Spielabbruch oder Spielausfall?

uwebade
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Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von uwebade » 28.03.2017, 20:40

Unmittelbar vor Spielbeginn eines Wettkampfes der Mannschaftsmeisterschaft stürmte eine Dame in den Veranstaltungssaal des Gemeinschaftshauses, in dem der Gastgeber gewöhnlich seine Heimspiele austrägt. Heftig einen Stapel Papiere schwenkend gelang es ihr glaubhaft nachzuweisen, mit dem Rechtsträger einen Nutzungsvertrag für diesen Saal und zu dieser Zeit abgeschlossen zu haben. Ohne die Belange dieser Veranstaltung zu berücksichtigen verlegte die Heimmannschaft den Wettkampf in das an den Saal angrenzende kleine Vereinszimmer und der Wettkampf begann mit halbstündiger Verspätung. Nach Ablauf der Karenzzeit wurde auf dem Spielbericht der kampflose Gewinn am zweiten Brett für den Gastgeber eingetragen. Nach einer guten Stunde Spielzeit begann im Saal eine Band mit der Probe für ihre Veranstaltung. Da die Lärmentwicklung sehr stark war, beschlossen die Mannschaftsleiter den Wettkampf abzubrechen. Auf dem Spielbericht wurde der Abbruch mit den eingetretenen unzumutbaren Spielbedingungen begründet. Der Mannschaftsleiter der Heimmannschaft trug bei den sieben abgebrochenen Partien das Ergebnis -:+ ein. Der Mannschaftsleiter der Gastmannschaft vermerkte auf dem Spielberichtsbogen, dass die sieben abgebrochenen Partien gespielt wurden und forderte für diese eine Wertung von 0:1. Sodann wurde der Spielbericht von den Verantwortlichen unterschrieben.

Wie würden Sie als Turnierleiter entscheiden?

GiantPanda
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von GiantPanda » 28.03.2017, 20:53

Könnte sein, daß in der lokalen Turnierordnung dazu etwas steht.

Hier (NRW) würde ich sagen 0-1 ohne DWZ-Auswertung. Die Partien wurden gespielt,
aber nicht am Brett beendet (Wertungsordnung 3.2.5).
In unserem Ergebnisportal könnte man das tatsächlich eingeben.


Grüße
Ingrid

hoppepit
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von hoppepit » 28.03.2017, 20:55

uwebade hat geschrieben:Wie würden Sie als Turnierleiter entscheiden?
Mal ganz salopp formuliert:
Egal wie der TL entscheidet, es wird bestimmt einen Protest der Gegenseite geben!

Meiner Meinung nach gehen Unzulänglichkeiten was die Spielbedinungen betrifft zu Lasten der Heimmannschaft.
Da die Partien normal begonnen haben, halte ich die Wertung 0-1 statt -:+ für vertretbar (ähnlich dem Handyklingeln).
Gruß, Peter
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Eckart
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von Eckart » 28.03.2017, 22:29

hoppepit hat geschrieben:Meiner Meinung nach gehen Unzulänglichkeiten was die Spielbedinungen betrifft zu Lasten der Heimmannschaft.
Das sehen offenbar beide Mannschaftsleiter genauso, ansonsten hätte der Leiter der Heimmannschaft sich nicht in die 1:7-Niederlage ergeben.
hoppepit hat geschrieben:Da die Partien normal begonnen haben, halte ich die Wertung 0-1 statt -:+ für vertretbar (ähnlich dem Handyklingeln).
Es ist an sieben Brettern tatsächlich gespielt worden, so dass nach der Anwendung der FIDE-Regeln für die Ergebnisveröffentlichung durch den Turnierleiter "0:1" richtig erscheint.

Ob hinsichtlich der DWZ-Auswertung die Partien als nicht gespielt gelten sollen oder können, entzieht sich meiner Kenntnis.
GiantPanda hat geschrieben:Hier (NRW) würde ich sagen 0-1 ohne DWZ-Auswertung. Die Partien wurden gespielt, aber nicht am Brett beendet (Wertungsordnung 3.2.5).
Ist das so in der Wertungsordnung geregelt? Was ist mit einer durch Handyklingeln beendeten Partie? Wird die auch nicht DWZ-ausgewertet?

dfuchs
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von dfuchs » 29.03.2017, 07:49

Ich sehe das ähnlich wie hoppepit.
Aus meiner Sicht ist nicht ersichtlich, warum die Partien nicht gewertet werden sollen.

Grüße Daniel

GiantPanda
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von GiantPanda » 29.03.2017, 12:34

Wirklich sicher bin ich da nicht.

DSB-Wertungsordnung 3.2.5 - Ergebnisberücksichtigung
Es sind sämtliche Ergebnisse (auch zurückgetretener Spieler) unter deutlicher Kennzeichnung kampfloser Entscheidungen anzugeben. Nur am Brett erzielte Partieergebnisse dürfen ausgewertet werden, also keine kampflos entstandenen Resultate. Nachträglich von einer Rechtsinstanz zugesprochene Ergebnisse bleiben dann unberücksichtigt und die ursprünglich erspielten Resultate bleiben bestehen, wenn die Partien ordnungsgemäß am Brett beendet wurden. Wurde eine Partie regelwidrig abgebrochen oder nach ordnungsgemäßem Abbruch nicht oder falsch fortgesetzt, so gelten die nach der jeweiligen Turnierordnung dafür in Anwendung gebrachten Resultate bzw. die einer Schiedsinstanz innerhalb des DSB. Sollte in einem zivilrechtlichen Verfahren die Korrektur eines Spielergebnisses erfolgen, findet gleichwohl eine Wertungskorrektur wegen des unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwandes nicht statt.

Meiner Meinung nach ist ein Abbruch wegen unzumutbarem Spiellokal kein "am Brett erzieltes Partieergebnis" und sollte deshalb nicht DWZ-ausgewertet werden.
Aber am Ende muß das sowieso der DWZ-Beauftragte entscheiden.

Viele Grüße
Ingrid

Eckart
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von Eckart » 29.03.2017, 13:57

GiantPanda hat geschrieben:DSB-Wertungsordnung 3.2.5 - Ergebnisberücksichtigung
Es sind sämtliche Ergebnisse (auch zurückgetretener Spieler) unter deutlicher Kennzeichnung kampfloser Entscheidungen anzugeben. Nur am Brett erzielte Partieergebnisse dürfen ausgewertet werden, also keine kampflos entstandenen Resultate. Nachträglich von einer Rechtsinstanz zugesprochene Ergebnisse bleiben dann unberücksichtigt und die ursprünglich erspielten Resultate bleiben bestehen, wenn die Partien ordnungsgemäß am Brett beendet wurden. Wurde eine Partie regelwidrig abgebrochen oder nach ordnungsgemäßem Abbruch nicht oder falsch fortgesetzt, so gelten die nach der jeweiligen Turnierordnung dafür in Anwendung gebrachten Resultate bzw. die einer Schiedsinstanz innerhalb des DSB. Sollte in einem zivilrechtlichen Verfahren die Korrektur eines Spielergebnisses erfolgen, findet gleichwohl eine Wertungskorrektur wegen des unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwandes nicht statt.
"Am Brett erzielt" ist der Gegenbegriff zu "kampflos entstanden" - tertium non datur.

Und da die Ergebnisse jedenfalls nicht "kampflos entstanden" sind, haben sie als "am Brett erzielt" zu gelten und sind daher der DWZ-Auswertung zuzuführen.

VerenaMeier
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von VerenaMeier » 31.03.2017, 01:37

Die Ergebnisse wurden nicht am Brett erzielt, also sind die Resultate kampflos entstanden. Somit dürfen sie nach 3.2.5 nicht ausgewertet werden.

Wer dies anders sieht, dem spukt zu sehr die Vorstellung im Kopf herum (weil es eben der absolute Normalfall ist), kampflos sei gleichbedeutend mit Null_Züge_mindestens_einer_Partei.
Was doch aber nicht der Punkt ist, weil es eben nicht der Punkt ist, ob da vielleicht ein paar Züge 'gekämpft' wurde, sondern ob die RESULTATE erkämpft wurden ... was unmittelbar einsichtig nicht der Fall war.
Eckart hat geschrieben:"Am Brett erzielt" ist der Gegenbegriff zu "Resultat kampflos entstanden" - tertium non datur.
Nur mit meiner (farblich hervorgehobenen) Ergänzung kann man das so stehen lassen. :wink:

dfuchs
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von dfuchs » 31.03.2017, 09:35

Die Partien wurden eben nicht kampflos beendet.
Sie wurden nicht ausgekämpft, aber kampflos war es auch nicht.
Die Partie war wenig ausgekämpft.

Da aber der Grad des Auskämpfens gerade nicht relevant ist muss die Partie ausgewertet werden.

Grüße Daniel

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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von VerenaMeier » 31.03.2017, 13:14

dfuchs hat geschrieben:Die Partien wurden eben nicht kampflos beendet.
Sie wurden nicht ausgekämpft, aber kampflos war es auch nicht.
Die Partie war wenig ausgekämpft.

Da aber der Grad des Auskämpfens gerade nicht relevant ist muss die Partie ausgewertet werden.

Grüße Daniel
Ich will mich um Deine Formulierungen (kampflose Partie, nicht ausgekämpft, nicht kampflos, wenig ausgekämpft, Grad des Auskämpfens) gar nicht streiten. Zielführender (weil entscheidend) ist es immer, man hält sich an die vorgegebenen Formulierungen der anzuwendenden Artikel.

Nimm die Formulierung des 3.5.2:
Nur am Brett erzielte Partieergebnisse dürfen ausgewertet werden, also keine kampflos entstandenen Resultate.

Und wenn Du mir jetzt erzählen willst, diese Resultate seien nicht am grünen Tisch, sondern durch (womöglich harten :D ) Kampf der Spieler entstanden ... dann sage ich nichts mehr.

(Außer vielleicht noch: Wenn es nicht schon klar aus der Wertungsordnung hervorginge, wäre das höchstens ein Grund, diese nachzubessern. Denn was wäre das für eine Wertungsordnung, welche einen Spieler, der für den Abbruch seiner Partie keinerlei individuelle Verantwortung trägt, in seiner Spielstärke herabstuft ... und dann auch noch mit der albernen Begründung, dafür habe er ja schließlich immerhin ein paar Züge lang gekämpft.)

dfuchs
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von dfuchs » 31.03.2017, 14:48

Als DWZ Wertungsreferent bekommst du eh nur die gemeldeten Ergebnisse durchgetickert.
Und wenn ich als Schiedsrichter da eine 0:1 rein hacke, dann wird der DWZ-Referent das auch auswerten.
Wenn der Schiedsrichter ein -:+ einträgt, dann wird der Referent es nicht auswerten.

It's as simple as that.

Und das was in den Spielbericht eingetragen wird ist das am Brett erzielte Ergebnis.

Da kommt eben gerade nicht ein 1:7 bei nur einem gemeldeten Ergebnis rein, sondern eben acht Ergebnisse.
Brett 2 ist +:- und die anderen sind eben 0:1 oder -:+. Das was halt eingetragen und von beiden Mannschaftsführern unterschrieben wird.

Sofern die TO beide Ergebnisse zulässt gibt es dagegen wenig zu sagen.
Wenn die TO diesen Fall abdeckt, dann muss das Ergebnis natürlich der TO entsprechen.
In unserer TO und auch der DSB-TO ist der Fall nicht geregelt. Daher wird hier genau das ausgewertet, was die Mannschaftsführer/Schiedrichter melden.
Es sei denn ein Schieds- oder Turniergericht entscheidet anders.

Grüße Daniel

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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von VerenaMeier » 31.03.2017, 16:16

Dann ist ja alles gut (gem. Ausgangsposting steht auf dem von beiden Mannschaftsführern unterschriebenen Spielbericht bei den sieben abgebrochenen Partien jeweils ein -:+) ...
... auch wenn das alles nicht die eigentliche Frage war. :wink:

hoppepit
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von hoppepit » 31.03.2017, 17:10

VerenaMeier hat geschrieben:Nimm die Formulierung des 3.5.2:
Nur am Brett erzielte Partieergebnisse dürfen ausgewertet werden, also keine kampflos entstandenen Resultate.
Dann dürfte eine durch Handyklingeln beendete Partie auch nicht ausgewertet werden?!
Gruß, Peter
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von VerenaMeier » 31.03.2017, 18:04

hoppepit hat geschrieben:
VerenaMeier hat geschrieben:Nimm die Formulierung des 3.5.2:
Nur am Brett erzielte Partieergebnisse dürfen ausgewertet werden, also keine kampflos entstandenen Resultate.
Dann dürfte eine durch Handyklingeln beendete Partie auch nicht ausgewertet werden?!
Das eine hat mit dem anderen recht wenig zu tun. Für das 'Handyklingeln' ist der Spieler persönlich verantwortlich (sozusagen am Brett), für einen Abbruch wg. unzumutbaren Spielbedingungen nicht.

Verlust (und Gewinn) wg. 'Handyklingeln' wird immer ausgewertet, wg. Rägel (FR).
Dahinter steckt die einfache Überlegung, dass ein Spieler ansonsten, sobald sein Verlust absehbar ist, dessen Auswertung 'wegklingeln' könnte.
Er bekommt sogar auch dann eine auszuwertende Null verpasst (und der Gegner einen auszuwertenden Punkt), wenn der Gegner (nach den einschlägigen Artikeln der FR) nicht mehr hätte gewinnen können (die Begründung dafür führt in diesem Zusammenhang zu weit).

Eckart
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Re: Spielabbruch oder Spielausfall?

Beitrag von Eckart » 31.03.2017, 21:52

VerenaMeier hat geschrieben:Das eine hat mit dem anderen recht wenig zu tun. Für das 'Handyklingeln' ist der Spieler persönlich verantwortlich (sozusagen am Brett), für einen Abbruch wg. unzumutbaren Spielbedingungen nicht.

Verlust (und Gewinn) wg. 'Handyklingeln' wird immer ausgewertet, wg. Rägel (FR).
Dahinter steckt die einfache Überlegung, dass ein Spieler ansonsten, sobald sein Verlust absehbar ist, dessen Auswertung 'wegklingeln' könnte.
Wer als Teil einer Mannschaft am Spielbetrieb teilnimmt, muss Sanktionen, die die Mannschaft treffen, auch persönlich hinnehmen. Es geht hier ja nicht um strafrechtliche Verantwortung.

Andernfalls könnten die Spieler, sobald sie an allen Brettern auf Verlust stehen, die DWZ-Auswertung verhindern, indem sie eine Band bestellen, die im Nachbarraum unerträglichen Lärm verursacht und für einen Spielabbruch sorgt (nur mal, um Verenas kurioses Argument mit dem 'Wegklingeln' analog anzuwenden).

Verena Meier bringt Argumente, für die die Wertungsordnung keinen Ansatzpunkt liefert.

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