Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

hoppepit
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Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von hoppepit » 27.01.2012, 19:54

Hallo Kollegen,
ich würde gerne Eure Meinung zu Folgendem hören:

Ein Spieler reklamiert Remis nach Art. 9.2 a) oder 9.3 a) (ist für die eigentliche Frage egal).
Er tut dies aber nicht regelkonform, sondern führt seinen Zug auf dem Brett aus, hält die Uhr an und informiert dann den SR.
Folglich wird der SR den Antrag aus formellen Gründen ablehnen und garnicht erst in die Sachprüfung eintreten.

Jetzt beinhaltet solch ein Antrag ja gleichzeitig ein Remisangebot und darum geht es in der Frage:
Gilt der Antrag durch die formelle Ablehnung als "garnicht gestellt" und ist damit auch das Remisangebot vom Tisch oder besteht es weiter?

Ich persönlich würde das Remisangebot noch als aktiv betrachten.
Analog zu der Regelung, daß ein nicht regelkonformes "normal" unterbreitetes Remisangebot während der Partie auch gültig ist und nicht zurückgezogen werden kann.
Gruß, Peter
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von JoergWeisbrod » 28.01.2012, 00:28

Meine Meinung:
Auch wenn der Antrag aus formellen Gründen abgelehnt werden muss, so wurde er doch gestellt
(sonst hätte er ja nicht abgelehnt werden können;-).
Also existiert der Antrag und gilt laut 9.1 b) (3) als Remisangebot (nicht schlechter, als ein inkorrektes Remisangebot zur Unzeit, das aber nichtsdestotrotz gültig ist).
Der Spieler hätte ja statt falsch auf Remis zu reklamieren, korrekt mit dem Zug Remis anbieten können (bevor er die Uhr drückt).
Wenn der Gegner gewillt ist, es anzunehmen, läuft es ohnehin auf Remis raus.

Also ich stimme mit hoppepit.
Jörg

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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von dfuchs » 28.01.2012, 15:51

Hallo,

auch ich stimme hoppepit's Ansicht absolut zu. Es wäre auch völlig sinnfrei einen Remisantrag zu stellen ohne das Remis zu wollen, also bleibt es dem Gegner frei, das Remisangebot anzunehmen.

Grüße Daniel

Georg Heinze
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Georg Heinze » 28.01.2012, 19:26

M.M. nach greift hier der FIDE-Art. 9.1 b) 3):
Ein Antrag auf remis gemäß Artikel 9.2, 9.3 oder 10.2 gilt als Remisangebot.
Da hier nichts von einem korrekten Antrag steht, gilt er also folglich immer als Remisangebot.

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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Daniel Hendrich » 30.01.2012, 08:45

Aus meiner Sicht ist das Remisangebot unbedingt noch gültig.
Daniel Hendrich

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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von thomas.soergel » 30.01.2012, 12:23

Ich frage nach Remisanträgen bzw. Reklamationen nach 9.2, 9.3 oder 10.2 immer den Gegenspieler, ob er mit einem Remis einverstanden ist. Bei einer Zustimmung erspart man sich den ganzen Prüfungsaufwand. Und Zustimmungen hatte ich schon einige Male.
Wobei ich im vorliegenden Fall auch der Ansicht bin, dass der formal nicht korrekt gestellte Antrag dennoch als ein Remisangebot zu werten ist.
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Chlodwig » 05.02.2012, 11:40

Verständnisfrage: Wo steht das, dass ein Antrag auf Remis beim Schiri gleichzeitig ein Remisangebot an den Gegner bedeutet? Denn irgendwie ist das schon komisch, wenn der Gegner nicht weiß, dass er ein Remisangebot bekommen hat und der Remisangebotgeber gar nicht weiß, dass er mit seinem Antrag beim Schiri gleichzeitig ein Remisangebot beim Gegner abgegeben hat.

Lernt man das so auf NSR-Lehrgängen oder steht das irgendwo niedergeschrieben in irgendeinem FIDE-Handbuch?
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von hoppepit » 05.02.2012, 11:47

Chlodwig hat geschrieben:Verständnisfrage: Wo steht das, dass ein Antrag auf Remis beim Schiri gleichzeitig ein Remisangebot an den Gegner bedeutet? Denn irgendwie ist das schon komisch, wenn der Gegner nicht weiß, dass er ein Remisangebot bekommen hat und der Remisangebotgeber gar nicht weiß, dass er mit seinem Antrag beim Schiri gleichzeitig ein Remisangebot beim Gegner abgegeben hat.

Lernt man das so auf NSR-Lehrgängen oder steht das irgendwo niedergeschrieben in irgendeinem FIDE-Handbuch?
Nicht in irgendeinem Handbuch, sondern in den FIDE-Schachregeln:
9.1. b) (3) Ein Antrag auf remis gemäß Artikel 9.2, 9.3 oder 10.2 gilt als Remisangebot.
Gruß, Peter
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Georg Heinze » 05.02.2012, 21:17

Hatte ich auch schon mal weiter oben am 28.01. geschrieben.

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Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Chlodwig » 13.02.2013, 00:17

Fallbeschreibung:

Teil I
Spieler A ist am Zug, macht aber keinen, sondern hält die Uhr an. Er reklamiert nach Art. 9.2 remis wegen dreifacher Stellungswiederholung. Auf dem Notationsblatt steht als letztes der Zug seines Gegners B. Er reklamiert ergo die durch Spieler B herbeigeführte Position als drei Mal vorgekommen.

Der Schiedsrichter überprüft die Stellung auf einem Prüfbrett und stellt fest, dass die reklamierte Stellung lediglich zum zweiten Mal entstanden, der Anspruch damit nicht berechtigt ist. Entsprechend 9.5b fügt er Spieler B drei Minuten zu dessen Bedenkzeit hinzu. Dann betätigt er die Uhr, sodass die Uhr von Spieler A läuft.

Teil II
Daraufhin schreibt Spieler A einen Zug auf, hält die Uhr wieder an und reklamiert neuerlich nach 9.2. Dieses Mal sagt er dem Schiedsrichter, dass sein aufgeschriebener Zug die Stellung zum dritten Mal herbeiführt.

Schlussfolgerung:

Wenn Spieler A die zweite Reklamation (Teil II) auf die beschrieben Weise ausführen darf, hat er das Recht, sobald er am Zuge ist, zwei unterschiedliche Stellungen nach 9.2 zu reklamieren. Wenn er sich einmal geirrt hat (siehe Teil I), kann er einfach die nächste Stellung reklamieren (siehe Teil II). Er darf also zwei Mal hintereinander dieses Remisangebot (siehe 9.1.b(3)) machen.

Frage:
Ist diese Schlussfolgerung richtig, oder muss Spieler A, einmal am Zuge, sich entscheiden, welche Stellung er reklamiert – diejenige, die mit dem Zug seines Gegners entstanden ist oder diejenige, die er mit einem aufzuschreibenden Zug herbeizuführen wünscht? Mit anderen Worten: Verliert Spieler A also nach Teil I in dieser spezifischen Situation das Recht zur Reklamation in Teil II, obwohl er noch keine Figur auf dem Brett berührt hat?
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Georg Heinze » 13.02.2013, 08:49

An sich unterscheidet sich die Aituation ja nur dadurch, dass Spieler A den zur 3-maligen Stellungswiederholung im Fall 1 nicht notiert hat, aber im Fall 2.
Im Fall 1 konnte der SR nicht auf remis durch 3-malige Stellungswiederholung entscheiden, musste den Antrag mit Recht ablehnen.
Nun erst merke Spieler A, dass er den Zug, der zur 3-fachen Szellungswiederholung führt, erst aufschreiben muss, ehe er ein korrektes remis beantragt.
Ich wüsste keinen Grund, warum es nunmehr der SR ablehnen sollte.
Es steht nirgends, wie oft man remis beantragen darf (abgesehen, es führt zur Störung des Gegners). Der formale Fehler beim ersten Antrag wurde im Nachhinein beseitigt. Das zwischendurch keine Figur bewegt wurde, ist m.M. nach kein Hinderungsgrund für einen erneuten Antrag.

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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Eckart » 13.02.2013, 10:32

Chlodwig hat geschrieben:Verliert Spieler A also nach Teil I in dieser spezifischen Situation das Recht zur Reklamation in Teil II, obwohl er noch keine Figur auf dem Brett berührt hat?
Nein, Spieler A verliert das Reklamationsrecht nicht, und zwar deshalb, weil die Regeln keinen Ansatzpunkt dafür geben, dass ihm nach Zurückweisung des ersten Antrags (9.3 b)) verwehrt sein solle, einen weiteren Antrag (diesmal nach 9.3 a)) zu stellen.
Georg Heinze hat geschrieben:An sich unterscheidet sich die Aituation ja nur dadurch, dass Spieler A den zur 3-maligen Stellungswiederholung im Fall 1 nicht notiert hat, aber im Fall 2.
Im Fall 1 konnte der SR nicht auf remis durch 3-malige Stellungswiederholung entscheiden, musste den Antrag mit Recht ablehnen.
Nun erst merke Spieler A, dass er den Zug, der zur 3-fachen Szellungswiederholung führt, erst aufschreiben muss, ehe er ein korrektes remis beantragt.
Ich wüsste keinen Grund, warum es nunmehr der SR ablehnen sollte.
Es steht nirgends, wie oft man remis beantragen darf (abgesehen, es führt zur Störung des Gegners). Der formale Fehler beim ersten Antrag wurde im Nachhinein beseitigt. Das zwischendurch keine Figur bewegt wurde, ist m.M. nach kein Hinderungsgrund für einen erneuten Antrag.
Ich bin mir nicht sicher, ob du verstanden hast, worum es geht. A hat beim ersten Antrag keinen formalen Fehler begangen, sein Antrag war materiell-rechtlich unbegründet, da die dem Remisantrag zugrundeliegende Stellung (und das war die Stellung vor seinem nächsten Zug) erst zweimal auf dem Brett war. Der zweite Antrag bezieht sich dagegen auf eine andere Stellung, nämlich die, die nach seinem nächsten Zug entstehen würde. Von der "Beseitigung" eines "formalen Fehlers" kann keine Rede sein.

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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Chlodwig » 13.02.2013, 11:41

Nur zur Klarstellung sei noch einmal darauf verwiesen, dass die beiden Teile I + II nicht unterschiedliche Fälle sind, sondern es geht um einen Handlungsablauf derselben Spieler in derselben Partie.

Die Sache ist vielleicht nicht so einfach, wie man zunächst glaubt. Als Hinweis möchte ich noch den Art. 9.5 b erwähnen, der in diesen Zusammenhang gehört. Denn was heißt dort der Satz/Formulierung: "Dann wird die Partie fortgesetzt." Was ist mit "fortgesetzt" genau gemeint? Diese Frage möchte ich nur als Hinweis mitgeben, wenn man die beschriebene Sachlage beurteilt und einschätzen will, ob das in Teil II beschriebene Verhalten von Spieler A als korrekt anerkannt werden soll oder nicht und damit in der Konsequenz gleichzeitig die Frage beantwortet, ob das Reklamationsrecht auf Remis in dieser spezifischen Situation verloren geht oder nicht.
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von hoppepit » 13.02.2013, 12:31

Meiner Meinung nach hat Spieler A in Teil II ein erneutes Reklamationsrecht.
Es ist zwar noch die gleiche Stellung auf dem Brett, aber die Partie ist durch die Notation des Zuges auf dem Formular einen Zug weiter.
Er darf den Zug auf dem Brett nur nicht ausführen, da er dann das Reklamationrecht verliert.
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Re: Remisreklamation 9.2 oder 9.3 und Remisangebot

Beitrag von Chlodwig » 13.02.2013, 13:51

hoppepit hat geschrieben:Es ist zwar noch die gleiche Stellung auf dem Brett, aber die Partie ist durch die Notation des Zuges auf dem Formular einen Zug weiter.
Ist das wirklich so glasklar sicher? Überzeugend finde ich diese kurze Erklärung nicht. Außerdem: Was ist mit meinem ergänzenden Hinweis? Wenn zugelassen wird, dass ein Spieler verschiedene Stellungen nach 9.2 auf einmal Remis reklamieren kann, was bedeutet in diesem Zusammenhang die von mir genannte Stelle in 9.5 b, in der es heißt: "Dann wird die Partie fortgesetzt."? Reicht das alleinige Aufschreiben eines Zuges als Fortsetzung der Partie wirklich aus, oder ist das dem Interpretationsspielraum des tätigen Schiris anheim gestellt? Immerhin hat das Zugrecht nicht gewechselt und trotzdem soll es sich um eine Fortsetzung der Partie handeln?
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