Ausführung des Umwandlungszuges

Werner
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Ausführung des Umwandlungszuges

Beitrag von Werner » 24.10.2007, 18:49

In einer Turnierpartie (2 h/ 40 Züge + 1 h/ Rest) ergab sich nach 5 Stunden 59 Minuten folgende Position:

Weiß: Kg6, Bauer c7
Schwarz: Kg8

Weiß am Zug hob den Bauern c7 an, nahm ihn vom Brett, ergriff die neben dem Brett stehende weiße Dame und setzte sie auf c8 ab, ohne sie jedoch loszulassen.

In diesem Moment fiel sein Blättchen. Schwarz rief laut "Zeit!" und wies mit beiden Händen auf die Schachuhr. Erst danach ließ Weiß die auf c8 stehende Dame los.

Gegenüber dem Schiedsrichter gab Weiß zu, dass er die Dame noch nicht losgelassen hatte, als sein Blättchen fiel, er verweist jedoch auf

Artikel 4.4 d)
"Wenn ein Spieler einen Bauern umwandelt, ist die Auswahl der Figur endgültig, sobald die Figur das Umwandlungsfeld berührt hat."

und beansprucht den Gewinn für sich.

Schwarz hingegen ist der Auffassung, dass Weiß die Zeit überschritten habe, da er die Dame noch nicht losgelassen habe, und reklamiert den Partiegewinn für sich.


Wie wird der Schiedsrichter entscheiden?

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 24.10.2007, 19:19

Die erste Frage, die sich mir hier stellt, ist, wo war der Schiri? Siehe 13.3: ... Er beobachtet die Partien, besonders in der Zeitnotphase ...

Das nur nebenbei! Ein Matt beendet die Partie, Schwarz hätte in diesem Falle anstelle von Zeit schreien, die Uhr anhalten müssen. In diesem Falle würde ich sagen, Weiß gewinnt. In 5.1 steht nichts davon, dass das Matt vor dem Blättchenfall erfolgen muss.

Darüber hinaus gelten die Grundspielregeln Art. 1-5 über den Regeln für den Schachsport 6-13 und sonstige, hinaus. Deshalb darf ja auch Chess 960 gespielt werden!

Klipp und Klar deshalb: Schwarz verliert durch ein Matt und bekommt kein Remis zugesprochen!

Werner
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Beitrag von Werner » 24.10.2007, 21:33

Schwarz brauchte die Uhr nicht anzuhalten, nach Art. 6.9 genügt es, dass er "zu Recht darauf hingewiesen hat".

Fraglich ist, ob der Mattzug bereits dann ausgeführt ist, wenn die Dame das Umwandlungsfeld berührt, oder erst dann, wenn Weiß sie losgelassen hat.

Werner
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Beitrag von Werner » 24.10.2007, 21:36

Chess 960 ist kein Schach im Sinne der FIDE-Regeln, da in Artikel 2.3 die Anfangsstellung der Figuren festgelegt ist.

(Auch wenn HW Schmitt das nicht hören möchte.)

Aber was hat das mit der Ausgangsfrage zu tun?
Ich denke, nichts.

Mirko Humme
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Beitrag von Mirko Humme » 25.10.2007, 04:52

Werner hat geschrieben:Schwarz brauchte die Uhr nicht anzuhalten, nach Art. 6.9 genügt es, dass er "zu Recht darauf hingewiesen hat".

Fraglich ist, ob der Mattzug bereits dann ausgeführt ist, wenn die Dame das Umwandlungsfeld berührt, oder erst dann, wenn Weiß sie losgelassen hat.
Das stimmt leider nicht, siehe Art. 6.10. Außer in den Fällen, die durch die Art. 5.1 (Matt) oder einen der Art. 5.2 a), b) oder c) (Remis-Fälle) gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen nicht erreicht hat.

Schwarz hätte hier also vor Ausführung des weißen Zuges die Uhr anhalten müssen. Wenn der SR also erst an das Brett kommt, wo der Mattzug bereits ausgeführt ist, also der Weiß-Spieler die weiße Dame abgestellt hat, bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Partie für Weiß als gewonnen zu erklären, da hier dann Aussage gegen Aussage steht. Letzte Möglichkeit, die Partie noch für Remis zu erklären, wenn der SR beobachtete, dass vor dem Abstellen der Dame das Blättchen fiel.

Eine Reklamation kann nach allgemeinem Verständnis nur dann erfolgen, wenn die Uhr angehalten wird!!

lukki
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Beitrag von lukki » 25.10.2007, 09:54

... Weiß hat die Dame nach 4.4d) ausgewählt

... nach 4.6c) aber den Bauernumwandlungszug noch nicht ausgeführt, da noch nicht losgelassen.
... es ist somit noch kein Matt enstanden.

... Schwarz hat gemäß 6.9 auf das Fallen des Blättchens Zeit reklamiert. Ein Uhr anhalten ist dafür nicht notwendig, kann als Beweissicherung für den Schiedsrichter alerdings ein weiteres Indiz im Streitfalle sein. Da Weiß aber den Sachverhalt wie beschrieben zugibt,

... erklärt der Schiri auf ZÜ und 0-1.

Grundsätzlich wird die Uhr nicht angehalten sondern nur bei
6.13 b) = Schiri zur Hilfe rufen
9.5 = Remisreklamationen
B8 = Zeitreklamationenim Schnell und Blitzschach.

lukki
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Beitrag von lukki » 25.10.2007, 10:17

... hier noch ne kleine Ergänzung

[quote="lukki
Grundsätzlich wird die Uhr nicht angehalten sondern nur bei
6.13 b) = Schiri zur Hilfe rufen
9.5 = Remisreklamationen
B8 = Zeitreklamationenim Schnell und Blitzschach.[/quote]

und
7.3 = Regelverstösse
8.5 a) = Partie vervollständigen
10.2 = Remisreklamation in Endspurtphase.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 25.10.2007, 13:53

Grundsätzlich stimme ich lukki zu.
Aber in den FIDE-Regeln gibt es auch folgenden Punkt:
6.10. Außer in den Fällen, die durch die Artikel 5.1 oder einen der Artikel 5.2 a), b) oder c) erfasst werden, gilt, dass ein Spieler seine Partie verloren hat, wenn er die vorgeschriebene Anzahl von Zügen in der zugewiesenen Zeit nicht vollständig abgeschlossen hat. Die Partie ist jedoch remis, wenn eine Stellung entstanden ist, aus der heraus es dem Gegner nicht möglich ist, den König des Spielers durch eine beliebige Folge von regelgemäßen Zügen, selbst bei ungeschicktestem Gegenspiel, matt zu setzen.

Auf gut Deutsch: der blanke König kann nicht gewinnen!

Außerdem: es gibt Schachspieler und -sportler.
Bitte nicht ganz so ernst nehmen, da es "nur" um eine moralische Wertung geht.
Ein SPORTLER hat eine sportliche Einstellung. Er wartet nicht darauf, dass der Gegner nicht schnell genug die Uhr "zerhämmert" oder vielleicht bei der Bauernumwndlung statt einer Dame oder eines Turmes vielleicht einen Läufer oder Springer greift - sondern gibt beizeiten auf.
Es gibt aber auch SchachSPIELER. Ob diese mit dem gewonnen halben Punkt glücklich sind, ist eine andere Frage.

lukki
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Beitrag von lukki » 25.10.2007, 14:34

... danke Georg,
in meinem Schreibeifer habe ich dem ZÜ automatisch 0-1 angehängt. Das ist für den vorliegenden Sachverhalt, wie von Dir richtig erläutert, falsch.
Wenn man das Brett mit dem blanken König nicht vor Augen hat ... .
Richtigerweise müsste es also für den Ausgangssachverhalt lauten:
Der Schiri entscheidet auf ZÜ und 0,5:0,5.

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Beitrag von realpatzer » 09.10.2008, 18:39

Beim Stöbern bin ich über dieses Thema gestolpert und bin doch etwas verwirrt.

Matt beendet die Partie augenblicklich, egal ob der Spieler die Dame losgelassen hat oder nicht - ganz abgesehen davon hätte er ja auch nichts mehr an der Stellung auf dem Brett verändern können.

Meiner Meinung nach kann die Entscheidung nur auf Matt und Gewinn für Weiß lauten - anders wäre es nur, wenn die Dame das Umwandlungsfeld noch nicht berührt hätte.

Gruß Burkhard
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Beitrag von Eckart » 09.10.2008, 19:30

realpatzer hat geschrieben:Beim Stöbern bin ich über dieses Thema gestolpert und bin doch etwas verwirrt.

Matt beendet die Partie augenblicklich, egal ob der Spieler die Dame losgelassen hat oder nicht - ganz abgesehen davon hätte er ja auch nichts mehr an der Stellung auf dem Brett verändern können.

Meiner Meinung nach kann die Entscheidung nur auf Matt und Gewinn für Weiß lauten - anders wäre es nur, wenn die Dame das Umwandlungsfeld noch nicht berührt hätte.

Gruß Burkhard
Vielleicht kann ich die Verwirrung auflösen.

Die Vorredner haben alles Notwendige bereits geschildert.

Da die neue Figur auf dem Umwandlungsfeld noch nicht losgelassen war, war der Mattzug im Moment der Reklamation der Zeitüberschreitung noch nicht ausgeführt, Art. 4.6 c).

(((Es geht hier nicht darum, dass man nach Ausführung des Mattzuges die Uhr nicht mehr zu betätigen braucht. Das ist eine ganz andere Problematik. Hier war eben der Mattzug noch gar nicht "ausgeführt" im Sinne der Regeln.)))

Matt beendet die Partie, das ist zwar grundsätzlich richtig, allerdings war in diesem Fall die Partie aufgrund der Reklamation bereits beendet, bevor der Mattzug die Partie beenden konnte. Eine bereits beendete Partie kann nicht noch einmal auf andere Weise beendet werden.

ZÜ von Weiss führt jedoch wegen Art. 6.10 ausnahmsweise nicht zum Gewinn von Schwarz, siehe oben.

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Gilt auch beim Blitz- und Schnellschach

Beitrag von thomas.soergel » 13.10.2008, 07:48

Ich denke, es ist klar geworden, dass der Mattzug noch nicht ausgeführt war und deshalb die Zeitreklamation sticht.
Anmerken möchte ich, dass auch bei Blitz- und Schnellpartien das Ergebnis ein Remis ist, wenn die Zeitreklamation durch den Spieler vor der Ausführung des Mattzuges erfolgt.
Auch hier ist das Anhalten der Uhr nicht unbedingt notwendig. Die Regel schreibt ja nur vor, dass zu einer Gewinnreklamation das eigene Blättchen oben sein muss, ansonsten ist die Partie remis. Da hier aber für Schwarz kein Gewinn mehr möglich ist, ist es irrelevant, ob er nun die Uhr anhält oder nicht.
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Re: Gilt auch beim Blitz- und Schnellschach

Beitrag von Eckart » 13.10.2008, 11:17

thomas.soergel hat geschrieben:Anmerken möchte ich, dass auch bei Blitz- und Schnellpartien das Ergebnis ein Remis ist, wenn die Zeitreklamation durch den Spieler vor der Ausführung des Mattzuges erfolgt.
Auch hier ist das Anhalten der Uhr nicht unbedingt notwendig. Die Regel schreibt ja nur vor, dass zu einer Gewinnreklamation das eigene Blättchen oben sein muss, ansonsten ist die Partie remis. Da hier aber für Schwarz kein Gewinn mehr möglich ist, ist es irrelevant, ob er nun die Uhr anhält oder nicht.
Dieser Auffassung, die allein auf den Wortlaut von Artikel B.8 abstellt, vermag ich mich nicht anzuschließen, da ich sie für mit Sinn und Zweck dieser Vorschrift unvereinbar halte.

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Re: Gilt auch beim Blitz- und Schnellschach

Beitrag von thomas.soergel » 13.10.2008, 12:16

Eckart hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben:Anmerken möchte ich, dass auch bei Blitz- und Schnellpartien das Ergebnis ein Remis ist, wenn die Zeitreklamation durch den Spieler vor der Ausführung des Mattzuges erfolgt.
Auch hier ist das Anhalten der Uhr nicht unbedingt notwendig. Die Regel schreibt ja nur vor, dass zu einer Gewinnreklamation das eigene Blättchen oben sein muss, ansonsten ist die Partie remis. Da hier aber für Schwarz kein Gewinn mehr möglich ist, ist es irrelevant, ob er nun die Uhr anhält oder nicht.
Dieser Auffassung, die allein auf den Wortlaut von Artikel B.8 abstellt, vermag ich mich nicht anzuschließen, da ich sie für mit Sinn und Zweck dieser Vorschrift unvereinbar halte.
Interessant, was ist denn Sinn und Zweck dieser Vorschrift?
Meines Erachtens geht dieser aus dem Wortlaut klar hervor. Das Blättchen muss bei der Reklamation nach Anhalten der Uhren oben sein, damit ein Gewinn akzeptiert werden kann. Der Spieler ist angehalten, die Uhren zu stoppen, weil er ansonsten Gefahr läuft, dass die Partie nach Art. B9 remis wird. Sinn und Zweck ist es, Streitereien zu vermeiden, ob die Reklamation vor oder nach dem Fall des anderen Blättchens erfolgt ist.
Im übrigen möchte ich auf Artikel B7 verweisen, hier steht ja geschrieben, dass das Blättchen mit der berechtigten Reklamation des Spielers als gefallen gilt. Hier ist von Anhalten der Uhr erst einmal nicht die Rede.
1. Spielleiter
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Beitrag von Werner » 13.10.2008, 13:19

Man reklamiert doch auf "Zeitüberschreitung", unabhängig davon, ob der Reklamierende nun gewinnt oder ob es ausnahmsweise nur remis ist. Insofern ist nicht verständlich, dass im einen Fall das Anhalten der Uhr erforderlich sein soll, im anderen nicht.
Im Ausgangsfall geht es ja gerade nicht darum, ob eines der Blättchen zuerst gefallen ist, sondern ob "Matt" oder "ZÜ" gilt. Ich sehe es auch so, dass B8 immer gilt, auch dann, wenn der Reklamierende noch massig Zeit hat.
Auf eine Zeit-Reklamation, bei der der Reklamierende die Uhr nicht anhält, würde ich als Schiedsrichter überhaupt nicht eingehen, solange nicht beide Blättchen gefallen sind. Und nicht im Ausnahmefall bei einer Zeit-Reklamation ohne Anhalten der Uhr deswegen für remis erklären, weil der Reklamierende nicht mehr gewinnen könnte.
Natürlich soll B8 Streitigkeiten unterbinden, aber nicht nur für den Fall, dass beide Blättchen fallen, sondern auch um Klarheit darüber zu bekommen, ob die Partie auf andere Weise vorher oder nachher beendet worden sein könnte.

Überdies dürfte es in der Praxis Schwierigkeiten bereiten, ohne Anhalten der Uhr zu beweisen, dass in einem solchen Falll der Mattzug noch nicht ausgeführt war, wenn man die Uhr nicht anhält.

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