Patt oder remis oder wie?

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Georg Heinze
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Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Georg Heinze » 08.03.2010, 11:53

Hier mal noch ein Fall aus der Praxis (Mannschaftskampf ohne neutralen Schiedsrichter):
Weiß hat 2 verbundenen Freibauern auf der 6. und 7.Reihe (d6 und e7). Der sK steht auf e8.
Ansonsten sind nur noch einige Bauern vorhanden, nachdem weiß den letzten verbliebenen Springer von schwarz auf e6 schlägt. In diesem Moment ruft schwarz: „nun ist es patt!“, reicht dem Gegner die Hand und dieser willigt verblüfft und verärgert ein. Da kommen Ausrufe wie: „das ist doch gar nicht patt, da kann ja noch ein Bauer ziehen.“ So war es tatsächlich. Diesen Bauern hätte zwar weiß schlagen können - und dann wäre es tatsächlich patt, aber weiß konnte im nächsten Zug mattsetzen, indem er den auf d6 stehenden Bauern gezogen hätte.
Schwarz blieb unbeschadet dessen bei seiner Meinung, wir haben remis gemacht und aus.

Ist diese Meinung richtig oder?

thomas.soergel
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von thomas.soergel » 08.03.2010, 12:23

Nach 1. Kxe6 ist die Partie sicher noch nicht beendet. Wertet man den Spruch "Das ist patt" als Remisangebot, dann hat Weiß dieses akzeptiert und die Partie wäre zu Ende. Allerdings würde mich hier schon interessieren, welche Auslegung die kompetenten SR hierzu vorsehen.
Einen ähnlichen Horror erlebe ich zu Hauf auf Jugendschnellturnieren insbesondere in den Bereichen U8 oder U10:
Spieler A spielt 1. Dg7+ und ruft "Matt!". Spieler B sieht für seinen auf g8 stehenden König keine Fluchtfelder und kommt auch nicht auf die Idee, die ungedeckte Dame mit dem König zu schlagen. Er gratuliert daher seinem Gegner.
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Georg Heinze
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Georg Heinze » 08.03.2010, 12:46

Genau darum geht es!
Wertet man den Spruch "Das ist patt" als Remisangebot, ...
Ist es ein Remisangebot oder ist es eine (unwahre) Feststellung?
Ein regelgerechtes Remisangebot in der beschriebenen Stellung würde weiß ja nie akzeptieren!
Es muss noch gesagt werden, dass der Sachverhalt weder vom SR (hier: die beiden ML) bestätigt wurde, noch das Ergebnis auf dem Spielformular notiert, geschweige denn unterschreiben wurde.

dfuchs
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von dfuchs » 08.03.2010, 14:02

Ich sehe die Situation wie folgt:
Schwarz behauptet es wäre Patt. Anders als die Reklamation "dreimalige Stellungswiederholung" und andere Fälle ist das Patt aber nicht gleichzeitig ein Remisangebot, sondern eine Tatsache, welche die Partie sofort beendet (sofern der herbeiführende zug regelgerecht war und die Stellung auch tatsächlich Patt ist).

Schwarz hat also nicht Remis geboten, also kann weiß auch das nicht vorhandene Remisangebot nicht annehmen.
Da weiß offensichtlich auch mit einem Remis nicht einverstanden ist, geht die Partie einfach weiter.

Gruß Daniel

Georg Heinze
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Georg Heinze » 08.03.2010, 14:16

Der springende Punkt ist der, dass weiß nie und nimmer ein angebotenes Remis angenommen hätte, sah er das Matt doch vor seinen Augen.
Er hat sich vom Gegner einfach übertölpeln lassen, sah die Situation auf der 7. und 8.Reihe und dass der sK nicht mehr ziehen konnte. Nun ist ja nicht maßgeblich, ob der König noch ziehen kann oder nicht, sondern ob überhaupt noch ein Zug zur Verfügung steht.
Weiß glaubte an das Patt und willigte in den Handschlag ein.
Hätte er stattdessen einfach matt gesetzt, war die Sache klar. Kritischer wäre es wohl gewesen, ob er nach dem Handschlag ebenfalls noch mattsetzen durfte und wie lange er sich dafür Zeit lassen konnte.

Martin
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Martin » 20.03.2010, 12:12

Ich klinke meine Frage hier mal mit ein: eine Blitzpartie endete gestern so, daß ein Spieler in eine Schwerfigur umwandelte und damit Patt setzte. Sein Gegner gab aber angesichts des überwältigenden Materialnachteils die Partie auf (unbestritten). Als Kiebitz einer beendeten Partie wandte ich nun ein, daß es ja eine Pattstellung sei, also remis. Welches Ergebnis gehört nun in die Tabelle?

Nach einiger Überlegung kamen wir darauf, daß ein Patt ja die Partie beende, also remis, und so wurde es auch ohne Streit gemacht. Aber die Erklärung "Ich gebe auf" beendet ja auch die Partie. Ist da trotzdem das hergestellte Patt bestimmend? Ich meine, wenn der Glückliche das Remis durch Patt nicht erkennt, was ja eine gewisse schachliche Leistung erfordert und aufgibt... 100%ig klar ist mir das nicht, ob ein Remisentscheid da wirklich gerecht ist. Was denkt ihr?

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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Werner » 20.03.2010, 13:06

Ob das "gerecht" ist, darüber mag man trefflich philosophieren.
Aber der Regelgeber hat nun einmal irgendwann entschieden, dass das bloße Entstehen der Pattstellung auf dem Brett die Partie beendet, ohne dass das Patt erkannt, reklamiert oder sonstwie von den Spielern behandelt werden müsste.
Und eine bereits beendete Partie kann nicht noch einmal - durch Aufgabe der Partie - beendet werden. Die Wertung der Partie als Remis ist damit eindeutig.

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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von hoppepit » 20.03.2010, 13:07

Hallo Martin,

wir dürfen vermutlich annehmen, daß die Pattstellung auf dem Brett war bevor der Spieler aufgegeben hat?!
Mit dem Patt war die Partie sofort beendet. Und eine bereits beendete Partie kann man nicht mehr aufgeben!!
Daher ist das Remis voll in Ordnung.

Edit:
Da war Werner einen Ticken schneller mit der Antwort! :D
Gruß, Peter
Unterlagen für Schiedsrichter und Turnierorganisation:
https://www.schachschiri.de
Threema: KPH5UBWT

Martin
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Martin » 20.03.2010, 13:11

Vielen Dank für die Antworten, ja das Patt war vorher auf dem Brett.

Stingray
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Stingray » 20.03.2010, 13:12

Ergebnis und Erklärung sind genau richtig. Die Pattstellung, so sie denn mithilfe eines gültigen Zugs herbeigeführt wurde, beendet die Partie sofort, Resultat ist das Unentschieden. Da die Spieler somit nun als Zuschauer gelten, kann keiner der beiden seine Partie mehr aufgeben - er spielt ja keine mehr. :wink:

Georg Heinze
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Re: Patt oder remis oder wie?

Beitrag von Georg Heinze » 20.03.2010, 16:54

Ja, im Unterschied zu meinem Beispiel war es hier eine tatsächliche Pattstellung und nicht nur ein "angebliches" Patt.
Wenn ein patt regelgerecht zustande gekommen ist, beendet es sofort die Partie und alles andere danach ist unmaßgeblich.

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