellen aus meiner Sicht im Hinblick auf diese Problematik die "Silver Timer"-Uhren dar. Sie stoppen nicht sofort nach Drücken des entsprechenden Knopfes, sondern erst nach ca. 0.7 sec.
Das besonders Schlimme an den Silveruhren ist, dass das zweimalige Drücken auf denselben Knopf - anders als bei anderen Uhren - dazu führt, dass dieselbe Uhr weiterläuft. Wer glaubt, seinen Knopf besonders stark betätigen zu müssen, läuft Gefahr, zu bewirken, dass seine eigene Uhr einfach weiterläuft!

thomas.soergel
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Silver-Uhren

Beitrag von thomas.soergel » 12.08.2008, 00:36

Die Problematik mit den Silver-Uhren habe ich am Wochenende beim Friedensfest-Open in Augsburg gesehen. Damenendspiel, Weiß hat einen Springer, Schwarz einen Freibauern auf a2, der Weiß zu Dauerschach zwingt.
Schwarz hat in der Endspurtphase noch zwei Sekunden auf der Uhr, versucht, diese anzuhalten, um nach 10.2 Remis zu reklamieren.
Es bleibt beim Versuch und die Zeit fällt. Entscheidung damit 1:0.
Wobei natürlich der Schwarze etwas spät mit seiner Reklamation daher kam und selber schuld war.
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