Frage zum Regelwerk beanworten?!

hoppepit
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Frage zum Regelwerk beanworten?!

Beitrag von hoppepit » 04.11.2008, 10:30

Hallo Kollegen,
darf ein Zuschauer/Gast einem Spieler während der Partie eine regeltechnische Frage beantworten?
Oder ist das ein Verstoß gegen Art. 12.2a) bzw. Art. 13.7a)?
Zuletzt geändert von hoppepit am 05.11.2008, 10:58, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß, Peter
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thomas.soergel
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Zusatzfrage

Beitrag von thomas.soergel » 04.11.2008, 11:25

Eine sehr interessante Frage. Wie sieht es in dieser Hinsicht aus, wenn der Spieler den eigenen Mitspieler in einem Mannschaftskampf befragt?
Interessant was unsere Experten dazu sagen.
Wobei wir hier einmal davon ausgehen, dass der Spieler von sich aus nach einer Regel fragt.
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hoppepit
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Re: Zusatzfrage

Beitrag von hoppepit » 04.11.2008, 13:30

thomas.soergel hat geschrieben:Wobei wir hier einmal davon ausgehen, dass der Spieler von sich aus nach einer Regel fragt.
So war es in diesem Fall gewesen!

Der konkrete Fall:
Ich war Zuschauer bei einem Mannschaftskampf meines Heimvereins, nicht als SR dort eingesetzt. Ein Spieler unserer Mannschaft (der mich kennt und weiß, daß ich einigermaßen regelfest bin), hat weniger als 5 Minuten Restbedenkzeit bis zur ersten Zeitkontrolle.
Er stellte mir folgende Frage: "Ist doch richtig, daß ich nicht mehr mitzuschreiben brauche?"
Diese Frage habe ich in meiner hilfsbereiten Art mit einem Kopfnicken bejaht.
Daraufhin hat sich der gegnerische Mannschaftsführer beschwert. Seiner Meinung nach sei meine Antwort eine unerlaubte Hilfe gewesen und der fragende Spieler müsste mit Partieverlust bestraft werden.
Die betreffende Partie endete kurz nach der Zeitkontrolle mit einem Remis.

Der ganzen Sache ist nun evtl. noch ein Protest des gegnerischen Vereins anhänglich.
Gruß, Peter
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thomas.soergel
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Lächerlich

Beitrag von thomas.soergel » 04.11.2008, 14:41

Die erste Frage, die sich stellt, ist, warum sich der Spieler nicht an den SR gewendet hat, der ihm ja diese Frage hätte beantworten dürfen.
Die nächste Frage ist, was denn der SR zu Deiner Auskunft gesagt hat. Falls sich der Gastverein z.B. nicht an den SR mit Bitte um Entscheidung gewendet hätte, würde ich als Spielleiter den Protest sowieso als nicht zulässig abweisen. Vom sportlichen Gedanken ganz zu schweigen.
Ansonsten bin ich auch gespannt, was andere Schachfreunde meinen.
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Re: Lächerlich

Beitrag von hoppepit » 04.11.2008, 17:44

thomas.soergel hat geschrieben:Die erste Frage, die sich stellt, ist, warum sich der Spieler nicht an den SR gewendet hat, der ihm ja diese Frage hätte beantworten dürfen.
Das Spiel fand in der 2. Kreisklasse statt (Zweitniedrigste Klasse in unserem Bezirk). Dort wird ohne SR gespielt. Normalerweise wird dann vor Spielbeginn ein Wettkampfleiter benannt, meist der MF der Heimmannschaft. Wurde aber hier nicht getan, folglich war anscheinend niemand zuständig. Traurig, aber wahr. Leider haben in den unteren Klassen die wenigsten Spieler Regelkenntnisse, da meist auch viele Schüler und Jugendliche spielen.

Somit war meine Wenigkeit (ohne mich in den Himmel heben zu wollen) derjenige mit der wohl größten Regelkenntnis im Spielsaal.
Gruß, Peter
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Stingray
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Beitrag von Stingray » 04.11.2008, 18:17

Grundsätzlich hat sich der Spieler an den Schiedsrichter zu wenden - und nur an den. In diesem konkreten Fall ging das aus offensichtlichen Gründen nicht.

Eine unerlaubte Hilfestellung ist dieser konkrete Fall meiner persönlichen Ansicht nach nicht, aber die Regeln geben dazu nun mal wenig her. Sollte die Gastmannschaft tatsächlich aufgrund dieser Sachlage Protest erheben, halte ich den für nicht sehr aussichtsreich.

Eine andere Frage ist eben das von Dir erwähnte Versäumnis, diesen sogenannten Wettkampfleiter zu bestimmen. Ich als Vertreter der Gastmannschaft würde wenn überhaupt darin einen Protestgrund sehen. Andererseits müsste man sich natürlich dann die Frage gefallen lassen, warum man diese Situation vor Beginn des Kampfs überhaupt fraglos akzeptiert hatte... An dieser Stelle wären mal die Artikel aus Eurer TO zu diesem Wettkampfleiter interessant.

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Beitrag von hoppepit » 04.11.2008, 18:44

Stingray hat geschrieben:An dieser Stelle wären mal die Artikel aus Eurer TO zu diesem Wettkampfleiter interessant.
Kannst Du haben:
2. Wettkampfleiter:
Bei jedem Mannschaftskampf erfolgt die Leitung durch einen von der gastgebenden Mannschaft zu stellenden Wettkampfleiter. Der gastgebende Verein ist verpflichtet, den Wettkampfleiter vor Spielbeginn zu benennen. Ist dies nicht möglich, übernimmt ein Spieler des Gastvereins die Wettkampfleitung.
Knackpunkt ist einfach die mangelnde Regelkenntnis in den unteren Klassen. Es wurde einfach kein WKL benannt.

Mir geht das auf die Nerven. Ich habe schon mehrfach im Verein vor Saisonbeginn angeboten, eine Schulung für Mannschaftsführer zu machen. Das Angebot wurde bisher nicht angenommen.
Gruß, Peter
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Martin
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Beitrag von Martin » 04.11.2008, 19:34

Bei aller Liebe, aber was waren denn da für Patienten am Werke? Partieverlust einfordern, weil einer auf die Frage nach der (Nicht-)Mitschreibpflicht genickt hat?
Was wohl SR-Guru Uwe Bade dazu sagen würde...

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Beitrag von Stingray » 05.11.2008, 12:37

Es besteht wohl Einigkeit darin, dass der geschilderte Vorgang keine unerlaubte Hilfestellung ist. In einem Kampf mit Schiedsrichter würde selbiger aber vermutlich trotzdem zumindest nachher den entsprechenden Spieler darauf hinweisen, solcherlei Fragen doch bitteschön direkt an ihn zu richten.

Nach dem Lesen des von hoppepit vorgelegten Auszugs sehe ich aber ein ganz anderes Problem: Offenbar fand der gesamte Kampf unter regelwidrigen Bedingungen statt, da weder Gastgeber noch Gast einen "Wettkampfleiter" benannt hatten. Sollte der Spielleiter davon Wind bekommen, müsste er meiner Ansicht nach den gesamten Wettkampf annullieren und wiederholen lassen.

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Beitrag von hoppepit » 05.11.2008, 13:30

Stingray hat geschrieben:Offenbar fand der gesamte Kampf unter regelwidrigen Bedingungen statt, da weder Gastgeber noch Gast einen "Wettkampfleiter" benannt hatten. Sollte der Spielleiter davon Wind bekommen, müsste er meiner Ansicht nach den gesamten Wettkampf annullieren und wiederholen lassen.
Da hast Du vollkommen Recht! Allerdings hätte der Spielleiter dann viel zu tun. In den unteren Klassen wird in den seltensten Fällen jemand benannt.
Ich habe schon öfter darauf hingewiesen, dann wurde meist abgewunken mit dem Hinweis: "Brauchen wir das, passiert doch sowieso nichts!" Das Ergebnis davon sieht man jetzt.
Gruß, Peter
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Beitrag von thomas.soergel » 05.11.2008, 14:06

Stingray hat geschrieben:Nach dem Lesen des von hoppepit vorgelegten Auszugs sehe ich aber ein ganz anderes Problem: Offenbar fand der gesamte Kampf unter regelwidrigen Bedingungen statt, da weder Gastgeber noch Gast einen "Wettkampfleiter" benannt hatten. Sollte der Spielleiter davon Wind bekommen, müsste er meiner Ansicht nach den gesamten Wettkampf annullieren und wiederholen lassen.
Ich würde auch einmal annehmen, dass sich 12.1 auf mögliche Zugfortsetzungen sowie unerlaubte Hinweise bezüglich Zeitnotphase bezieht, insofern stimme ich da auch zu.
In einer der unteren Klassen einen Wettkampf wiederholen zu lassen, halte ich für übertrieben, zumal ja die Mannschaftsaufstellung abgegeben und die Partien korrekt gespielt wurden. Als Spielleiter würde ich in so einem Fall eher dazu tendieren, die Partie nach Ausgang zu werten und beiden Vereinen eine Geldstrafe aufzubrummen, die sich im Wiederholungsfall steigern kann.
Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn der Spielleiter anordnet, dass auch der SR zu melden wäre.
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Holger Moritz
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Beitrag von Holger Moritz » 05.11.2008, 16:38

Ja, wie überall in den unteren Klassen - auch wir kennen da unsere Pappenheimer. Daher steht bei uns:

A-3.3 Wettkampfleitung
Ist kein Schiedsrichter eingesetzt, so übernimmt eine von der Heimmannschaft vor Beginn
des Kampfes bestimmte Person – z.B. der Mannschaftsführer – alle Schiedsrichteraufgaben
und -rechte. Erfolgt keine Namensnennung, so gilt der Mannschaftsführer als bestimmt.

So gibt es ganz sicher keine Wettkämpfe ohne SR - sehr wohl welche, in denen der Schiedsrichter gar nicht weiß, dass er das ist. Wenn gar nichts mehr hilft (und so ein Streitfall läuft grad durch die Instanzen) ist derjenige Schiedsrichter, der die gegnerische Mannschaftsaufstellung angenommen hat und die eigene danebengelgt.

Im vorliegenden Fall denke ich auch, das ist durchaus ermahnungsfähig - aber auch nicht mehr, ist nicht so ein wesentlicher Eingriff in die Partie.

Werner
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Beitrag von Werner » 05.11.2008, 16:53

Für mich macht es keinen Unterschied, ob die Frage nun an den Schiedsrichter oder an einen anderen Spieler oder Gast gerichtet wird. In Artikel 12.2 a) wird jedenfalls keine solche Unterscheidung getroffen. Mit dem Inhalt der FIDE-Regeln haben die Spieler sich eben VOR Beginn der Partie vertraut zu machen. Im Hinblick auf Artikel 13.6 Satz 1 sehe ich auch keine Berechtigung des Schiedsrichters, die gewünschte Auskunft zu erteilen. Wo käme man hin, wenn der Schiedsrichter während eines Wettkampfes sich andauernd Fragen zu den Regeln gefallen lassen müsste - was man dem einen Spieler gewährt, kann man dem anderen nicht verwehren.

Insofern ist der Einwand, dem fragenden Spieler sei in unzulässiger Weise geholfen worden, nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Ich nehme an, dass der Spieler daraufhin das Mitschreiben eingestellt und dadurch Zeit gewonnen hat, sich auf das Geschehen auf dem Brett zu konzentrieren, was ihm nicht in der gleichen Weise möglich gewesen wäre, wenn er - ohne Antwort auf seine Frage - seine Mitschrift vollständig weitergeführt hätte. Eine Hilfe, die qualitativ auf der gleichen Stufe wie die Auskunft über die gespielte Zügezahl (in Zeitnot) steht.

Bei der Frage, was geschehen soll, wenn beide Mannschaften versäumen, einen Wettkampfleiter zu benennen, würde eine Wiederholung des ganzen Kampfes m. E. nur in Betracht kommen, wenn die einschlägige Turnierordnung dafür eine Rechtsgrundlage erhält.
Welche der beiden Mannschaften sollte denn einen Einspruch erheben, der sich schließlich auf ein eigenes Fehlverhalten stützen müsste?!
Einen Mannschaftskampf entgegen der Turnierordnung ohne Benennung eines Wettkampfleiters zu beginnen, hinterher aber dieses eigene Versäumnis zum Protestgrund zu erheben, betrachte ich als widersprüchliches Verhalten.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 05.11.2008, 17:07

So, wie sich die Sache hier darstellt, gibt es einiges anzumerken:
1.Beide Mannschaften haben gegen die TO verstoßen, Weder vom Gastgeber noch vom Gastverein wurden ein Wettkampfleiter benannt.
2.Insofern stellt sich auch nicht die Frage, an welchen SR man sich mit einer regeltechnischen Frage wenden kann.
3.Wenn ein anwesender SR, der seinen Mannschaftskameraden bekannt ist, um eine an sich harmlose Auskunft gebeten wird, dann ist das formell nicht richtig gelaufen, aber ich sehe darin keinen so schwerwiegenden Verstoß, den Kampf zu wiederholen und auch nicht für einen Punktabspruch.

Holger Moritz
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Beitrag von Holger Moritz » 05.11.2008, 17:30

Also, bei meiner NSR Ausbildung gab es die Frage vom V. Kortschnoj an den SR als Debattenthema (diese alte, recht bekannte Geschichte, wo er den SR fragt ob er rochieren könne weil sein Turm angegriffen sei). Tenor der Ausbilder damals war, ein SR dürfe zu solchen Dingen befragt werden und solle auch Auskunft geben, aber nicht zur konkreten Situation in der Partie. Die authentische Antwort des SR "ja" wurde als kritisch gewertet (er hätte ja was anderes übersehen können) und als bessere Alternative genannt, den entsprechenden §§ der FIDE Regeln sinngemäß zu erläutern. "Sie dürfen Rochieren, wenn weder König noch ..." bis zum Ende hin!. Übertragen auf den hier vorliegenden Fall hätte also ein SR sagen sollen, "Mitschreibpflicht besteht, wenn sie mehr als 5 Minuten Bedenkzeit haben." So jedenfalls damals Kohlstädt und Wölk (glaub' ich, ist schon ein Weilchen her.)

Ansonsten erklär ich meinen Eleven schon, dass Regelunkenntniss ein Teil der Spielstärke ist ebenso wie Nichtkenntniss der Turmendspiele oder der Drachenvariante - dass es also nicht Aufgabe eines SR ist, Spieler vor Schäden durch eigene Regelunkenntnis zu schützen. Aber eben - Auskunft über die Regeln auf eine konkrete Frage darf man nach meinem Ausbildungsstand schon geben. Ebenso wie der SR der einzige ist, den mal als Spieler gefahrlos über alles befragen darf - er muss schon wissen, was er antworten darf und was nicht.

(nicht ganz passender, schlagfertiger Dialog bei der Bundeswehr:
Spieß: Schon wieder eine Krankmeldung? Was um alles in der Welt haben Sie denn für eine Krankheit?
Rekrut: Das können Sie den Stabsarzt fragen. Wenn es es ihnen sagt, geht er in den Bau.)

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