Mitbringen von Mobiltelefonen ...

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 20.05.2009, 16:03

Ich sehe das mit dem "dürfen" auch so: hier hat der SR einen Ermessensspielraum.
Ansonsten ist es tatsächlich so, wie es Martin schreibt. Wenn man die "Bestrafung" bei den einzelnen Delikten vergleicht, kann man schon ins Grübeln kommen.
Ich persönlich empfinde ein einmaliges Geräusch, von einem Handy ausgehend weit weniger als Belastung oder Störung, als wenn mir z.B. mein Gegner immer mal einen Hauch von Knoblauch und Wodka ins Gesicht bläst.
In dem einen Fall: sofortiger Partieverlust, im anderen Fall, kann ich bestenfalls den SR bitten, um für Abhilfe zu sorgen. Hoffentlich schaffe ich das noch, ehe ich umfalle...
Es gibt eine Reihe weiterer Beispiele, die die Verhältnismäßigkeit vermissen lassen.
Aber, was solls. Wenn der SR einen Ermessensspielraum hat, kann man mit ein wenig Fingerspitzengefühl einiges richten.
Ansonsten ist es schwierig. Eine Änderung von FIDE-Regeln ist eine komplzierte Sache.

Andreas_Wahrlich
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Mitbringen Handy

Beitrag von Andreas_Wahrlich » 26.05.2009, 11:03

Entschuldigt bitte meine -nach lesen der Diskussion vielleicht blöd wirkende - Frage. Aber ist es nicht der Regelfall, dass das Handy mitgebracht wird, in der Jacke oder Tasche bleibt und nach der Partie "draussen" heraus heholt wird, um der Familie Bescheid zu geben, wann man nach Hause kommt. Könnte dann ein Turnierleiter, wenn er bemerkt, dass der Spieler ein ausgeschaltetes Handy in der Jacke an der Garderobe dabei hatte eine Strafe aussprechen ? Welcher Turnierleiter würde so etwas tun ?

thomas.soergel
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Re: Mitbringen Handy

Beitrag von thomas.soergel » 26.05.2009, 12:01

Andreas_Wahrlich hat geschrieben:Könnte dann ein Turnierleiter, wenn er bemerkt, dass der Spieler ein ausgeschaltetes Handy in der Jacke an der Garderobe dabei hatte eine Strafe aussprechen ? Welcher Turnierleiter würde so etwas tun ?
Zunächst einmal, er darf:
13.4 Der Schiedsrichter kann eine oder mehrere der folgenden Strafen anwenden:
...
e. Verminderung der in einer Partie vom schuldigen Spieler erzielten Punkte,
...
Der Wortlaut von Punkt e sagt eindeutig, dass dies nach der Partie geschehen kann, vorher kann er die Punkte ja nicht erzielt haben.
Der SR muss diese Möglichkeit auch haben, wenn nach der Partie offenkundig wird, dass der Spieler während der Partie das Handy auch benutzt hat. Etwa, wenn dem SR aufgefallen ist, dass der Spieler sehr häufig den Turniersaal verlassen hat, wenn es insbesondere Versuche gab, dies am Zug zu tun und es vielleicht auch noch Zeugen gibt.
Ich persönlich würde allerdings die Partie nachträglich nur dann als verloren geben, wenn ich entsprechende Beweise hätte.
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 26.05.2009, 13:25

Zunächst hierzu der betr. FIDE-Artikel:
12.2 b) Das Mitbringen von Mobiltelefonen oder anderen elektronischen Kommunikationsmitteln, die nicht vom Schiedsrichter genehmigt wurden, in das Turnierareal ist streng verboten. Falls das Mobiltelefon eines Spielers während der Partie im Turnierareal läutet, hat der Spieler die Partie verloren. Das Ergebnis des Gegners legt der Schiedsrichter fest.
Also: wer dagegen verstößt, hat mit Sanktionen zu rechnen.
Ein Partieverlust ist nicht vorgeschrieben, könnte aber im Extremfall verhängt werden.
Es geht bei dieser Festlegung nicht darum, was üblich ist.
An verschiedener Stelle wurde schon geschrieben, was gemacht werden kann, z.B. Abgabe beim SR.
Das ist die jetzt noch gültige Regelung.
Ab 01.07. gibt es neue FIDE-Regeln, die aber hier im speziellen Fall auch nicht anders sind.

Werner
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Beitrag von Werner » 29.05.2009, 01:05

Doch, sie sind anders.
Aus dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist eine Erlaubnis mit Auflagen geworden.
Zuletzt geändert von Werner am 29.05.2009, 17:33, insgesamt 1-mal geändert.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 29.05.2009, 10:53

Werner hat Recht, es hat sich doch was geändert.
Bisher heißt es:
12.2 b) Das Mitbringen von Mobiltelefonen oder anderen elektronischen Kommunikationsmitteln, die nicht vom Schiedsrichter genehmigt wurden, in das Turnierareal ist streng verboten.
In der neuen FIDE-Regel steht nunmehr:
12.3 b) Ohne Genehmigung des Schiedsrichters ist es dem Spieler untersagt, in das Turnierareal ein Mobiltelefon oder andere elektronische Kommunikationsmittel mitzubringen, sofern diese nicht vollkommen ausgeschaltet sind.
"streng verboten" oder "untersagt" ist nicht der Punkt, aber der Nebensatz.

Klaus Deventer kommentiert das in seine "Regelecke" folgendermaßen:
Die berühmt-berüchtigte „Handy-Regel“ wurde überarbeitet. Sie findet sich jetzt in Art. 12.3 b). Ich versuche einmal eine noch inoffizielle Übersetzung: „Ohne Genehmigung des Schiedsrichters ist es einem Spieler untersagt, ein Mobiltelefon oder ein anderes elektronisches Kommunikationsmittel innerhalb des Turnierareals zu besitzen, es sei denn, dieses ist vollständig ausgeschaltet.
Also: wer ein ausgeschaltetes Handy in der Garderobe lässt, verstößt künftig nicht mehr gegen eine Regel.

Martin
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Beitrag von Martin » 29.05.2009, 13:05

Gestern spielte ich eine Turnierpartie, als mein zuvor ausgeschaltetes Mobiltelefon 15 min nach Partiebeginn Töne von sich gab.
Es stellte sich heraus, daß offenbar eine Hosentaschenfalte genau die richtige Taste gedrückt haben mußte, denn das Display forderte zur PIN-Eingabe auf.
Ich war natürlich schockiert, aber es nahm niemand Anstoß, und man ist wohl nicht zur Selbstanzeige verpflichtet. Mein bei nächster Gelegenheit plaziertes Remisangebot wurde abgelehnt und es ging ganz normal weiter. Trotzdem fühlte ich mich für den Rest der Partie extrem unwohl und verlor diese dann letztlich auch. Hier meine Frage: Gibt es da einen bestimmten Zeitrahmen für eventuelle Sanktionen, oder hätte noch kurz vor Partieende jemand diesen Vorfall beim Schiedsrichter reklamieren können? Was hättet ihr als Schiedsrichter gemacht, wenn z.B. der "Sünder" seinen Gegner zwei Stunden später kurz vor dem Matt hat und dieser dann auf die Idee kommt, den fast verjährten Vorfall als letzte Chance zur Rettung zu nutzen?

Übrigens, Werner,
Aus dem Verbot mit Erlaubnisverbot ist eine Erlaubnis mit Auflagen geworden.
das ist ja 'n tolles Wort: Erlaubnisverbot. :idea: :roll:

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Analogie und Verjährung

Beitrag von thomas.soergel » 29.05.2009, 13:57

Martin hat geschrieben:Hier meine Frage: Gibt es da einen bestimmten Zeitrahmen für eventuelle Sanktionen, oder hätte noch kurz vor Partieende jemand diesen Vorfall beim Schiedsrichter reklamieren können? Was hättet ihr als Schiedsrichter gemacht, wenn z.B. der "Sünder" seinen Gegner zwei Stunden später kurz vor dem Matt hat und dieser dann auf die Idee kommt, den fast verjährten Vorfall als letzte Chance zur Rettung zu nutzen?
Regel 12.2b gibt an, wann zwingend Partieverlust erfolgt:
Wenn während der Partie das Mobiltelefon eines Spielers in den Turnierräumlichkeiten läutet, dann verliert dieser Spieler die Partie.
Das Ergebnis des Gegners muss vom Schiedsrichter bestimmt werden.
Somit können Gegner und ggf. auch Zuschauer jederzeit auf jeden Fall während der Partie beim SR reklamieren. Zuschauer können ja auch Spieler einer anderen Turnierpartie sein, die durch das Bimmeln gestört werden.
Bezüglich Verjährung gibt es keinen Hinweis. Spätestens nach Unterzeichnung der Partieformulare sollte aber m.E. keine Korrektur mehr erfolgen.
Strittig ist für mich, ob nach einem Matt auch eine Reklamation möglich ist. Für ein Matt ist ja das Partieende definiert, die Frage ist, ob dies auch für ein Geräusch des Mobiltelefons gilt.

Wenn ein Spieler kurz vor dem Matt sich an das Handy erinnert, ist das natürlich sportlich nicht besonders fair, aber dennoch regelkonform. Sollte der reklamierende Spieler nur noch den König auf dem Brett haben, würde ich ihm nur einen halben Brettpunkt zukommen lassen, als SR darf ich ja das Resultat festlegen.
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Beitrag von Georg Heinze » 29.05.2009, 17:07

Ja, der Handyparagraph ...
Ab 01.07. ist es nun der FIDE-Artikel 12.3 b), macht ihn aber trotz Nachbesserung immer noch nicht gut genug.
Wenn ein Handy ein Geräusch verursacht, verliert der Spieler.
Allerdings trägt das Handy kein Spielergebnis ein, sondern die Sache ist zu reklamieren. Da hier keine Definition steht, von wem, würde ich sagen von jedermann. Da hier auch nichts davon steht, wie lange das störende Geräusch einen Partieverlust nach sich zieht, bleibt als Schlussfolgerung nur: während der Partie. Ob auch darüber hinaus, bezweifle ich zwar, aber wenn der SR so entscheidet ...
Am besten, man macht es so wie Martin, wenn es ansonsten niemand bemerkt.
Wenn aber doch ...

Werner
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Beitrag von Werner » 29.05.2009, 17:36

Martin hat geschrieben:Übrigens, Werner,
Aus dem Verbot mit Erlaubnisverbot ist eine Erlaubnis mit Auflagen geworden.
das ist ja 'n tolles Wort: Erlaubnisverbot. :idea: :roll:
Sogar ein vollkommen unsinniges Wort. Statt Erlaubnisverbot sollte es Erlaubnisvorbehalt heißen.
Was vorher streng verboten war, es sei denn, es ist ausdrücklich erlaubt worden, ist zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen generell erlaubt, wie in den letzten Posts erläutert.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 29.05.2009, 21:46

Aha, ich dachte schon, es war irgendwie ironisch gemeint, konnte es aber nicht deuten und bin deswegen nicht darauf eingegangen. Nun hat sich ja alles geklärt - bis auf das, was immer noch unklar ist ...
Eines ist aber doch wohl erreicht worden: während einer Schachpartie ist der Geräuschpegel durch klingelnde Handys enorm gesunken.
Man arrangiert sich.

Klaus
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Re: Weltfremd

Beitrag von Klaus » 03.06.2009, 17:47

Eckart hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben:Ansonsten ist der Ratschlag von Eckart zwar narrensicher, aber leider völlig weltfremd. Im Jugendbereich brauchen die Kids ihr Handy spätestens dann, wenn sie nach Partieende zu Hause den "Fahrdienst" ordern müssen.
Das Prädikat "weltfremd" trifft wohl eher auf thomas.soergel zu. Schon mal was Telefonzellen gehört, von denen aus man telefonieren kann?
Dieser Verweis ist jetzt allerdings wirklich weltfremd. Seit aufkommen der Mobiltelefone ging die Zahl der Telefonzellen drastisch zurück, weswegen selbst in großen Städten kaum mehr solche zu finden sind.
dfuchs hat geschrieben: Zur Sache -
Ich praktiziere seit meiner aktiven Zeit in Mannschaftskämpfen folgendes:
Ich habe DIN B5 Umschläge - schön beschriftet - die ich vor dem Mannschaftskampf an die Tische verteile. Jeder, der sein Handy ausgeschaltet da rein tut, tut dies mit meiner Genehmigung.

Effekt: Jeder mit Handy hat es noch einmal in der Hand gehabt und es sollte damit gesichert sein, dass die Handys ausgeschaltet sind.

Jeder Spieler hat eine klare Linie:
Handy aus und rein in die Tüte - alles ist OK.
Wer das nicht möchtet, riskiert die Partie.

Das Ganze wird natürlich bei der Begrüßung bekannt gegeben und sowohl von den Spielern (mit einer Ausnahme) als auch von den Spielern akzeptiert und sogar für eine gute Lösung befunden.

Gruß Daniel
Das ist eine gute Lösung. Bekommen die Spieler dann nach Partieende ihr Handy zurück oder erst nach Ende des Mannschaftskampfes?

Werner
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Beitrag von Werner » 03.06.2009, 18:55

Ab dem 01.07.2009 ist das sowieso obsolet.

Eckart
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Re: Weltfremd

Beitrag von Eckart » 03.06.2009, 22:07

Klaus hat geschrieben:
Eckart hat geschrieben:
thomas.soergel hat geschrieben:Ansonsten ist der Ratschlag von Eckart zwar narrensicher, aber leider völlig weltfremd. Im Jugendbereich brauchen die Kids ihr Handy spätestens dann, wenn sie nach Partieende zu Hause den "Fahrdienst" ordern müssen.
Das Prädikat "weltfremd" trifft wohl eher auf thomas.soergel zu. Schon mal was Telefonzellen gehört, von denen aus man telefonieren kann?
Dieser Verweis ist jetzt allerdings wirklich weltfremd. Seit aufkommen der Mobiltelefone ging die Zahl der Telefonzellen drastisch zurück, weswegen selbst in großen Städten kaum mehr solche zu finden sind.
Selber weltfremd.
Von welchen "großen Städten" sprichst denn du?
In meiner Umgegend gibt es noch in jedem "Kaff" Telefonzellen.
Klaus hat geschrieben:
dfuchs hat geschrieben: Zur Sache -
Ich praktiziere seit meiner aktiven Zeit in Mannschaftskämpfen folgendes:
Ich habe DIN B5 Umschläge - schön beschriftet - die ich vor dem Mannschaftskampf an die Tische verteile. Jeder, der sein Handy ausgeschaltet da rein tut, tut dies mit meiner Genehmigung.

Effekt: Jeder mit Handy hat es noch einmal in der Hand gehabt und es sollte damit gesichert sein, dass die Handys ausgeschaltet sind.

Jeder Spieler hat eine klare Linie:
Handy aus und rein in die Tüte - alles ist OK.
Wer das nicht möchtet, riskiert die Partie.

Das Ganze wird natürlich bei der Begrüßung bekannt gegeben und sowohl von den Spielern (mit einer Ausnahme) als auch von den Spielern akzeptiert und sogar für eine gute Lösung befunden.

Gruß Daniel
Das ist eine gute Lösung. Bekommen die Spieler dann nach Partieende ihr Handy zurück oder erst nach Ende des Mannschaftskampfes?
Man wird einem Spieler, der nach Beendigung seiner Partie sein Eigentum herausverlangt, dieses nicht verwehren können.

dfuchs
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Beitrag von dfuchs » 04.06.2009, 12:07

Zur Klarstellung:
ich sammle (besser sammelte) die Umschläge nicht ein, sonder sie blieben verschlossen auf dem Tisch des Spielers.

Natürlich konnte jeder Spieler nach Beendigung seiner Partie das Handy aus dem Umschlag entfernen. Aus war es ja immer noch.

Gruß Daniel

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