Regeländerungen

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 04.12.2008, 22:56

Nachstehend ein Beitrag von stingray, der zum Thema passt.
Ich hoffe, dass ich den Beitrag von dessen Homepage mit seinem Einverständnis veröffentlichen darf. Schließlich ist er dort (u.a,) jederzeit nachlesbar.
Bei der Olympiade (nicht innerhalb der Rahmenturniere) wurden zwei Regelverschärfungen angewandt, die schon im Vorfeld für einigen Diskussionsstoff gesorgt hatten:

* Keine Remisvereinbarung vor Abschluss des 30. Zugs: Kurzremisen einzudämmen, ist ein mehr als löbliches Ziel, aber ob man das auf diese Weise erreicht? Eine solche Regel gab es schon mal vor einiger Zeit. Der Effekt war, dass die Spieler einfach entsprechend lange Partien auswendig lernten und regelmäßig wiederholten. Ich bin gespannt, ob irgendwo ein Erfahrungsbericht zu dieser Regelung auftaucht.
* Wer zum angesetzten Rundenbeginn nicht am Brett sitzt, verliert sofort kampflos. Keine Minute Wartezeit, geschweige denn eine ganze Stunde. Ich sage: Richtig so! Es gehört sich nun mal, dass man zu einem vereinbarten Termin pünktlich erscheint. Mal ganz abgesehen davon, dass speziell bei der Olympiade Presse und Zuschauer einfach fotografieren wollen, der Einsatz des Blitzlichts aber nur in der ersten Viertelstunde erlaubt ist. Bei der Sitzung der Regelkommission wurde ja auch ein Antrag für eine allgemeine Regeländerung zu diesem Thema verhandelt, aber ein Ergebnis habe ich noch nirgends gelesen. Meine Meinung: Dieser Punkt gehört schon lange überarbeitet. Warum soll ich beim Schach eine Schludrigkeit akzeptieren, für die man in so ziemlich jeder anderen Sportart einfach aus dem Team fliegt (und zwar auch auf unterster Ebene)?

Eckart
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Beitrag von Eckart » 05.12.2008, 10:33

Hier die Meinung von Stefan Löffler zum Thema "Karenzzeit null":

http://schach.twoday.net/stories/5365860/

Wie immer sehr emotional, aber dennoch lesenswert.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 05.12.2008, 11:35

Eine sehr interessante Stellungnahme von Stefan Löffler zum Thema Karenzzeit.
Wichtig auch die konkrete Aussage, dass sich der Vorstand der FIDE offensichtlich über die Meinung der Regelkommission hinweggesetzt hat.
So wie es Stefan Löffler schreibt, werden den Landesverbänden wohl doch Möglichkeiten eingeräumt, Kulanzzeiten in ihren Turnierordnungen festzulegen.
Sehr interessant auch, was er dazu schreibt, wie das mit dem Handyklingeln in den Niederlanden gehandhabt wird. Die FIDE-Regel 12.2. b) scheint dann aber mehr als locker gehandhabt zu werden ...
Offensichtlich bestehen hinsichtlich der Karenzzeiten (und wohl auch mit dem Remis vor dem 30. Zug) unterschiedliche Auffassungen, was auch hier im Forum zum Ausdruck kommt.
Da kann man ja gespannt sein, wie sich das in den Turnierordnungen niederschlagen wird.

Werner
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Beitrag von Werner » 05.12.2008, 12:21

Wobei die Sachlichkeit unter Löfflers Emotionalität zu leiden scheint:
er wettert gegen den Partieverlust bei "Handyklingeln" während der Partie und begründet das mit der für einen modernen Menschen unerläßlichen Erreichbarkeit VOR der Partie. Dass das bloße Mitführen des Mobiltelefons anderen Regeln unterliegt als das Handyklingeln scheint er dabei geflissentlich zu "übersehen".

Seine plakative Behauptung "Nationale Abweichungen von den Laws of Chess sind durchaus erlaubt." erweist sich in dieser Allgemeingültigkeit heischenden Formulierung als mit dem Vorwort der FIDE-Regeln unvereinbar.

Auf die entscheidende Frage, ob die neue FIDE-Regel 6.7 eine der bisherigen Fassung - "es sei denn, das Turnierreglement sieht etwas anderes vor oder der Schiedsrichter entschiedet anders" - entsprechende Öffnungsklausel enthalten wird, geht Löffler nicht ein. Ich fürchte, dass der gute Stefan Löffler die gegenwärtige Regelung gar nicht präzise kennt und dass er den Beschluss von Dresden nur nach Hörensagen wiedergibt.

Eckart
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Beitrag von Eckart » 17.12.2008, 10:40

Geurt Gijssen zur Thematik "zero tolerance":

http://www.chesscafe.com/geurt/geurt.htm

Nun ist es heraus:
Der FIDE-Präsident strebt eine "Wartezeit" von null Minuten OHNE Abänderungsmöglichkeit durch regionale Turnierordnung etc. an.
Begründung: bei der WM 1998 habe IOC-Präsident Samaranch auf den verspäteten Karpow warten müssen.
Das zeigt die Weltfremdheit der agierenden Funktionäre.
Auf die Amateur-Mannschaft, die in der vierten Liga 200 km zum Auswärtsspiel fährt, wartet außer der Heimmannschaft kein IOC-Präsident, niemand hat etwas davon, wenn Spiel/ Mannschaftskampf nicht stattfindet, weil der Gast um Sekunden zu spät erscheint.
Ein Grund mehr, mit dem Schachspielen aufzuhören.

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Dem kann ich nur zustimmen

Beitrag von thomas.soergel » 17.12.2008, 13:23

Eckart hat geschrieben:Das zeigt die Weltfremdheit der agierenden Funktionäre.
Auf die Amateur-Mannschaft, die in der vierten Liga 200 km zum Auswärtsspiel fährt, wartet außer der Heimmannschaft kein IOC-Präsident, niemand hat etwas davon, wenn Spiel/ Mannschaftskampf nicht stattfindet, weil der Gast um Sekunden zu spät erscheint.
Ein Grund mehr, mit dem Schachspielen aufzuhören.
Eckarts Ansicht ist nichts mehr hinzuzufügen. Ein FIDE-Präsident, der sich einbildet, die Regeln gegen den Expertenrat machen zu müssen, ist schlichtweg nicht tragbar und gehört abgewählt. Leider gibt es genügend Föderation, die diesem Herrn aus welchen Gründen auch immer wählen.
Das sinnvollste wäre, wenn die Föderationen mit Ahnung zum Boykott aufriefen. Wenn bei der nächsten WM z.B. sämtliche EU-Staaten fehlen würden...
Was würden denn eigentlich passieren, wenn der DSB diese Regel boykottiert und eine Änderung durch eine TO zulassen würde?
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Findigkeit gefragt

Beitrag von thomas.soergel » 17.12.2008, 13:52

Eine Idee hätte ich schon, um den Unsinn des FIDE-Präsidenten auszubremsen. Angenommen, der Kampf beginnt bislang am Sonntag um 10.00 Uhr:
Der Turnierordnung setzt den Beginn des Wettkampfes jetzt auf 11.00 Uhr fest, fordert die Abgabe einer Mannschaftsaufstellung für 9.45 Uhr ein und erlaubt, falls dies explizit nötig sein sollte, mit dem Kampf auch schon um 10.00 Uhr beginnen zu dürfen.
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Beitrag von dfuchs » 17.12.2008, 17:51

Alle Regeländerungsvorschläge kann man jetzt unter
http://www.fide.com/component/content/a ... ej-macieja
nachlesen.

Dort ist immer noch die Regeländerung mit der Öffnungsklausel verzeichnet, allerdings gibt es dort den auch den Hinweis auf das Presidential Board der FIDE. Ergo abwarten und Tee trinken (meine Empfehlung "Darjeeling First Flush"), eine Diskussion hierüber ist zwar sehr interessant, aber wir müssen wohl mit dem, was uns die FIDE am Ende vorgibt leben müssen.

Gruß Daniel

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Beitrag von hoppepit » 17.12.2008, 17:58

...wenn ich das richtig verstanden habe, ist die Nummer (noch) nicht fix.
Und der Passus "oder der SR entscheidet anders" ist drin.
Also sollten wir uns darüber vorerst nicht allzuviele Gedanken machen.
Gruß, Peter
Unterlagen für Schiedsrichter und Turnierorganisation:
https://www.schachschiri.de
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 17.12.2008, 18:07

Es ist offensichtlich noch nicht alles in Sack und Tüten.
Ich fände es trotzdem schön, wenn den Englischtext jemand, der es besser als ich kann, übersetzen würde.
Wir wissen ja, dass es schon Fälle gab, wo die offizielle Übersetzung aus dem Englischen fahlerhaft war.
Das, was thomas.soergel schreibt, ist zwar gut gemeint, aber so nicht wirklich praktkabel.
Wenn in seinem Beispiel die Mannschaftsmeldungen 9.45 Uhr abgegeben werden müssten, heißt das ja, dass mindestens der ML zu diesem Zeitpunkt da sein müsste (und der müsste genau wissen, wer verfügbar ist).
Wenn der offizielle Spielbeginn dann 11.00 Uhr wäre, müssten ggf. trotzdem ALLE Spieler warten, weil irgendjemand erst Punkt 11.00 Uhr kommt.
So ginge es also nicht ...
Aber warten wir ab.

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Beitrag von thomas.soergel » 17.12.2008, 19:38

Georg Heinze hat geschrieben:Wenn der offizielle Spielbeginn dann 11.00 Uhr wäre, müssten ggf. trotzdem ALLE Spieler warten, weil irgendjemand erst Punkt 11.00 Uhr kommt. So ginge es also nicht ...
Aber warten wir ab.
Hast recht, das wäre ein Schwachpunkt. Aber vielleicht kann man da ja ansetzen. Am besten wirklich bei einer Tasse Tee überlegen, ob es da weitere Möglichkeiten gäbe. Da hat Daniel Fuchs recht. Aber man wird ja auch auf unsere Funktionäre hoffen dürfen.
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Beitrag von Georg Heinze » 17.12.2008, 21:34

thomas.soergel schrieb:
Aber man wird ja auch auf unsere Funktionäre hoffen dürfen.
Auf welche?
Sicher, es gibt sone und solche.
Wenn ich aber z.B. an die Sache mit dem Handyparagraphen denke ...
Noch ehe diese FIDE-Regel verbindlich wurde, hat man im vorauseilenden Gehorsam (oder wie nennt man das?) mitten in der Saison (obwohl das in der TO nicht vorgesehen war!) diese Hals-über-Kopf-Regelung eingeführt!
Noch heute geistert die Falschinterpretation betreffs der Wertung durch die Köpfe! Nämlich die Wertung für den Gegner des Handyklinglers.
Lassen wir das. Ich befürchte nur, dass, wenn wieder die gleichen Funktionäre das Sagen haben, wird es wieder nichts.
Soweit ich es mitbekomme, liest wohl kaum einer der maßgeblichen Funktionäre hier im Forum, was so "Volkes Meinung" ist.
Wobei immer noch offen ist, inwieweit die FIDE-Festlegung überhaupt Spielraum zulässt.

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Die Hoffnung stirbt zuletzt

Beitrag von thomas.soergel » 17.12.2008, 22:53

Georg Heinze hat geschrieben:Auf welche?
Sicher, es gibt solche und solche.
Auf diejenigen, die bei der Verabschiedung der neuen Regeln abstimmen. Mittlerweile haben wir ja einen anderen DSB-Präsidenten als vor vier Jahren. Wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt.
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 18.12.2008, 15:05

Der Präsident ist nicht in der FIDE-Regelkommission. Da haben wir SF Krause drin.
Was die Turnierordnung des DSB anbelangt, bin ich mir nicht sicher, wer da alles in dieser Kommission drin ist und folglich was zu sagen hat. Der Präsident wohl eher nicht.

Werner
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Beitrag von Werner » 18.12.2008, 20:56

Ich würde mich nicht wundern, wenn das den Herrn Präsidenten überhaupt nicht interessierte.

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