Eingreifen nach Matt

lukki
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Eingreifen nach Matt

Beitrag von lukki » 22.10.2007, 12:24

Hallo
ich wollte mal Eure moralische Meinung zu folgendem Sachverhalt hören:
Bei einem Kinderturnier (Schnellschach) passiert(!?) es einem kleinem Mädchen öfters, dass es die Gegner Matt setzt. Die Gegner ziehen aber lustig weiter und das Mädchen, welches das Matt nicht bemerkt hat spielt ebenfalls ohne Protest weiter.
Dem anwesenden Vater wird es nach mehrmaligen Wiederholungen zu bunt. Beim nächsten Matt, gratuliert er seiner Tochter sofort, sodass sie keinen weiteren Zug mehr ausführen kann.
Sollte man den Vater darauf hinweisen, dieses sofortige Gratulieren zu unterlassen? Es findet ja erst nach Beendigung (=Matt) der Partie statt und die Begründung wäre auch holprig "..., damit ggfls mit einer unmöglichen Stellung weitergespielt werden kann".
Gruß
lukki

Werner
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Beitrag von Werner » 22.10.2007, 13:53

Art. 13.7 a):
"Zuschauer und Spieler anderer Partien dürfen nicht über eine Partie reden oder sich auf andere Weise einmischen."

Ich vermag nicht zu erkennen, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sich auf die Dauer der Partie beschränkte.

Demnach dürfte der Vater sich auch nach Erreichen der Mattstellung nicht einmischen. Es steht ihm natürlich frei, den Schiedsrichter darauf hinzuweisen, dass auf dem Brett eine Mattstellung erreicht ist. (Art. 13.3 und 13.1)

Im übrigen sollte der Vater seiner Tochter einmal ausführlich erläutern, was "Matt" bedeutet. Dem Kind scheint es ja an den Grundlagen noch zu fehlen.

lukki
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Beitrag von lukki » 22.10.2007, 17:30

... da aber ein Matt die Partie unwiderruflich beendet, gibt es doch nichts mehr, wo man sich noch einmischen könnte. Genau das ist der Knackpunkt an der Geschichte.
Gibt es noch jemanden, der es noch besser argumentieren könnte als Werner oder Ich?
Gruß lukki

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 22.10.2007, 17:53

Werner hat geschrieben: Art. 13.7 a):
"Zuschauer und Spieler anderer Partien dürfen nicht über eine Partie reden oder sich auf andere Weise einmischen.".
So ist es, der Vater darf den Schiedsrichter gar nicht auf das Matt hinweisen. Im übrigen darf der SR in der beschriebenen Schnellschachpartie von sich aus nur eingreifen, wenn beide Könige im Schach stehen, oder eine Bauernumwandlung nicht abgeschlossen worden ist. So einen übereifrigen Vater würde ich bei dauerhaften Verstössen vor die Tür setzen!
Werner hat geschrieben:Es steht ihm natürlich frei, den Schiedsrichter darauf hinzuweisen, dass auf dem Brett eine Mattstellung erreicht ist. (Art. 13.3 und 13.1)
Kann er, der SR braucht darauf aber nicht zu reagieren. Reagieren braucht er nur, wenn ein Spieler einen regelwidrigen Zug gemacht und der Gegner diesen vor Ausführung seines eigenen Zuges per Uhr anhalten reklamiert!

Werner
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Beitrag von Werner » 22.10.2007, 19:33

Da bin ich anderer Auffassung.

Nach
"B.2 Es gelten die FIDE-Schachregeln, es sei denn, sie werden durch die folgenden Schnellschachregeln außer Kraft gesetzt."

gelten Artikel 13.1 bis 13.3 auch im Schnellschach, soweit in B1. bis B.9 keine anderen Regelungen getroffen werden.

Demnach gilt
Art. 5.1 a)
"Die Partie ist von dem Spieler gewonnen, der den gegnerischen König mit einem regelgemäßen Zug mattgesetzt hat. Damit ist die Partie sofort beendet, vorausgesetzt, dass der Zug, der die Mattstellung herbeigeführt hat, regelgemäß war."

auch im Schnellschach ohne Einschränkung.

Art. 13.1
"Der Schiedsrichter achtet auf striktes Einhalten der Schachregeln."
gilt im Normalschach genauso wie im Schnellschach.

Da in B.1 bis B.9 nichts davon steht, dass im Schnellschach - anders als im Normalschach - ein Spieler eine Mattstellung reklamieren müsste, muss der Schiedsrichter nach Art. 13.1 dafür sorgen, dass eine beendete Partie nicht fortgesetzt wird.


Einen Unterschied zwischen Normalschach und Schnellschach diesbezüglich vermag ich nicht zu erkennen.

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 22.10.2007, 21:04

Werner hat geschrieben:Da bin ich anderer Auffassung.

Nach
"B.2 Es gelten die FIDE-Schachregeln, es sei denn, sie werden durch die folgenden Schnellschachregeln außer Kraft gesetzt."

gelten Artikel 13.1 bis 13.3 auch im Schnellschach, soweit in B1. bis B.9 keine anderen Regelungen getroffen werden.

Demnach gilt
Art. 5.1 a)
"Die Partie ist von dem Spieler gewonnen, der den gegnerischen König mit einem regelgemäßen Zug mattgesetzt hat. Damit ist die Partie sofort beendet, vorausgesetzt, dass der Zug, der die Mattstellung herbeigeführt hat, regelgemäß war."

auch im Schnellschach ohne Einschränkung.

Art. 13.1
"Der Schiedsrichter achtet auf striktes Einhalten der Schachregeln."
gilt im Normalschach genauso wie im Schnellschach.

Da in B.1 bis B.9 nichts davon steht, dass im Schnellschach - anders als im Normalschach - ein Spieler eine Mattstellung reklamieren müsste, muss der Schiedsrichter nach Art. 13.1 dafür sorgen, dass eine beendete Partie nicht fortgesetzt wird.


Einen Unterschied zwischen Normalschach und Schnellschach diesbezüglich vermag ich nicht zu erkennen.
Um meine Argumentation drastisch verkürzen zu wollen. Das Aufgabengebiet des SR ist im Schnellschach in den Artikeln B 5, B6 sowie B7 geregelt. Damit ist eigentlich alles geklärt. Der Schiri darf nicht eingreifen, wenn die Partie partout matt ist, aber der Spieler trotzdem mit einem regelwidrigen Zug in ein anderes Schach geht. Hier hat der Spieler, der gerade mattgesetzt hat, nur eine Möglichkeit: Uhr anhalten. SR holen, dass der Gegner einen regelwidrigen Zug gemacht hat, weil er Matt ist, und dieses nicht zu verhindern ist. Der Schiri wird bei aller Regelkunde auch ein "klein wenig" Schachkunde besitzen, und das Matt feststellen.

Darüber hinaus erlaube ich mir die Bemerkung, dass die Fide-Regeln keinen Unterschied zwischen Erwaschenen und Jugendschach machen!

Werner
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Beitrag von Werner » 22.10.2007, 22:12

[quote="Mirko Humme"]
Um meine Argumentation drastisch verkürzen zu wollen. Das Aufgabengebiet des SR ist im Schnellschach in den Artikeln B 5, B6 sowie B7 geregelt.[/quote]

Sorry, aber das ist so nicht richtig.

Bitte B2. noch einmal genau lesen!

Wenn Mirko Humme Recht hätte, dürfte der Schiedsrichter im Schnellschach z. B. keine Strafen verhängen, die in Art. 13.4 geregelt sind.

Selbstverständlich gilt Artikel 13 (über B2.) auch im Schnellschach.
B5., B6. und B7. (und auch B8.) haben durchaus keinen abschließenden Charakter.

Eine "drastisch verkürzte Argumentation" ist nicht immer zweckdienlich.

Erst jetzt dürfte endlich alles geklärt sein.

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 22.10.2007, 22:45

Hallo Werner,

danke für Ihre Antwort. Selbstverständlich darf ich Strafen verhängen, obwohl exlplizit nur das Handy-Klingeln mit sofortigem Partieverlust geahndet wird, und zwar in allen Schachpartien, egal ob Normal-, Schnell- oder Blitzschach. Illegale Züge können im Schnellschach auch mit Zeitstrafen verhängt werden, siehe B 6!

Stellen Sie sich doch jetzt mal das diskutierte Beispiel vor: Spieler A setzt Spieler B matt. Dieser Spieler B ignoriert das Matt, und macht einen illegalen Zug. Das einfachste und logischste Beispiel wäre doch jetzt, dass Spieler A im Schnellschach die Uhr anhält und einen regelwidrigen Zug reklamiert, der SR prüft die Stellung, und wird wohl bei einem eindeutigen Matt zu einem eindeutigen Ergebnis kommen.

Möchten Sie, lieber Werner, bei einem großen Schnellschachopen, am besten noch bei der Jugend, überall präsent sein? Dies wird Ihnen auch bei einem Erwachsenen Schnellschachopen nicht gelingen.

Wenn ein oder sogar noch besser zwei Schachspieler nicht regelkundig sind, ist es nicht unsere Aufgabe, diese diesbezüglich darauf hinzuweisen, sondern dann einzuschreiten, wenn es die Regeln verlangen. Im Schnellschach sind es die Regeln B 5-7, und natürlich das Handy-Klingeln

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 23.10.2007, 10:17

Also, da möchte ich auch meinen "Senf" dazu geben:
Im Eingangsbeitrag wurde nach der moralischen Wertung zum Verhalten des Vaters gefragt und nicht nach den FIDE-Regeln.
Für den Vater ist klar, dass Matt die Partie beendet, seiner Tochter offensichtlich nicht bzw. sie weiß nicht, wie sie sich verhalten soll.
Da haben der Vater und der Übungsleiter des Mädchens etwas in der Ausbildung versäumt!
Jedenfalls geht es nicht an, dass der Vater in irgendeiner Weise eingreift.
Wenn er nicht dabei wäre, könnte er es auch nicht.
Natürlich ist es höchst ärgerlich, was da mitunter auf den Brettern für Chancen ausgelassen werden, aber das ist eben ein Lernprozess.
Beim nächsten Turnier wird das dem Mädchen nicht mehr passieren.
Und noch eins: ein Matt ist erst dann ein Matt, wenn es festgestellt wird und nicht dann, wenn man glaubt, es ist eins.
Gerade im Nachwuchsbereich gibt es Fälle, in denen ein Matt durch einen regelwidrigen Zug erreicht wird oder es ist gar nicht matt.
Am einfachsten wäre es, wenn man schon den Schiedsrichter nicht holt, das Spielergebnis auf dem Spielformular zu vermerken und von beiden Spielern unterschreiben zu lassen.
So fordert es Art. 8.7. der FIDE-Regeln, auch dies ist weitgehend unbekannt, so jedenfalls meine Feststellung.

lukki
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Beitrag von lukki » 23.10.2007, 13:32

... danke Georg, dass du nochmals auf meinen Wunsch nach einer moralischen Bewertung hingewiesen hattest, ansonsten hätte ich die Situation auch unter der Rubrik Regelfragen eingestellt.
Das soll natürlich keinen davon abhalten seine rechtliche Würdigung abzugeben.

Übrigens: Im aktuellen Forum von Geurt Gijssen gibt es aus einem anderen Sachverhalt heraus den Vorschlag dem Art 5.1) noch den Passus hinzuzufügen "..., wenn es [Matt, a.d.R.] bemerkt wird". Geurt Gijssen sieht hier eine Regelungslücke und könnte sich dem Vorschlag für den Bereich Schnell-und Blitzschach anschließen.
Es steht so halt eben (noch) nicht drin in den Regeln.

Danke für alle Beitrage

Klaus
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Beitrag von Klaus » 23.10.2007, 23:01

Georg Heinze hat geschrieben:Am einfachsten wäre es, wenn man schon den Schiedsrichter nicht holt, das Spielergebnis auf dem Spielformular zu vermerken und von beiden Spielern unterschreiben zu lassen.
So fordert es Art. 8.7. der FIDE-Regeln, auch dies ist weitgehend unbekannt, so jedenfalls meine Feststellung.
Sofern bei einem Schnellturnier im Nachwuchsbereich überhaupt mitgeschrieben wird (meiner Meinung nach dürfte das so gut wie überhaupt nicht der Fall sein)!

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 24.10.2007, 09:55

@Klaus: stimmt, hatte ich übersehen, aber ansonsten ...

Werner
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Beitrag von Werner » 24.10.2007, 17:24

Ich denke, wir sollten uns an die Regeln halten, wie sie jetzt bestehen, und uns nicht daran orientieren, was wäre, wenn die Regeln irgendwie geändert werden könnten.

Artikel 7.4 bezieht sich auf "während einer Partie festgestellte" regelwidrige Züge.

Aus B6. ergibt sich gerade NICHT, dass im Schnellschach auch regelwidrige Züge vor Beginn einer Partie oder nach Beendigung einer Partie reklamiert werden könnten.

Sofern nach Erreichen einer Mattstellung trotzdem weitergespielt wird, erfolgen die (regelwidrigen) Züge nicht mehr "während einer Partie", so dass eine Reklamation eines regelwidrigen Zuges mit der Begründung zurück gewiesen werden müßte, dass der regelwidrige Zug nicht mehr "während einer Partie", sondern nach Beendigung der Partie erfolgte.



Was den "ähnlichen" Fall von Geurt Gijssen in dessen Oktober-Kolumne betrifft, vorerst nur soviel:

Gijssen schreibt, dass B5. und B6. sowohl im Schnellschach als auch im Blitzschach gelten. (Bitte nachlesen!)

Tatsächlich gilt gemäß C2. Satz 2 der Artikel B6. im Blitzschach gerade NICHT.

"Geurt Gijssen sagt" ist also kein Garant dafür, dass das, was er sagt, auch immer zu 100 % stimmt.

Werner
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Beitrag von Werner » 24.10.2007, 17:31

Tippfehler: lies "B6 und B7" statt "B5 und B6" in meinem vorigen Eintrag.

FrankGörgen
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Beitrag von FrankGörgen » 25.10.2007, 14:58

Zuerst einmal sei betont, dass es sich um Kinder handelt.
Hier gilt: Kindgerechtes auslegen der Regeln !

Dann kommen wir zum Sachverhalt:
Schnellschach oder Langsam-Schach (KEIN Blitz !) :
Ein Kind gewinnt durch Matt und ein Zuschauer gratuliert dem Sieger, der vom Sieg noch nichts weis.

Der Zuschauer hat definitiv in keine Partie reingeredet, weil die Partie schon zuende war. Gerade bei Kindern sollte (nach meinem Empfinden und Erfahrungen) der SR (gefühlvoll und verzögert) helfen, um das Matt zu erkennen.
Im geschilderten Fall war der Zuschauer vergleichbar einem Gehilfe des SR.
Also keine Strafe, etc. ... ABER beherrscht der Zuschauer alle Regeln sicher ? Ist der Zuschauer (Vater !!) absolut neutral ?
(Ich kenne Väter, die sind neutral und genau diese setze ich auch gerne als Hilfs-SR ein, sogar bei Spielen der eigenen Familie.)

Bei unbekannten Zuschauern: im Zweifelsfall: NEIN.
Daher den Zuschauer bitte, in solchen Fällen auf keine Fall einzugreifen, sondern den SR zu informieren. Dieser kann (und darf !) auch eingreifen, insbesondere, wenn die Partie längst zuende ist.

Allerdings bitte mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und Respekt.
Ich mach es normal so, dass ich verzögert eingreife und die Spieler mit einem "einen Moment bitte" unterbreche, die Uhr anhalte und vorsichtig frage, was mit dem König ist. Ob er nicht im Schach steht und woher er kam. Dann klären die Spieler das normal schon untereinander und der Sieger ist klar, denn matt beendete die Partie ja.

Dieses Vorgehen birgt die wenigsten Probleme und genügt den Regeln.
Oder halt anders formuliert: Kindgerechte Auslegung der Regeln.
http://www.sjrp.de/Berichte/2007/Berich ... 8_2007.htm

PS:
Wenn ein Kind einmal durch ein Schach (kein matt) läuft beanstande ich das grundsätzlich nicht. (Die Spieler sind für ihre Partie bei Schnellschach verantwortlich.)
Wenn es dauernd durch ein Schach läuft weise ich es vorsichtig auf den Fehler hin, wenn es der Partie förderlich erscheint. (Der SR achtet auf Einhaltung der Regeln.)
NSR seit 2007, auf vielen Jugend-Turnieren im Rheinland (-Pfalz) zu sehen.

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