Regeländerungen

Georg Heinze
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Regeländerungen

Beitrag von Georg Heinze » 27.06.2008, 16:22

In der neuesten Ausgabe der Rochade Europa (07/2008) erklärte Ignatius Leong (HSR der Schacholympiade und Generalsekretär der FIDE) gegenüber der Presse, dass es "umfangreiche Regeländerungen" geben werde. Allerdings ist dem Artikel nicht genau zu entnehmen, ob es sich dabei um Regeländerungen handelt, die zunächst, sozusagen als "Versuchsballon" zur Schacholmpiade greifen sollen oder aber auch künftig gelten sollen.
Es geht vor allem um 2 Punkte:
1. kein Remis vor dem 30.Zug
2. Wer nicht zu Spielbeginn anwesend ist, verliert kampflos.
Weiß da jemand Genaueres?
Es geht ja auch um den Hintergrund. Das Remisverbot vor einer bestimmten Zügezahl hatten wir mal schon und es hat sich nicht bewährt. Inzwischen sind die Schachspieler nicht dümmer geworden.
Solange ich denken kann, musste man immer die Partie spätestens 1 Stunde nach festgesetztem Spielbeginn aufnehmen, ansonsten war sie verloren. Soll die neuregelung mehr disziplinieren?

Rudi Hirr
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Beitrag von Rudi Hirr » 27.06.2008, 17:31

In der Berliner Mannschaftsmeisterschaft gibt es für die kommende Saison eine neue Turnierordnung. Dort steht in §13 (1) :
"Der Mannschaftsleiter hat bis zum festgesetzten Wettkampfbeginn die Mannschaftsaufstellung beim Schiedsrichter abzugeben."
Ich hatte vor längerer Zeit im Forum des BSV die Frage gestellt, ob das bedeutet, daß seine Mannschaft nicht mehr antreten kann, wenn er dieses nicht macht? Darauf gab es dort keine Antwort. Mich würde interessieren, wie die Leser dieses Forums den zitierten Satz deuten würden?

hoppepit
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Beitrag von hoppepit » 27.06.2008, 17:51

Rudi Hirr hat geschrieben:Mich würde interessieren, wie die Leser dieses Forums den zitierten Satz deuten würden?
Das kann eigentlich nur aus "höheren" TO's abgeleitet sein. Dort muß die Aufstellung allerdings 10 bzw. 15 Minuten vor Spielbeginn abgegeben werden.
Erfolgt die Meldung später, bekommt jeder Spieler der betreffenden Mannschaft diese Zeit von seiner Bedenkzeit abgezogen. In Berlin wird dann wohl genauso verfahren?!

Zu den angesprochenen Änderungen der FIDE:
Von verschiedenen Sachen habe ich auch gehört. Die Verkürzung der "Karenzzeit" ist wohl ein ganz heißes Thema! Ob die allerdings endgültig auf "Null" runtergefahren wird, erfahren wir wohl erst, wenn die FIDE das beschlossen hat.
Gruß, Peter
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Beitrag von Eckart » 27.06.2008, 19:30

Rudi Hirr hat geschrieben:"Der Mannschaftsleiter hat bis zum festgesetzten Wettkampfbeginn die Mannschaftsaufstellung beim Schiedsrichter abzugeben."
Ich hatte vor längerer Zeit im Forum des BSV die Frage gestellt, ob das bedeutet, daß seine Mannschaft nicht mehr antreten kann, wenn er dieses nicht macht? Darauf gab es dort keine Antwort.
Die Vorschrift ist ein typisches Beispiel dafür, was passieren kann, wenn juristische Laien Gesetzgeber spielen.
Man schreibt hin, wie man es gerne hätte, vergisst aber, die Rechtsfolgen zu formulieren, die ein Verstoß gegen das Gebot nach sich ziehen soll.

Ich sehe daher keine Möglichkeit, Sanktionen zu verhängen, falls die Mannschaftsaufstellung nicht rechtzeitig im Sinne dieser Vorschrift abgegeben wird.

Eckart
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Beitrag von Eckart » 27.06.2008, 19:34

hoppepit hat geschrieben:Die Verkürzung der "Karenzzeit" ist wohl ein ganz heißes Thema! Ob die allerdings endgültig auf "Null" runtergefahren wird, erfahren wir wohl erst, wenn die FIDE das beschlossen hat.
Mit anderen Worten:
Wenn ich mit meiner Mannschaft 150 Kilometer zum Auswärtsspiel fahre und unterwegs in einen Stau gerate, hat das Team schon verloren, wenn es auch nur eine Minute nach dem angesetzten Spielbeginn erscheint?!
Sinnvoll finde ich das nicht.

hoppepit
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Beitrag von hoppepit » 27.06.2008, 19:50

Eckart hat geschrieben:Mit anderen Worten:
Wenn ich mit meiner Mannschaft 150 Kilometer zum Auswärtsspiel fahre und unterwegs in einen Stau gerate, hat das Team schon verloren, wenn es auch nur eine Minute nach dem angesetzten Spielbeginn erscheint?!
Sinnvoll finde ich das nicht.
So würde es bei "Null" aussehen!
Finde ich persönlich auch nicht sinnvoll. Evtl. sind die oberen Herren ja einsichtig und die Geschichte pendelt sich irgendwo in der Mitte ein?!
Gruß, Peter
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 28.06.2008, 08:46

Worum es mir ging: sind diese Regeländerungen NUR für die Schacholympiade vorgesehen oder sollen sie so (oder ähnlich) auch zukünftig gelten.
Der Sinn an sich ist klar: es soll den "Kurzremisen" Einhalt geboten werden. Ob das mit der geplanten Festlegung gelingt, ist zumindest anzuzweifeln.
Was das Erscheinen zum festgesetzten Spielbeginn anbelangt, halte ich das aus disziplinarischen Gründen an sich für richtig.
Allerdings: "höhere Gewalt oder ihr gleichzusetzende Umstände" müssten wohl angemessen berücksichtigt werden.
Es gibt ja auch jetzt schon das Problem, wenn eine Mannschaft z.B. wegen Eisglätte nicht anreist. Erkennt das der SR an oder nicht?
Näheres dazu ist in einem gesonderten Thread hier im Forum nachzulesen.

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Beitrag von hoppepit » 28.06.2008, 09:26

Georg Heinze hat geschrieben:Worum es mir ging: sind diese Regeländerungen NUR für die Schacholympiade vorgesehen oder sollen sie so (oder ähnlich) auch zukünftig gelten.
Das sind Änderungsvorschläge/-wünsche, die in Dresden vom Kongreß beschlossen werden sollen und dann ab Juli 2009 in den FIDE-Regeln stehen. Ob das alles so kommen wird, ist noch nicht raus. Es gibt dort jede Menge Änderungsvorschläge.

Wir sollten uns hier aber keinen allzugroßen Kopf über ungelegte Eier machen und abwarten, was die Herren da oben dann endgültig beschließen.
Gruß, Peter
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 28.06.2008, 11:20

hoppepit schrieb:
Wir sollten uns hier aber keinen allzugroßen Kopf über ungelegte Eier machen und abwarten, was die Herren da oben dann endgültig beschließen.
Soweit ok. Hoffentlich wissen die Herren da oben aber auch, was an der Basis nottut. Leider hat man da mitunter nicht das Gefühl, dass dem so ist.
Das zeigen auch die Vielzahl der unterschiedlichen Auffassungen / Auslegungen so mancher FIDE-Regel.

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Beitrag von Eckart » 28.06.2008, 13:56

Georg Heinze hat geschrieben: Was das Erscheinen zum festgesetzten Spielbeginn anbelangt, halte ich das aus disziplinarischen Gründen an sich für richtig.
Allerdings: "höhere Gewalt oder ihr gleichzusetzende Umstände" müssten wohl angemessen berücksichtigt werden.
Fragt sich nur, wie das in der Praxis umgesetzt werden sollte.

Beispiele:
Die Auswärtsmannschaft gerät in einen Stau, trifft 1 Minute nach angesetztem Spielbeginn zum Mannschaftskampf ohne "neutralen" Schiedsrichter ein.
MF Heimmannschaft: Wir haben 8:0 gewonnen.
MF Auswärtsmannschaft: Stau ist "ein höherer Gewalt gleichzusetzender Umstand".
Was nun?

Partie um die Vereinsmeisterschaft an einem Wochentag.
Spieler A wird durch unvorhergesehene Umstände am Arbeitsplatz aufgehalten und trifft 1 Minute zu spät zu seiner Partie am Brett ein.
Sein Gegner würde trotzdem gerne spielen, aber der Vereinsturnierleiter, der zugleich Schiedsrichter ist, beharrt auf der kampflosen Wertung, da er ja auf die strikte Einhaltung der FIDE-Regeln zu achten hat.

Bei der Schacholympiade in Dresden, wo alle Spieler am Spielort wohnen, sollten auch dienigen Profis, die bis mittags schlafen, keine Probleme haben, zum Spielbeginn um 15 Uhr pünktlich am Brett zu erscheinen.
Das bedeutet aber nicht, dass eine derartige Regelung auch für alle Amateure bis zur Kreisklasse/ Vereinsturnier sinnvoll und umsetzbar ist.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 28.06.2008, 14:29

Eckart, Deine Beispiele belegen es doch nur, dass man so eine FIDE-Regel zwar einführen kann, aber man sich auch der Tragweite bewusst sein muss.
Wenn die Regel verschieden Auslegungen zulässt oder aber irgendwie nicht eindeutig ist, sind Probleme vorprogrammiert.
Verschiedene Beispiele hatten wir hier schon im Forum (Handyverbot, Art. 10.2, "höhere Gewalt" usw).
Allerdings sollte man auch auf andere Sportarten schauen. Mir ist keine Sportart bekannt, wo man bis zu 1 Stunde nach Wettkampfbeginn auch noch eine Chance hat. Aber Schach ist eben eine besondere Sportart ...

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Andere Sportarten

Beitrag von thomas.soergel » 29.06.2008, 23:25

Georg Heinze hat geschrieben:Allerdings sollte man auch auf andere Sportarten schauen. Mir ist keine Sportart bekannt, wo man bis zu 1 Stunde nach Wettkampfbeginn auch noch eine Chance hat. Aber Schach ist eben eine besondere Sportart ...
Hier scheint eine Funktionärselite wieder populistischen Mist zu entscheiden. Remis nicht vor dem 30. Zug. Mir hat GM Hecht mal erzählt, wie das in der 50er-Jahren ablief, als man mit der DDR ein Mannschaftsremis vereinbart hatte: Die Funktionäre der DDR arbeiteten Musterpartien aus, die die beiden Spieler auswendig lernen mussten. Alle waren glücklich und der Kampf endete 3:3.
Das mit Kürzen der Wartezeit ist auch Unsinn. damit man dann noch eher aufstehen muss, um sicherheitshalber wirklich rechtzeitig dort zu sein.
Im übrigen, Vergleich zum Handball: Ein Spieler, der verspätet kommt, darf nach Anmeldung am Kampfgericht mit Hinterlegung seines Passes mitspielen. Gleiches gilt beim Fußball, hier kann der SR anpfeiffen, wenn eine Mannschaft nur zu zeht da ist. Der elfte Spieler darf ja auch mitspielen, wenn er da ist.
Fast jede Sportart kennt auch eine Wartezeit, was komplette Mannschaften angeht.
Im übrigen, jeder Funktionär sollte beherzigen, dass der Spielgedanke vor geht.
1. Spielleiter
Bayerische Schachjugend

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Beitrag von dfuchs » 30.06.2008, 13:27

Das mit dem Partieverlust, wer nicht pünktlich am Brett ist, wurde als Vorschlag der deutschen Schiedsrichterkommision eingebracht. Der zweite Satz dieses Vorschlages ist für die Schacholympiade unwichtig, wohl aber für die künftigen Mannschaftskämpfe von Bedeutung:

Wer zum angesetzten Zeitpunkt nicht anwesend ist verliert. In den Turnierausschreibungen darf jedoch eine Toleranzzeit von bis zu 15 Minuten den Spielern zugestanden werden.

Heißt also, wenn in den jeweiligen Turnierordnungen der entsprechende Hinweiß ist, dann bleiben immer noch 15 Minuten, die man zu spät kommen darf.

Und jetzt mal im Ernst eine Stunde war doch wirklich zuviel.

Gruß Daniel

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 30.06.2008, 13:32

thomas.soergel schrieb:
Im übrigen, jeder Funktionär sollte beherzigen, dass der Spielgedanke vor geht.
Natürlich im Rahmen der Regeln und um die geht es.
Kein remis vor dem 30.Zuge. Das angeführte Beispiel verdeutlicht, wie man so eine Regel umgehen kann. Eine weitere Möglichkeit sind Zugwiederholungen. Es gibt Eröffnungen, da kann man schlecht von einer vorgegebenen Variante abweichen, ohne in Nachteil zu geraten. Außerdem: was will man machen, wenn jemand 1.Sf3 Sf6 2.Sg1 Sg8 3.Sf3 Sf6 zieht?
Um remis weitestgehend zu vermeiden, müsste man schon die Wertung ändern (Sieg 3 Punkte, remis 1 Punkt).
Was den Spielbeginn anbelangt, kann wohl jeder ein Lied davon singen:
9.00 Uhr ist Spielbeginn und erst 5 Mann (von 8 Spielern) zur Stelle. Wenn der Gegner das gleiche Problem hat, kann man noch ein paar Minuten warten. Wenn nicht, läuft eben die Zeit. Unglücklicherweise werden also die benachteiligt, die pünktllich sind. Oder man hofft darauf, dass die restlichen Spieler noch kommen und fängt an. Also immer Probleme.
Fraglich allerdings, was eine andere Regel bringt. Im obigen Beispiel würde die eine Mannschaft mal schon 0 : 3 im Rückstand liegen. Gut, eine Aussprache führt sicher dazu, dass das nächste Mal nur 1 Spieler fehlt.
Aber all die anderen Probleme: Zugverspätung, Stau, Umleitungen und, und ...
Es wird ja auch jetzt schon diszipliniert: wer kurz vor der Limitstunde kommt, hat eben Zeitprobleme. Und eine Mannschaft, die was auf sich hält, wird es sich nicht gefallen lassen, wenn immer jemand zu spät kommt (und erst recht nicht, wenn es sich immer um den gleichen Spieler handelt).

Klötzchenschieber
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Beitrag von Klötzchenschieber » 12.07.2008, 23:09

Also, ich kann nicht erkennen, welchen Vorteil die Reglung auf o haben soll. Falls jemand nicht rechtzeitig zum Spielbeginn vor Ort ist, schadet er nur sich und seiner Mannschaft, keinesfalls seinem Gegner.
Daher ist dieser Regelversuch nur neues Konflikpotenzial, an der Schachbasis weit vorbei.

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