Zunächst mal Dank an thomas.soergel für die Fundstelle.
Hatte ich zwar schon mal gelesen, aber wieder vergessen.
In Bayern, genauer gesagt in Franken, ticken wohl nicht nur die Uhren, sondern auch die Handys wohl etwas anders.
So steht z.B. auf der Homepage des Schachbezirkes Mittelfranken ein hierher passender Antrag an die in Bälde stattfindende Hauptversammlung:
Handy-Klingeln bei Mannschaftsmeisterschaften im Schachbezirk:
Hinzufügen von § 10 Absatz 3 TO:
Falls das Mobiltelefon eines Spielers während der Partie im Turnierareal läutet hat dieser die Partie nicht verloren, sondern wird mit einer Geldbuße in Höhe von 15,- Euro bestraft. Der Gegner erhält eine Zeitgutschrift von 2 Minuten. Die Partie wird regulär fortgesetzt.
Hintergrund:
Aufgrund der bisherigen Orientierung an den Fideregeln kommt es im Amatuerbereich regelmäßig zu ungewollten Härten gegenüber den Mannschaftsmitgliedern aufgrund Handyklingels bei einem Mitspieler.
Vor wenigen Jahren wurde ein um Abstieg entscheidendes Ergebnis aufgrund Handyklingelns zugunsten des vermeintlichen Verlierers gedreht. Bestraft wurde somit nicht nur der störende sondern auch die unbeteiligten Mannschaftskollegen. Ähnliche Fälle haben sich schon vermehrt zugetragen und sind nicht im Sinne eines sportlichen und fairen Miteinanders.
Die gelockerte Regelung bezieht sich gemäß der Argumentation und Einordnung in die Turnierordnung nur auf Mannschaftswettbewerbe. Auf Einzelmeisterschaften führt Handyklingeln nach wie vor zum Partieverlust.
Der Antragsteller behält sich die Möglichkeit vor, eine Antragsänderung gemäß dem Votum der Mitgliederversammlung vorzunehmen.
Allerdings steht in dem Antrag nichts davon, die FIDE-Regeln, hier einen speziellen Artikel abzuschaffen. (12.2 b).
In der gleichen Turnierordnung steht nämlich folgendes:
Paragraph 6
Für alle Turniere gelten die Regeln des Weltschachbundes in ihrer jeweiligen Fassung sowie die Regeln des Deutschen und Bayerischen Schachbundes und des Bezirksverbandes Mittelfranken, soweit in dieser TO nichts anderes bestimmt ist. Das Spieljahr beginnt am 1. September und endet am 31. August des folgenden Jahres.
Da kann man den Mittelfranken nur raten (auch allen anderen, die Ähnliches gemacht haben oder noch vorhaben), sich nicht auf solche Experimente einzulassen.
Einen dermaßen eklatanten Gegensatz zwischen FIDE-Regel und dem, was man hier vor hat, kann jedes halbwegs "normale" Turniergericht nur mit einer Entscheidung beantworten.
Allerdings: wo kein Kläger, da kein Richter.
In dem vom thomas.soergel angegebenen Thread hatte es ähnliche Vorfälle gegeben, die so hingenommen wurden.
Meine rein persönliche Auffassung zum "Handyparagraphen" geht zwar eher zu dem mittelfränkischen Antrag hin, aber wo kämen wir hin, wenn jeder seinen eigenen Schachregeln einführt.
Ich bin auch durchaus nicht immer der Meinung, dass die FIDE-Regeln alles bestens regeln, aber dann muss man dies dort ändern, wo es angebracht ist.
Weiterhin steht noch im Vorwort zu den FIDE-Regeln folgender wichtige Satz:
Eine angeschlossene Föderation hat das Recht, detailliertere Schachregeln einzuführen
Das heißt doch aber auf gut Deutsch:
- detailliertere Regeln und nicht gegensätzliche
- außerdem ist wohl der Schachbezirk Mittelfranken (oder Unterfranken usw) keine angeschlossene Föderarion.
Ich hätte schon meine Zweifel, ob der übergeordnete Bayerische Schachbund eine Befugnis hierzu hätte.
Was mich in diesem Zusammenhang sehr erstaunt: merkt das niemand in Bayern, was in seinen Schachbezirken so vor sich geht? Oder will man einen Präzendenzfall schaffen? Oder glaubt man wirklich, sich mit der FIDE anlegen zu können?