Matt ist matt!?

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Georg Heinze
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Matt ist matt!?

Beitrag von Georg Heinze » 07.03.2009, 13:13

Es scheint eine einfache Sache zu sein: wer matt setzt hat die Partie gewonnen.
Das steht im FIDE-Art. 1.2:
1.2 Das Ziel eines jeden Spielers ist es, den gegnerischen König so "anzugreifen", dass der Gegner keinen regelgemäßen Zug zur Verfügung hat, der ein "Schlagen" des Königs im folgenden Zug vermeiden würde. Der Spieler, der dieses Ziel erreicht, hat den gegnerischen König "mattgesetzt" und das Spiel gewonnen. Es ist nicht erlaubt, den eigenen König einem Angriff auszusetzen oder den König des Gegners zu schlagen. Der Gegner, dessen König mattgesetzt worden ist, hat das Spiel verloren.
Weiterhin auch im Art. 5.1 a)
5.1 a) Die Partie ist von dem Spieler gewonnen, der den gegnerischen König mattgesetzt hat. Damit ist die Partie sofort beendet, vorausgesetzt, dass der Zug, der die Mattstellung herbeigeführt hat, regelgemäß war.
Die Frage ist, ob das immer so einfach und klar ist. Dazu ein paar Beispiele:

1.Beispiel:
Weiß: Kc7, Bb7
schwarz: Ka8

Weiß zieht Bb7-b8, nimmt den Bauern herunter, stellt einen umgedrehten Turm nach b8, ruft „Dame und matt“. Schwarz stutzt kurz, da fällt das weiße Blättchen und schwarz reklamiert auf ZÜ.
Was wird der SR entscheiden?

2.Beispiel:
W: Kh6, Dg2, Ta6
S: Kh8, Db8, Le4

Beiderseitige Zeitnot. Weiß zieht Th6+ und schwarz, statt mit dem Läufer den Turm zu schlagen, schlägt mit dem König. Daraufhin zieht weiß die Dame nach g7 und ruft „matt“.
Wie ist die Situation einzuschätzen?

3.Beispiel:
W: Kg1, Lb4
S: Kg3, Tb8

Weiß will auf d6 Schach bieten, beim Ziehen fällt aber die Figur um und ehe er sie wieder aufstellen kann, zieht Schwarz Tb1 und ruft matt. Ist es wirklich matt?

4.Beispiel:
W: Ke1, Dc5, Ta1, Th3, Lb2, Lh5
S: Kd3, Da2, Tc6, Le5, Le4, Se3

Weiß macht die lange Rochade und setzt matt.
Ist das matt und wenn nicht, was dann?.

hoppepit
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Beitrag von hoppepit » 07.03.2009, 13:59

...dann versuche ich mal mein Glück:

zu 1)
Kleine Anmerkung, diese Stellung kann es eigentlich nicht geben! Es wäre ein regelwidriger Zug von Schwarz vorangegangen, sein König steht im Schach. Da kann Weiß normalerweise nicht am Zug sein.
War das Absicht von Dir oder ein Flüchtigkeitsfehler?
Nehmen wir mal an, die Stellung wäre regelgerecht. Eine Dame würde zum Mattsetzen reichen, ein Turm nicht. Der umgedrehte Turm ist nun halt mal keine Dame und bei Blättchenfall von Weiß würde ich die Partie remis werten.

zu2)
Vermutlich soll der weiße Turm auf a7 stehen und gibt auf h7 Schach?! Sonst geht Dein Beispiel nicht. Dann hätten wir eine Endstellung, wo sich zwei Könige direkt gegenüber stehen! Kann ja wohl nicht sein, oder?!

zu3)
Das ist die "verschärfte Variante" von der im anderen Fred heiß diskutierten Frage! :D
Dazu habe ich dort schon meinen Senf abgegeben.

zu 4)
Kann kein Matt sein, da die Rochade regelwidrig war!
Die Frage ist jetzt, ob er zuerst den König oder den Turm zur Rochade angefaßt hat?
Bei König: Einziger regelgerechter Zug für den König ist nach f2
Bei Turm: Glück gehabt, der kann/darf dann auf d1 Mattsetzten!
Gruß, Peter
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Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 07.03.2009, 14:39

Zu 1)
hoppepit, Du hast Recht. Der K muss nach a7.
Zu 2)
hoppepit, Du hast wiederum Recht. Der Turm steht auf a7!
Zu 3)
Wieso "verschärfte Variante"? Ein nicht regelgerechter Zug ist doch was anderes als eine umgefallenen Figur?
Eine "verschärfte Variante" wäre es gewesen, wenn ich geschrieben hätte, weiß ruft nach einem regelwidrigen Zug Le6 "Schach" und notiert auch noch Ld6.
Zu 4)
das war wohl zu einfach.

Werner
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Beitrag von Werner » 07.03.2009, 14:52

hoppepit hat geschrieben:zu 1)
Kleine Anmerkung, diese Stellung kann es eigentlich nicht geben! Es wäre ein regelwidriger Zug von Schwarz vorangegangen, sein König steht im Schach. Da kann Weiß normalerweise nicht am Zug sein.
War das Absicht von Dir oder ein Flüchtigkeitsfehler?
Nehmen wir mal an, die Stellung wäre regelgerecht. Eine Dame würde zum Mattsetzen reichen, ein Turm nicht. Der umgedrehte Turm ist nun halt mal keine Dame und bei Blättchenfall von Weiß würde ich die Partie remis werten.
Ich auch, es sei denn, der Schiedsrichter gibt kund, vor der ZÜ-Reklamation den vollständig abgeschlossenen regelwidrigen Zug von Schwarz - König zieht nach a8 oder schlägt a8 - festgestellt zu haben. Dann müsste die Stellung davor wieder hergestellt werden, und Weiß bekommt zwei Minuten extra.
hoppepit hat geschrieben:zu2)
Vermutlich soll der weiße Turm auf a7 stehen und gibt auf h7 Schach?! Sonst geht Dein Beispiel nicht. Dann hätten wir eine Endstellung, wo sich zwei Könige direkt gegenüber stehen! Kann ja wohl nicht sein, oder?!
In einer Stellung wKh6, sKh7 halte ich Dg7 nicht für einen regelgemäßen Zug, würde also die Stellung vor Kxh7 wiederherstellen.
hoppepit hat geschrieben:zu3)
Das ist die "verschärfte Variante" von der im anderen Fred heiß diskutierten Frage! :D
Dazu habe ich dort schon meinen Senf abgegeben.
Ich halte das nicht für eine "verschärfte", sondern für eine "entschärfte" Variante, da hier Weiß noch gar keinen Zug "ausgeführt" hat, Schwarz also nicht am Zug war.
hoppepit hat geschrieben:zu 4)
Kann kein Matt sein, da die Rochade regelwidrig war!
Die Frage ist jetzt, ob er zuerst den König oder den Turm zur Rochade angefaßt hat?
Bei König: Einziger regelgerechter Zug für den König ist nach f2
Bei Turm: Glück gehabt, der kann/darf dann auf d1 Mattsetzten!
Man sollte zusätzlich erwähnen, dass, wenn der Turm zuerst berührt wurde, 1.Txe3 matt aussscheidet, weil der Damenturm ziehen muss.
Zuletzt geändert von Werner am 08.03.2009, 01:58, insgesamt 1-mal geändert.

Werner
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Beitrag von Werner » 07.03.2009, 14:56

Georg Heinze hat geschrieben:Zu 1)
hoppepit, Du hast Recht. Der K muss nach a7.
Das verändert die Sachlage natürlich.
Egal, als was man das auf b8 befindliche Objekt betrachtet, es ist jedenfalls keine Mattstellung, und die Partie ist remis.
Zuletzt geändert von Werner am 08.03.2009, 01:57, insgesamt 1-mal geändert.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 07.03.2009, 18:28

Aus den ersten Zuschriften lässt sich feststellen:
1. Beispiel 1 (ursprünglich): Ein Matt kann nur entstehen, wenn der vorhergehende Zug regelgerecht war (habe ich das richtig interpretiert?). Nur die Dame hätte mattsetzen können und nicht ein umgedrehter Turm, der ein Turm bleibt (hatten wir schon).
2. Beispiel 1 (korrigiert): Ein Matt ist natürlich nur dann ein Matt, wenn es auch TATSÄCHLICH so ist.
3. Beispiel 2: Wenn ein Matt durch einen zuvor nicht regelgerechten Zug (hier 2 Könige nebeneinander) entsteht, ist die Stellung zuvor wieder herzustellen. Erst dann geht die Partie weiter.
4. Beispiel 3: Ein Zug gilt nicht als ausgeführt, wenn eine Figur nicht auf dem Zielfeld steht, sondern umgefallen ist, Der Zug muss zunächst regelgerecht ausgeführt werden.
5. Beispiel 4: Ein Matt kann nur durch einen regelgerechten Zug entstehen.

Es gibt also durchaus einige Anforderungen an einen Mattzug.

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Beitrag von hoppepit » 07.03.2009, 22:13

Werner hat geschrieben:Ich halte das nicht für eine "verschärfte", sondern für eine "entschärfte" Variante, da hier Weiß noch gar keinen Zug "ausgeführt" hat, Schwarz also nicht am Zug war.
D'accord!
Werner hat geschrieben:Man sollte zusätzlich erwähnen, dass, wenn der Turm zuerst berührt wurde, 1.Txe3 matt aussscheidet, weil der Damenturm ziehen muss.
Ja klar! Ich ging davon aus, daß er für die Rochade nicht den Turm auf h3 angefaßt hatte. Deshalb habe ich das nicht erwähnt.
Gruß, Peter
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Beitrag von Werner » 08.03.2009, 01:54

Ich halte das für erwähnenswert, weil, wenn Kf2 nicht möglich und der Ta1 nicht vor dem König berührt worden wäre, 1.Txe3 matt geschehen dürfte, obwohl der Damenturm vorher berührt worden war.

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 08.03.2009, 09:28

Werner, Deine Aussage ist richtig.
Mir ging es aber darum, dass ein Matt natürlich kein Matt ist, wenn es nicht regelkonform ist.
Ansonsten kommt es tatsächlich darauf an, welche Figur bei der 0-0-0 zuerst angefasst wurde. Im konkreten Beispiel hätten aber sowohl der Ta1 als auch der K einen regulären Zug zur Verfügung.

Interessant wird es aber, wenn ich den sK von d3 nach b3 versetze.

4.Beispiel:
W: Ke1, Dc5, Ta1, Th3, Lb2, Lh5
S: Kb3, Da2, Tc6, Le5, Le4, Se3

Weiß macht die lange Rochade, indem er zuerst den König anfasst. Schwarz zieht Dxb2 und matt. Ist das nun matt oder nicht?

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Beitrag von hoppepit » 08.03.2009, 15:17

Georg Heinze hat geschrieben:W: Ke1, Dc5, Ta1, Th3, Lb2, Lh5
S: Kb3, Da2, Tc6, Le5, Le4, Se3

Weiß macht die lange Rochade, indem er zuerst den König anfasst. Schwarz zieht Dxb2 und matt. Ist das nun matt oder nicht?
Hat Weiß die Uhr gedrückt, ist ein SR anwesend? Oder haben wir hier die gleichen Bedingungen wie in dem "anderen Thread"?
Gruß, Peter
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Beitrag von Werner » 08.03.2009, 15:28

hoppepit hat geschrieben:Hat Weiß die Uhr gedrückt, ist ein SR anwesend?
Hat der Schiedsrichter - so er denn da ist - vor Ausführung des Mattzuges die Regelwidrigkeit der Rochade festgestellt?

Georg Heinze
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Beitrag von Georg Heinze » 09.03.2009, 11:09

Ich präzisiere:
1. S zieht, bevor W die Uhr drückt
2. S zieht, nachdem W die Uhr drückt

1 a) SR beobachtet Partie
1 b) SR ist anwesend
1 c) ohne SR

2 a) SR beobachtet Partie
2 b) SR ist anwesend
2 c) ohne SR

Sind dann die Sachverhalte und Ergebnisse unterschiedlich zu bewerten?

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