Ich schließe mich den Ausführungen stingrays an.
Mit Loslassen des Läufers auf e6 hatte Weiß einen Zug ausgeführt, damit war Schwarz am Zug, der Turmzug hat die Partie beendet.
1.
Die Regeln enthalten keine Legaldefinition des Begriffes "Ausführen eines Zuges". Insbesondere ist in Artikel 4.6, den Georg Heinze hierzu zitiert, eine solche nicht enthalten.
Georg Heinze hat geschrieben:
Ich habe also noch tiefer in den FIDE-Regeln geforscht und zunächst Art. 4.6 gefunden:
4.6 Sobald in einem regelgemäßen Zug oder Teil eines regelgemäßen Zuges eine Figur auf einem Feld losgelassen worden ist, kann sie nicht mehr auf ein anderes Feld gezogen werden. Der Zug gilt als ausgeführt, sobald alle notwendigen Anforderungen von Artikel 3 erfüllt worden sind
Ich habe noch viel tiefer geforscht und festgestellt, dass Georg Heinzes Zitat unvollständig ist, Artikel 4.6 lautet vollständig so:
4.6 Sobald in einem regelgemäßen Zug oder Teil eines regelgemäßen Zuges eine Figur auf einem Feld losgelassen worden ist, kann sie nicht mehr auf ein anderes Feld gezogen werden. Der Zug gilt als ausgeführt, sobald alle notwendigen Anforderungen von Artikel 3 erfüllt worden sind
a) im Falle des Schlagens, sobald die geschlagene Figur vom Schachbrett entfernt wurde und der Spieler beim Setzen seiner Figur auf ihr neues Feld diese loslässt.
b) im Fall der Rochade, sobald der Spieler den Turm auf dem Feld loslässt, welches der König vorher überquerte. Wenn der Spieler den König loslässt, ist der Zug noch nicht ausgeführt, aber der Spieler darf keinen anderen Zug ausführen, als die Rochade auf dieser Seite, vorausgesetzt, diese ist regelgemöß.
c) im Falle der Bauernumwandlungen, sobald der Bauer vom Schachbrett entfernt wurde und der Spieler die neue Figur auf dem Umwandlungsfeld losgelassen hat. Wenn der Spieler den bauern, der das Umwandlungsfeld erreicht, loslässt, ist der Zug noch nicht augeführt, aber der Spieler darf den Bauern nicht mehr auf ein anderes Feld ziehen.
Wer den Artikel in seiner vollständigen Fassung betrachtet, dem erschließt sich sein geistiger Gehalt: er konkretisiert den Begiff des "Ausführens" in allen den Fällen, in denen nicht bloß ein Stein von einem Feld auf ein anderes freies Feld geführt wird, sondern in denen entweder zwei Steine beteiligt sind (Rochade/ Schlagen) oder in denen aus einem Stein ein anderer wird (Umwandlung). Da der Läuferzug von b4 nach e6 unter keinen der genannten Fälle a), b) oder c) fällt, trifft Artikel 4.6 Satz 2 zu ihm keine Aussage.
(Nebenbei bemerkt: aus b) geht hervor, dass eine falsch ausgeführte lange Rochade König nach b1, Turm nach c1 "ausgeführt" im Sinne dieser Vorschrift ist, obwohl sie natürlich ein regelwidriger Zug ist.)
2.
Wer gleichwohl die Ansicht vertritt, dass ein regelwidriger Zug nach Loslassen der Figur nicht als "ausgeführt" zu gelten hat, da er den Anforderungen von Artikel 3 nicht genügt, muss sich die Frage gefallen lassen, ob und wenn ja, wann der Zug trotzdem als "ausgeführt" zu gelten hat. Hierzu ist erwogen worden, dass der Zug mit Betätigen der Uhr als "ausgeführt" zu gelten hat. Einen Anhaltspunkt dafür enthalten die FIDE-Regeln nicht. Wie stingray bemerkt, gibt es zwischen "Ausführen" eines Zuges und Betätigen der Uhr keinen Zusammenhang. Deutlich wird das insbesondere in Artikel 6.8, wo immer vom Ausführen "auf dem Brett" die Rede ist, niemals aber von "Ausführen auf der Uhr" oder ähnlichem.
Vor allem aber:
Das grundsätzliche Bedenken dagegen, dass auch ein regelwidriger Zug allein durch die Bewegung des Steines auf den Brett "ausgeführt" sein soll, besteht nach Betätigen der Uhr fort: ein Läuferzug von b4 nach e6 verstößt gegen Artikel 3.2, und zwar sowohl VOR Betätigen der Uhr, als auch NACH Betätigen der Uhr. Insofern ist unverständlich, dass gerade durch das Betätigen der Uhr die "Ausführung" erfolgt sein solle.
Da aus Artikel 7.4 unzweifelhaft hervorgeht, dass auch ein regelwidriger Zug "vollständig abgeschlossen" werden kann, hätten wir also einen zwar nicht "ausgeführten", aber doch "vollständig abgeschlossenen" Zug vorliegen.
Ein Paradoxon, dass nur dadurch gelöst werden kann, dass der regelwidrige Zug allein durch das Geschehen auf den Brett "ausgeführt" worden ist.
3.
Das sich durch Umkehrschluss aus Artikel 4.6 ergebende Recht, einen auf dem Brett ausgeführten regelwidrigen Zug vor Betätigen der Uhr berichtigen zu dürfen, steht der Wirksamkeit des Mattzuges nicht entgegen. Dieses Recht gilt - wie alle anderen Rechte übrigens auch - nicht schrankenlos, sondern, wie stingray bereits bemerkt hat, nur während der Partie. Mit Ausführung des Mattzuges ist es gegenstandslos geworden.
Eine Situation, die den Schachregeln nicht fremd ist.
Man stelle sich einmal vor, im Ausgangsfall habe nicht Schwarz den Mattzug ausgeführt, sondern nach Loslassen des Läufers und vor Betätigen der Uhr sei das Blättchen von Weiß gefallen, was Schwarz auch sofort, d. h. vor Betätigen der Uhr reklamiert. Könnte Weiß der ZÜ-Reklamation nun entgegenhalten, er habe wegen Art. 4.6 Satz 1 immer noch das Recht, den Läufer auf ein anderes Feld zu spielen, bevor die ZÜ-Reklamation zu prüfen sei? Nein. (Das hätte im vorliegenden Fall keine Relevanz, aber es sind ohne weiteres Stellungen denkbar, in denen ein regelkonformer Zug anstelle des zuvor gespielten regelwidrigen Zuges zu einer Stellung im Sinne von Art. 6.10 Satz führt, wonach die Partie trotz ZÜ remis wäre.)