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Unglückliche Formulierung

Verfasst: 12.06.2008, 10:36
von thomas.soergel
Eckart hat geschrieben:Ich halte es für wenig sinnvoll, einen Begriff, der in den FIDE-Regeln ganz eindeutig definiert ist, in der Diskussion zusätzlich in einer ganz anderen Bedeutung zu verwenden.
Das fördert Missverständnisse.
Das sehe ich auch so, hier den Begriff "tote Stellung" zu verwenden, war halt leider unglücklich.
Wobei ich bei einer Reklamation nach 10.2 in einer toten Stellung für die Partie natürlich auch Remis feststelle, allerdings halt nicht über die Anforderungen von Art. 10.2 sondern eben nach Artikel 5. In diesem Fall ist es eine Feststellung, da ja die Partie spätestens seit dem letzten Zug beendet war.

Verfasst: 12.06.2008, 11:55
von Martin
Ich freue mich über die regen Reaktionen, vielen Dank für die Antworten. Leider ist nur meine ursprüngliche Frage zum Teil etwas untergegangen. Vielleicht bringe ich sie nochmal ganz vorsichtig ins Gespräch!?

Also folgende Situation: Beide Spieler haben noch ca. eine Minute Restbedenkzeit. Der eine beantragt nach 10.2 Remis, der andere will spielen. Nun steht der Schiedsrichter bei ihnen, alle schweigen, und der Antragsgegner denkt, prima, dann kann es ja jetzt (unter Aufsicht) mit der Partie weitergehen. Er setzt die Uhr seines Gegners wieder in Gang, jener stoppt sie sofort wieder. Der Schiedsrichter war bis dato trotz Anwesenheit noch nicht aktiv geworden.

Frage: Wurde ein (oder mehr als ein) Regelverstoß begangen? Wenn ja, welcher und gegen welche Regel? Gibt es Strafen, und wenn ja welche?

Zusatzfrage: Wenn der Schiedsrichter gleich gesagt hätte, nö, volles Brett, verteilt die 2 Minuten, läßt er die Spieler dann wieder allein, oder bleibt er bei ihnen?

p.s.: Ich habe übrigens sehr wohl in den FIDE-Regeln nachgelesen und nichts Eindeutiges meine Fragen betreffend gefunden. Weiterhin habe ich auf Willi Knebels Seiten als auch im Forum auf schachbund.de gesucht, in dieser Sache ohne Erfolg. Selber nachdenken widerspricht sich mit den gemachten Erfahrungen, also dachte ich, vielleicht könnte ich hier mit diesen Fragen richtig sein.

Was ist das für ein SR

Verfasst: 12.06.2008, 12:13
von thomas.soergel
Ich möchte mal versuchen, auf Martins Fall konkret einzugehen, da hier Einiges unklar ist. Zunächst einmal wäre der Begriff "reklamiert 10.2" zu klären.
Offenbar hat der reklamierende Spieler korrekt die Uhr angehalten und dem SR auch gesagt, dass er nach 10.2 reklamiert.
Nach den Schachregeln muss es ja jedem Spieler erlaubt sein, die Uhr anzuhalten, um den SR um Hilfe zu rufen.
Bei einer Reklamation nach 10.2 ist der SR in der Pflicht, eine Entscheidung bekannt zu geben. Entweder er beendet das Ganze mit Remis, er weist die Reklamation ab oder er schiebt seine Entscheidung hinaus. Solange er überlegt, welche Variante er wählt, hat kein Spieler an der Uhr was verloren. Vielleicht wäre es im vorliegenden Fall hilfreich gewesen, wenn der SR gesagt hätte, dass er kurz überlegen müsse.
Nachdem in Art. 6.13 c) geregelt ist, dass der SR bestimmt, wann die Partie fortzusetzen ist, hat somit der Antragsgegner einen Regelverstoß begangen.
Ich würde dies, so ich eine Fortsetzung der Partie für notwendig erachte, mit einer Zeitgutschrift für den Antragssteller bestrafen. Die Bestrafung nach Art. 13.4 liegt aber im Ermessen des SR.
Zu Deiner Zusatzfrage:
Wenn der SR den Antrag gemäß 10.2a) und c) endgültig ablehnt, dann ist seine Anwesenheit am Brett nicht erforderlich. Er muss nur dann am Brett bleiben, wenn er seine Entscheidung nach 10.2b) hinausschiebt.

Re: Was ist das für ein SR

Verfasst: 12.06.2008, 12:36
von hoppepit
thomas.soergel hat geschrieben:Wenn der SR den Antrag gemäß 10.2a) und c) endgültig ablehnt, dann ist seine Anwesenheit am Brett nicht erforderlich. Er muss nur dann am Brett bleiben, wenn er seine Entscheidung nach 10.2b) hinausschiebt.
Ist im Prinzip richtig! Der SR sollte/muß aber trotzdem am Brett bleiben, da in kürzester Zeit irgendwo ein Blättchen fallen wird und die Spieler ja von der Notationspflicht befreit sind.

Verfasst: 12.06.2008, 12:42
von Georg Heinze
Wenn beide Spieler weniger als 2 Minuten Restbedenkzeit haben, können sie nach 10.2 beide remis beantragen. Dazu muss der Beantragende am Zuge sein. Ob der andere Spieler weiter spielen will, ist belanglos. So wie es hier geschildert wird, hatte der SR zunächst aber gar keine Chance, weil kein Antrag gestellt wurde. Und als ein Antrag gestellt wurde, drückt der Antragsgegner die Uhr, was natürlich unzulässig ist. Nach 10.2 muss der SR die Partie entweder als remis erklären oder er lässt weiterspielen -und nicht der Antragsgegner nach eigenem Ermessen (siehe auch 6.13.c). Danach reklamiert wiederum der Antragsteller auf remis.
Der SR muss nun entsprechend 10.2 handeln. Welche Entscheidung er trifft, hängt von der Stellung ab und von seinen Beobachtungen (Gewinnversuche).
Inwieweit der Gegner für sein Vergehen bestraft wird, entscheidet ebenfalls der SR. Dazu hat er den Strafenkatalog nach 13.4. zur Verfügung.

Re: Was ist das für ein SR

Verfasst: 12.06.2008, 13:09
von thomas.soergel
hoppepit hat geschrieben:Ist im Prinzip richtig! Der SR sollte/muß aber trotzdem am Brett bleiben, da in kürzester Zeit irgendwo ein Blättchen fallen wird und die Spieler ja von der Notationspflicht befreit sind.
Im Prinzip zumindest nicht verkehrt. Handelt es sich um eine Schnellschachpartie, kann der SR aber weggehen, weil er woanders benötigt werden könnte. Handelt es sich um eine Turnierpartie und der Antragsgegner ist noch schreibpflichtig, kann es auch sein, der der SR woanders mehr von Nöten ist. Ansonsten ist es aber sicher nicht verkehrt, wenn der SR am Brett bleibt.

Verfasst: 12.06.2008, 13:27
von Georg Heinze
Normalerweise sollte ein SR schon wissen, wo er am nötigsten gebraucht wird. Er kann natürlich nicht überall sein, aber solche Fälle, wo er im Nachbarraum Partien analysiert oder er Zeitung liest, sollte es eigentlich nicht geben. Allerdings haben wir auch hier im Forum erfahren, dass es das doch gibt.

Re: Was ist das für ein SR

Verfasst: 12.06.2008, 17:45
von hoppepit
thomas.soergel hat geschrieben:Im Prinzip zumindest nicht verkehrt. Handelt es sich um eine Schnellschachpartie, kann der SR aber weggehen, weil er woanders benötigt werden könnte. Handelt es sich um eine Turnierpartie und der Antragsgegner ist noch schreibpflichtig, kann es auch sein, der der SR woanders mehr von Nöten ist. Ansonsten ist es aber sicher nicht verkehrt, wenn der SR am Brett bleibt.
D'accord!! :D