Auslosungsmathematik

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Stingray
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Auslosungsmathematik

Beitrag von Stingray » 05.08.2011, 16:29

Mathe war zwar immer mein stärkstes Fach, aber Wahrscheinlichkeitsrechnung habe ich bis heute nicht begriffen. Vielleicht geht's ja dem einen oder anderen hier in dieser Hinsicht besser:

Der Hamburger Dähnepokal wird über mehrere Vorrunden an verschiedenen Spielorten ausgetragen. In jeder Runde können sich die Spielberechtigten für einen neuen Ort entscheiden; als Turnierleiter weiß man also erst am jeweiligen Abend, wen man jetzt tatsächlich auslosen darf/muss. Das Grundprinzip der Auslosung ist zwar nicht festgelegt (es heißt lediglich, das gelost werden muss), aber ich benutze üblicherweise das gleiche System wie der DFB bei seinem Pokal: Vor mir liegt eine leere Paarungstafel; jeder Spieler hat eine Startnummer (in der Reihenfolge der Anmeldung); eine Los"trommel" enthält je einen gefalteten Zettel mit jeder real vorhandenen Nummer, und eine beliebige Glücksfee zieht der Reihe nach. Das erste Los kriegt an Tisch 1 Weiß, das zweite Schwarz, das dritte an Tisch 2 Weiß usw.

So weit, so gut. Keine Probleme bei gerader Teilnehmerzahl. Aber was ist, wenn man ein Freilos mitnehmen muss? Darf man einfach dem letzten verbliebenen Los den Freifahrtschein geben, oder muss man zwecks Chancengleichheit das Freilos explizit mit auslosen? Besteht zwischen den beiden Varianten ein Unterschied? (Die Frage ist ernst gemeint, ich hab echt keinen Schimmer. :wink: )

Wer's weiß, den bitte ich auch um eine mathematisch nachvollziehbare Begründung. (Vielleicht schnalle ich die sogar...)

fritz103
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von fritz103 » 05.08.2011, 19:05

Moin,

natürlich kannst Du einfach dem letzten verbliebenen Spieler das Freilos geben. Eine kurze Überlegung zeigt nämlich, dass die Wahrscheinlichkeit, als letzter gezogen zu werden, für alle Spieler gleich groß ist:

Angenommen, wir haben n Spieler. Die Wahrscheinlichkeit, als Erster gezogen zu werden, ist logischerweise 1/n. Für den Zweiten ist die Wahrscheinlichkeit (n-1)/n * 1/(n-1). Man wird ja beim ersten Mal nicht gezogen (n-1 Möglichkeiten) und logischerweise ist die Chance beim zweiten Mal gezogen zu werden, wieder gleichverteilt, wobei hier jetzt ein Los weniger im Topf ist.

Setzt man dies bis zum letzten Los fort, so kommt man auf die Wahrscheinlichkeit (n-1)/n * (n-2)/(n-1) * ... * (n-(n-2))/(n-(n-3)) * (n-(n-1))/(n-(n-2)). Wie man sieht, kürzt sich hier fast alles weg, bis auf den ersten Nenner und den letzten Zähler. Man erhält also (n-(n-1))/n = 1/n.

Ich hoffe, das war verständlich genug. Die Mathematik bestätigt hier also das natürliche Empfinden. :)

Viele Grüße
Jens

Stingray
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von Stingray » 05.08.2011, 20:30

Danke für die (zumindest für mich verständliche) Aufschlüsselung.
fritz103 hat geschrieben:Ich hoffe, das war verständlich genug. Die Mathematik bestätigt hier also das natürliche Empfinden. :)
Naja, eben nicht. Mein natürliches Empfinden wäre nämlich, dass es gerade nicht egal ist und man den Spielfreien mitlosen muss. (Was eh keine dumme Idee ist, weil man dadurch zumindest noch einen Nachzügler mitnehmen könnte.)

hoppepit
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von hoppepit » 06.08.2011, 10:39

Stingray hat geschrieben:Mein natürliches Empfinden wäre nämlich, dass es gerade nicht egal ist und man den Spielfreien mitlosen muss. (Was eh keine dumme Idee ist, weil man dadurch zumindest noch einen Nachzügler mitnehmen könnte.)
Den Nachzügler kannst Du doch bei ungerader Teilnehmerzahl immer mit dazunehmen, weil Du eine "unvollständige" Paarung hast.
Ob der Spielfreie jetzt mitgelost wird, oder am Ende übrigbleibt, ich sehe da keinen Unterschied.

Ich habe bei unserem Vereinspokal mal das Freilos direkt zu Anfang gezogen mit der (scherzhaften) Begründung:
Jetzt sind noch alle drin, also herrscht Chancengleichheit.
Wobei das vermutlich schnurzpiepegal ist.

Mathematisch begründen kann ich das Vorgehen leider nicht, ich mache es so, wie ich es "gelernt" habe bzw. weil es gängige Praxis ist.

Wie machst Du das denn, wenn eine Zwischenrunde erforderlich ist, um auf die passende Teilnehmerzahl für das KO-System zu kommen.
Dann sind manchmal mehrere Freilose notwendig.
Gruß, Peter
Unterlagen für Schiedsrichter und Turnierorganisation:
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Georg Heinze
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von Georg Heinze » 06.08.2011, 11:59

Es kommt ja darauf an, welchen Modus man wählt bzw. welcher vorgeschrieben ist.
In unserem Vereinspokal machen wir es so, dass in der 2.Runde und den folgenden Runden immer eine Zweier-Potenz an Spielern spielt und dafür haben wir 5 Termine.
Beispiel mit 23 Teilnehmern: Da werden 7 Paarungen angesetzt und es gibt 9 Freilose. Bleiben für die 2.Runde 16 Teilnehmer, dann 8, dann 4 und am Schluss geht es um den Pokal.
Man kann es aber auch so machen (23 Teilnehmer): 11 Paarungen plus Freilos, also 12 Spieler in der 2.Runde, dann 6, dann 3. Nun bekommt allerdings jemand in der Vorschlussrunde ein Freilos.
Außerdem gibt es noch die Möglichkeit des "Setzens" statt des Auslosens. Dann spielt nicht gleich in der 1.Runde der Stärkste z.B. gegen den Zweitstärksten. Das würde dann im Prinzip auf die FIDE-Auslosung für Turniere im Schweizer System hinauslaufen.
Wie gesagt, richtet sich nach der Ausschreibung und wieviel Termine zur Verfügung stehen.
Beim Dähne-Pokal ist Auslosen vorgeschrieben und Stingray ging es ja nur darum, wie vergibt er das Freilos. Das wiederum ist mathematisch unterlegt, bereits geschrieben worden.

Stingray
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von Stingray » 07.08.2011, 00:08

hoppepit hat geschrieben:
Stingray hat geschrieben:Mein natürliches Empfinden wäre nämlich, dass es gerade nicht egal ist und man den Spielfreien mitlosen muss. (Was eh keine dumme Idee ist, weil man dadurch zumindest noch einen Nachzügler mitnehmen könnte.)
Den Nachzügler kannst Du doch bei ungerader Teilnehmerzahl immer mit dazunehmen, weil Du eine "unvollständige" Paarung hast.
Ob der Spielfreie jetzt mitgelost wird, oder am Ende übrigbleibt, ich sehe da keinen Unterschied.
Ich schon: Wenn man einfach einen Nachzügler in die letzte Partie einsetzt, ist diese Paarung nicht wirklich ausgelost worden (bzw. nur zur Hälfte). Ersetzt er aber das ausgeloste Freilos, ist es tatsächlich das gleiche, als wäre der Spieler von Anfang an im Topf gewesen.
Wie machst Du das denn, wenn eine Zwischenrunde erforderlich ist, um auf die passende Teilnehmerzahl für das KO-System zu kommen.
Dann sind manchmal mehrere Freilose notwendig.
Bei den Pokalvorrunden habe ich dieses Problem nicht. Das Prinzip ist an sich ganz einfach: Jeder Spieler, der in der jeweiligen Vorrundenstufe eine Partie gewinnt, darf weiter. Insgesamt gibt's drei Vorrundenstufen. Die Sieger der dritten Stufe spielen dann ein direktes KO-System an zentraler Stelle. Für die Vorrunden ist also "2 hoch n" keine Zielstellung, für die zentralen Hauptrunden dagegen schon.

Wie bei den zentralen Hauptrunden verfahren wird, weiß ich nicht. Aber wenn ich frei entscheiden dürfte, würde ich zusehen, nicht die Anzahl von Freilosen pro Runde zu minimieren, sondern diese nach Möglichkeit nur in der ersten Runde zu haben. Heißt also beispielsweise im Extremfall von 33 Teilnehmern fände in der ersten KO-Runde genau eine einzige echte Paarung statt.

Wie auch immer, wir entfernen uns von der Ausgangsfrage, die bereits erschöpfend beantwortet wurde.

Alexander
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Re: Auslosungsmathematik

Beitrag von Alexander » 09.08.2011, 19:23

In Swiss Chess gibt es den KO-Modus. Habe erst vor ein paar Wochen ein KO-Vereinsturnier mit Swiss-Chess ausgelost. Da gab es sogar ein paar Freilose. Leider sind es dann für diese Spieler 1 Partie weniger. Sollte einer übrig bleiben, kann man ihm ruhig ein Freilos geben. Ob der betrffende Spieler in der 1. Runde gegen Freilos spielt oder kampflos gewinnt ist egal. In beiden Fällen spielt man keine Partie. Man kann natürlich schauen, dass es immer eine gerade Teilnehmerzahl ist. Beim deutschen 4er Pokal hatte ich einen Würfel zum Auslosen genommen. Ein Los ziehen ist meiner Meinung nach nicht so ganz das beste.

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