Assistent zum Uhrendrücken

thomas.soergel
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Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von thomas.soergel » 21.04.2010, 12:16

Gem. Art. 6.7d) darf ein Spieler, dem es nicht möglich ist, die Uhr zu betätigen, einen Assistenten benennen, der vom SR genehmigt werden muss. Mich würde interessieren, wie das Ganze dann abläuft.
Fall 1) Der Spieler hat beide Arme im Gips. Er sagt dem Assistenten seinen Zug. Kann dieser nach Ausführung des Zuges auch gleich die Uhr drücken?

Fall 2) Der Spieler ist orthodoxer Jude und es ist gerade Shabbat. Der Spieler darf zwar ziehen, aber nicht die Uhr drücken. Wann darf da der Assistent die Uhr drücken?
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Georg Heinze
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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Georg Heinze » 22.04.2010, 21:52

Zu Fall 1: warum soll der Assistent nicht auch die Uhr drücken? mit dem Gipsarm geht es doch wohl nicht?
Zu Fall 2: Da kann ich nichts dazu sagen, weil ich das Problem nicht kenne. Ich habe zwar dunkel in Erinnerung, dass Bobby Fischer auch Probleme hatte, an bestimmten Tagen überhaupt zu spielen. Aber wenn ich Schach spielen darf und die Figuren ziehen darf, wieso darf ich dann nicht die Uhr drücken?

thomas.soergel
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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von thomas.soergel » 22.04.2010, 23:18

Georg Heinze hat geschrieben:Aber wenn ich Schach spielen darf und die Figuren ziehen darf, wieso darf ich dann nicht die Uhr drücken?
Ich bin weder Rabbiner noch jüdischen Glaubens, aber soweit mir bekannt ist, gilt da Schach als Spiel, Schreiben oder das Betätigen eines Schalters als Arbeit und Arbeit ist am Shabbat verboten, weil diese Gruppe das dritte Gebot sehr streng auslegt. Wahrscheinlich hat die FIDE genau deshalb diesen Artikel erschaffen.
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Georg Heinze
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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Georg Heinze » 23.04.2010, 09:52

Ich habe mich mal ein wenig schlau gemacht.
Am Sabbat sind 39 Tätigkeiten verboten:
U.a.
...
32. zwei Buchstaben schreiben
...
Auszug aus dem Mischna Schabbat 7:2
Es geht also darum, dass man zwar Schach spielen darf, aber nicht schreiben.
Ich glaube zwar nicht, dass der FIDE-Art. 6.7 d) für solche Fälle gemacht wurde, aber wenn der Schiedsrichter eben dafür einen Assistenten gestattet, dann gilt das gleiche, was für den Schachspieler in Gips zählt, mit Ausnahme der Zugausführung selbst. Also, der Assistent schreibt den Zug nach der Ausführung auf und drückt die Uhr.

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Scharfrichter » 30.06.2010, 15:49

Fall 2) Dann wird er wohl an diesem tag seine Partie verlieren.
Es besteht nicht im geringsten ein Grund diesem
spieler eine hilfe zu gewähren !!

Grüße

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von dfuchs » 30.06.2010, 17:06

Das wiederum könnte zu einer Klage führen.

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Stern » 30.06.2010, 21:52

dfuchs hat geschrieben:Das wiederum könnte zu einer Klage führen.
Eine Klage mit dem Ziel die Partie neu anzusetzen (und bei einem Rundenturnier alle nachfolgenden Runden neu auszulosen)? Das denke ich eher nicht.
Stefan Stern
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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von dfuchs » 01.07.2010, 08:10

Nee, eine Klage vor einem ordentlichen Gericht, mit dem Ziel zumindest sein Startgeld wieder zu bekommen.
Artikel 3.3 GG hat geschrieben: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder
politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Heißt, solange der Spieler selbst einen Assistenten zum Uhrdrücken und Mitscheiben mitbringt ist gegen dessen Einsatz nichts einzuwenden.

Gruß Daniel

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Georg Heinze » 01.07.2010, 08:29

dfuchs schreibt:
Heißt, solange der Spieler selbst einen Assistenten zum Uhrdrücken und Mitscheiben mitbringt ist gegen dessen Einsatz nichts einzuwenden.
Naja, ganz so einfach ist es aber nicht.
Ein Spieler muss schon begründen, warum er einen Assistenten benötigt. Wenn das den Schiedsrichter überzeugt, dürfte es kein Problem geben. Wenn er diesen Assistenten nicht genehmigt, möchte er es ja begründen und diese Begründung könnte notfalls Anlass für eine Klage sein.

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von dfuchs » 01.07.2010, 11:08

@Georg: Du hast natürlich recht.

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Scharfrichter » 01.07.2010, 17:47

Eine Klage wegen was ?!?
Das ist ja lächerlich. Ich dikrininiere ihn nicht
wegen seiner religion, sondern ich halte ihn an die
bestehenden Schachregeln einzuhalten.
Es gibt ib diesem Fall nicht den geringsten Grund
ihm jemanden zum mitschreiben an die Seite zu
setzen, denn er hat kein handicap und kann das
alles gut alleine erledigen.
Also bei mir schreibt er mit, ob er will oder nicht !
Er hat ja die Wahl.
Aber Fakt ist, dass er niemanden an die Seite gestellt bekommt.
Denn dies ist eine Ablenkung des Gegners und in diesem
Fall 2 nicht nötig...

Grüße Torsten

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von dfuchs » 01.07.2010, 18:49

Soweit ich sehen verstößt es nicht gegen die Schachregeln, wenn man aus religiöser Überzeugung einen Assistenten zum Uhr drücken und mitschreiben nimmt.
Falls einem Spieler das Bedienen der Uhr nicht möglich ist, darf er für diese
Aufgabe einen Assistenten stellen, der vom Schiedsrichter genehmigt werden muss.
Seine Bedenkzeit wird vom Schiedsrichter angemessen angepasst.
Hier steht nicht drin, warum es im nicht möglich ist.
Falls es einem Spieler nicht möglich ist, die Partie
aufzuzeichnen, kann er einen Assistenten, der nach Auffassung des Schiedsrichters
geeignet sein muss, einsetzen, um die Züge zu notieren. Seine Bedenkzeit wird vom
Schiedsrichter angemessen angepasst.
Hier steht nicht drin, warum es im nicht möglich ist.

Also, du nimmst dem Spieler 15 Minuten (10 fürs Schreiben und 5 fürs Uhr drücken) weg und lässt ihn spielen. Was spricht denn dagegen?

Gruß Daniel

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Georg Heinze » 01.07.2010, 20:03

Offensichtlich die Auffassung von Scharfrichter, der sich nicht damit anfreunden kann, dass es außer Germanien inkl. Glauben und Religion auf dieser Welt auch noch anderes gibt.
Auch für mich ist das schwer nachvollziehbar.
Aber es steht nun mal geschrieben:
Am Sabbat sind 39 Tätigkeiten verboten:
U.a.
Zitat:
...
32. zwei Buchstaben schreiben
...
Auszug aus dem Mischna Schabbat 7:2
Wer sich streng daran hält ...

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Scharfrichter » 01.07.2010, 20:17

Georg Heinze hat geschrieben:Offensichtlich die Auffassung von Scharfrichter, der sich nicht damit anfreunden kann, dass es außer Germanien inkl. Glauben und Religion auf dieser Welt auch noch anderes gibt.
Auch für mich ist das schwer nachvollziehbar.
Aber es steht nun mal geschrieben:
Am Sabbat sind 39 Tätigkeiten verboten:
U.a.
Zitat:
...
32. zwei Buchstaben schreiben
...
Auszug aus dem Mischna Schabbat 7:2
Wer sich streng daran hält ...
Mal gelinde ausgedrückt, muss ich da mal lachen. Ich glaube, dass
ich hier derjenige bin, der beruflich am meisten durch die Welt reist.
Nämlich 300 Tage im Jahr. und nicht nur in schöne europäische
Länder, sondern wirklich überall.
Hatte bisher und werde es auch immer haben mit allen kulturen
keine Probleme. darum geht es aber auch nicht, sondern um den
Fakt, dass wenn ich weiß, das ich etwas bestimmtes nicht tun
kann an einem tag, welches ich müsste, ich nciht dran teilnehmen kann
oder mich den Regeln unterordne. Oder meint ihr die Isrelische Fußball-
nationalmannschaft wird gefragt, wenn die EM- und WM Qualifikation- oder
Spiele sind?
Für mich steht fest, dass diese Regel eine Ausnahmeregel ist und bleibt
für Menschen, die nicht schreiben können oder die Uhr drücken.

"Wenn ich zum Bsp. im Iran bin, muss ich mich dort an die Gesetzte und Regeln
des Landes halten, genauso wie wenn ich in den USA bin. Mache ich dies nicht
darf ich da nicht mehr hin."

Und so ist es mit der Notationspflicht. Und wer jetzt meint er muss mit einem ordentlichen
Gericht kommen, der kann es stecken lassen. Ordentlich Gerichte machen weltweit den
Sport kaputt !!

Torsten

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Re: Assistent zum Uhrendrücken

Beitrag von Georg Heinze » 01.07.2010, 21:14

thomas.soergel hatte eingangs eine Frage gestellt und darauf wollte er eine Antwort.
Der Spieler ist orthodoxer Jude und es ist gerade Shabbat. Der Spieler darf zwar ziehen, aber nicht die Uhr drücken. Wann darf da der Assistent die Uhr drücken?
Die einfache Antwort darauf ist, nachdem der Zug ausgeführt wurde.
Es geht doch gar nicht darum, die Gesetze eines Landes einzuhalten oder nicht.
Es geht schlicht und einfach um eine Ausnahmeregelung und die gilt für unterschiedliche Sachverhalte.
Wenn der Schiedsrichter meint, dass ein Assistent unzulässig ist, dann muss er sich genau überlegen, welche Begründung er dafür findet.
Ich sehe jedenfalls keinen zwingenden Grund, dem Spieler einen Assistenten zu verweigern.

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